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Undercover

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Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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weißt du? Ich will nicht, dass du ausziehen musst, weißt du?«
    »Wie viel Uhr war es, als sie auftauchte? Und wo warst du da? In deiner Wohnung?«, versucht es Win erneut.
    »Ich kam gerade vom Abendessen zurück, wurde abgesetzt, deshalb würde ich sagen, es war ungefähr neun Uhr, und du weißt ja, dass ich immer von hinten reingehe, und als ich die Treppe hochgehe, ist sie auf einmal da, wie ein Geist im Film. Als ob sie gewartet hätte. Ich hab sie noch nie gesehen, hatte keine Ahnung. Sie sagt zu mir: >Wo ist der Cop?< Dann sagt sie >Geronimo<.«
    »Das hat sie gesagt?« Nur wenige Menschen kennen Wins Spitznamen. Eigentlich nur Kollegen.
    »Ich schwöre«, sagt Farouk.
    »Beschreib sie!«
    »War schwer zu sehen, weißt du. Ich muss Lampen besorgen. Kappe, weite Hose, weites T-Shirt. Dünn.«
    »Wieso glaubst du, sie gehört zu einer Gang? Abgesehen davon, dass ich dir gesagt habe, was >Schnalle< bedeutet.«
    »Wie sie geredet hat. Als ob sie schwarz wäre, obwohl sie weiß ist. Gossensprache, hat viele schlimme Wörter gesagt.« Er wiederholt einige. »Und als ich sage, ich kenne keinen Polizisten, der Geronimo heißt, weil ich dich immer schütze, hat sie mich angemacht und gesagt, sie weiß genau, dass du hier wohnst, und hat mir das hier gegeben.« Farouk holt einen Umschlag aus der Jackentasche.
    »Wie oft hab ich dir schon gesagt, dass du nichts anfassen sollst, was verdächtig ist?«, sagt Win. »Deshalb musste ich dir vor ein paar Jahren extra die Fingerabdrücke abnehmen. Weißt du das noch? Weil du was angefasst hattest, was so ein Spinner für mich abgegeben hatte.«
    »Ich bin nicht so ein Sissy wie im Fernsehen.«
    Farouk ist aufgeschmissen bei Abkürzungen; er meint, CSI würde »Sissy« ausgesprochen. DANN hält er für D&A und meint, es sei ein Test auf Drogen und Alkohol.
    »Man kann Fingerabdrücke und andere Spuren auf Papier sichern«, erinnert Win ihn, obwohl er weiß, dass es nichts nützt. Farouk vergisst es sofort wieder, es interessiert ihn nicht.
    Es ist sicherlich nicht das erste Mal, dass jemand unverlangt Nachrichten im Haus abgibt oder einfach uneingeladen auftaucht. Dass Win hier schon so lange wohnt, hat den Nachteil, dass es unmöglich ist, seine Adresse geheim zu halten. Doch normalerweise stellen die unerwarteten Besucher keine Bedrohung dar. Eine Frau, die er irgendwo kennengelernt hat. Hin und wieder jemand, der von einem Fall gelesen, etwas gesehen hat oder etwas weiß und so lange herumfragt, bis er oder sie Wins Adresse herausbekommt. Schon öfter mal Personen mit Verfolgungswahn, die Polizeischutz wollen. Natürlich werden Nachrichten für ihn hinterlassen, sogar angebliche Beweismittel, aber so aufgeregt hat Win Farouk noch nie gesehen.
    Win nimmt den Umschlag, hält ihn mit den Fingerspitzen an zwei Ecken fest, geht zu Nanas Wagen und schafft es, alle sichergestellten Beweismittel herauszuholen, ohne dabei etwas fallen zu lassen. Farouk sieht ihm rauchend zu.
    »Wenn du sie noch mal siehst, ruf mich sofort an«, sagt Win zu ihm. »Wenn ich von irgendeinem Spinner gesucht werde, dann geh nicht Zigaretten schnorren und sitz hier nicht stundenlang im Dunkeln herum und warte auf mich.«
    »Ich will keine Gangs hier. Kann Drogen und Schießereien bei mir nicht gebrauchen!«, ruft Farouk Win nach.
    Das Haus hat keinen Fahrstuhl, so etwas Modernes gab es damals nicht, als die Schule gebaut wurde. Win trägt den Topf und die Aluminiumschalen drei Treppen hoch zu seiner Wohnung - zwei ehemalige Klassenräume, die bei der Renovierung miteinander verbunden wurden. Hinzugefügt wurden eine Küche, ein Bad und eine Klimaanlage im Fenster. Da Win schon in der Bauphase hier wohnte, alles überwachte und ein Auge auf das Haus hatte, konnte er bei vielen Fragen des Innenausbaus ein Wörtchen mitreden, zum Beispiel wurden die Tannenbohlen auf dem Boden belassen, ebenso blieben die Vertäfelung, die gewölbte Decke, sogar die Tafeln erhalten, auf denen er seine Einkaufslisten, Telefonnummern, Termine und andere dringende Erledigungen notiert. Win setzt die Beweisstücke auf dem Tisch ab, schlägt die schwere Eichentür zu, verschließt sie, legt den Riegel vor und schaut sich wie immer um, vergewissert sich, dass nichts fehlt. Seine Laune ist im Keller.
    Nach diesem Tag mit Lamont und Stump fühlt er sich noch schlechter als sonst, deprimierend bewusst werden ihm der Perserteppich, der Tisch von Thomas Moser, das Ledersofa und die nicht zueinander passenden Stühle sowie die Regale mit

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