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Undercover

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Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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Ironie mit
    »Ressourcen liquidieren« -, betrat ich die Halle. Bis auf die obligatorischen Penner auf den Sitzen und die Geschäftsleute, die selbst müde immer noch wie aus dem Ei gepellt zu sein schienen, gab es nur wenige Reisende.
    Manche gingen auf die oberen Ebenen, vermutlich, um sich ein Antigravtaxi zu nehmen. Ein verwaister Stand der PLU kündigte für morgen eine Notfall-Vollversammlung an und rief für Verständnis im Streik der Arbeiter in Schwerindustrie und Personennahverkehr auf.
    Ich trat auf die Straße und wartete auf den ATV-Bus, der mich in den zweiten Südring zum Hotel Hyperion zwischen den beiden Brücken brachte, die auf dieser Seite der Stadt ins östliche Drittel und ins Zentrum führten.
    Trotz des reinigenden Regens roch die Luft noch bitter und metallisch, kein Wunder, bei der Schwerindustrie im Tal.
    Das Hyperion hatte seinen klangvollen Namen wahrhaftig nicht verdient. Der Teppich wies braune Stellen auf, die Tapeten gelbe Wasserränder. Auf dem »fungiziden« Lack hatten Schimmel-Kolonien ihre Flecken hinterlassen.
    Aber diese Absteige besaß den unschlagbaren Vorteil, dass man mit einem neutralen C-Stick per Automat Zimmer buchen und bezahlen konnte. Das garantierte mir wenigstens ein bisschen Anonymität und schützte mich vor dummen Fragen.
    Leider wies mir die Maschine einen Raum im siebten Stock zu. Das Zimmer hielt, was die Lobby versprochen hatte. Es handelte sich um zwölf Quadratmeter mit Bett, Tisch und Sessel, Garderobe und schmieriger Herdplatte.
    Öffnete man die Fenster, waberten die Gerüche einer nahen Schnellküche und der Lärm der Straße herein. Ich schloss es schnell wieder und drückte auf einen Knopf an der Wand - nur um festzustellen, dass die Klimaanlage nicht funktionierte.
    Ich ließ mein Gepäck auf den Boden fallen und überprüfte meine Multibox, denn mein innerer Wecker schrillte bereits. Die automatisch umgestellte Zeitangabe sagte 24:37 Uhr. Ich erschrak - das Treffen mit Jabbert sollte um 00:00 Uhr im Luxemburg-Haus stattfinden. Dann erinnerte ich mich, dass die Tage auf Pherostine fünfundzwanzig Stunden hatten.
    Ich jagte mein Zeitgefühl endgültig zur Hölle, nahm die Keycard und verließ mein neues Heim wieder, denn trotz der gewonnenen Stunde würde ich mich bereits verspäten. Zu dumm - dann musste mein neuer Partner eben warten.
    Die Magnetschwebebahn, die die Stadt durchzog und mit den Erzabbaugebieten in den Bergen verband, fuhr eigentlich rund um die Uhr, wurde aber im Gegensatz zu dem Shuttlebus momentan gerade von den Mitarbeitern im Rahmen des Arbeitskampfs mit United bestreikt. Trotzdem waren die Straßen prallgefüllt mit Menschen auf der Suche nach Action. Ich nahm mir ein automatisiertes Antigravtaxi, wechselte es aus purer Gewohnheit zweimal und gab beim letzten schließlich die endgültige Adresse ein: Microsoft Avenue 21, 3. Westring. Den restlichen Weg wollte ich zu Fuß gehen, quasi Notech. Hightech ist zu gut nachzuverfolgen, und die Routen der Taxis wurden mit ziemlicher Sicherheit alle aufgezeichnet.
    Was sich protzig Avenue nannte, erwies sich als in jede Richtung achtspurige Stadtautobahn, die den Westring vom Südring trennte. Ich bog in eine Straße nach Norden ein und umrundete ein paar Blocks, bevor ich in der Ferne die gesuchte Leuchtreklame ausmachte: das Luxemburg-Haus. Trotz der rosa Lichter an der Fassade handelte es sich, soweit ich sehen konnte, nicht um ein Bordell, sondern um eine Kneipe. Die schlichte Betonfassade mit den kleinen Fenstern hob sich außer durch die Leuchtreklame durch nichts von den anderen Gebäuden der Straße ab.
    Alles, was ich vom Luxemburg-Haus bislang gehört hatte, bestätigte, dass es die richtige Wahl für ein Treffen mit Jabbert war. Es war groß, besaß mehrere Themen-Räume und war allabendlich zum Brechen gefüllt. Nirgendwo könnte man so gut in der Menge verschwinden wie dort. Wir waren hier im Irish Pub verabredet, vermutlich dem lautesten und aggressivsten Teil der Kneipe.
    Als ich die Tür zum Luxemburg-Haus aufschob, empfingen mich der Geruch von Synthhopfen und die dröhnende Geräuschkulisse eines mit Dutzenden von Menschen angefüllten Raums. Die Biermägde hinter der Theke - anders konnte man die drallen Mädels mit Zöpfen und Dirndln nicht nennen - wuchteten teilweise fünfzehn schaumbedeckte Maß. Die Empfangstheke war im bayrisch-nostalgischen Stil gehalten.
    Ich zögerte kurz, um mich an einem leuchtenden Übersichtsplan an der Türzarge zu orientieren. Zwar

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