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Undercover

Undercover

Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
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hinter einer Ecke und beobachteten. In meinem Kücken fühlte ich eine Wand aus Gussbeton, die bereits so porös war, dass von einer ebenen Fläche nicht mehr zu sprechen war. Der Frühling ließ die Abende schon länger werden, es begann gerade zu dunkeln. Wir waren früh dran - es war 19:15 Uhr.
    Die nach und nach eintrudelnden Leute hatten allesamt eines gemein: Sie sahen nicht danach aus, als würden sie mit dem Gouverneur von Pherostine am Frühstückstisch sitzen. Männer und Frauen in Parkas und Jeans mit stabilen Schnürstiefeln gingen da, die Fäuste in die Taschen gerammt, die Köpfe tief in die Kapuzen gezogen.
    Offenbar gehörte es in Carabine nicht zum guten Ton, bei einem Treffen der Gewerkschaft gesehen zu werden.
    Während ich also der Basis dabei zusah, wie sie in Grüppchen zögerlich in die Halle strömte, wanderten meine Gedanken wieder zu meinem Auftrag. Wenn die verärgerte Masse dahinterkam, dass ich im Stollen Adam den Knopf gedrückt hatte, dann würden meine Überreste nicht mal mehr durch einen Fleischwolf gehen.
    Vor mehreren Tausend Zuschauern wollte ich den Schuss nicht ansetzen, aber vielleicht ließ sich Gross zum Schluss isolieren. In jedem Fall war es gut, wenn wir so lange so unauffällig blieben wie möglich. Das bedeutete wieder Undercover. Ich hasste diesen Teil des Jobs. Kurz war ich versucht, einfach hier draußen zu warten, bis die Versammlung zu Ende war, um Cross auf dem Heimweg zu töten. Das war riskant - Carabine war groß, und er hatte jeglichen Heimvorteil auf seiner Seite. Ich besaß zwar einen Peilsender, den ich ihm im Notfall unterschieben konnte, um ihn nicht zu verlieren. Doch dafür musste ich ihm schon sehr nahe kommen.
    Jabbert lud neben mir seine Waffe durch, eine neumodische UI Pacifier3000. In seinem Gesicht erkannte ich weder Furcht noch Besorgnis und auch sonst keine Regung. Ich ahnte, warum der Mann »die Maschine« genannt wurde.
    Wir reihten uns also in die Menge ein und schoben uns geduldig mit voran. Neben den Gewerkschaftlern der PLU, die Broschüren verteilten, standen hier auch echte, professionelle Leibwächter im Anzug mit Super-Sights und allem möglichen technischen Schnickschnack. Vermutlich gehörten die zum Gewerkschaftsvorsitzenden Müller.
    Man scannte sich offenbar mit den Identity Cards ein und erhielt dann Wahlchips mit je einem roten und einem grünen Punkt darauf. »Grün für Ja und Rot für Nein«, sagte eine Frau dazu in gelangweiltem Ton. So weit, so einfach.
    Als ich mich registrierte, gab das Gerät keine Beanstandung von sich. Das machte mich misstrauisch. Unsere Identitäten hatten auch der Überprüfung durch die UI-Sec standgehalten. Wenn Jabbert die hatte täuschen können, besaß er offenbar Zugang zu hochsensiblen Daten von United. Wer war der Mann? Und wie kam es, dass auch er nur so wenig über Cross hatte herausfinden können?
    »Und jetzt?«, fragte Jabbert, als wir vom Tisch weggingen. »Du musst an Cross heran.«
    »Vielleicht behaupte ich, etwas über den Vorfall in der Mine zu wissen?«
    Neben mir schnaubte Jabbert abfällig. »Typisch Frau. Kennt ihre eigenen Waffen nicht.« Er griff mir an den Ausschnitt, riss mein Shirt ein Stück weit ein, damit der Einblick in mein Dekollete größer wurde.
    »Und das soll etwas bringen?«
    »Hast du in der letzten Zeit mal in den Spiegel geschaut? Ein bisschen mit den Wimpern klimpern, große Augen machen - der Rest geht von alleine.«
    Ich warf ihm einen zweifelnden Blick zu. Diese Mädchensache - Männer um den kleinen Finger wickeln - ist mir noch nie leichtgefallen. Der Gardeur im Stollen hatte da die rühmliche Ausnahme gebildet. Aber ich beließ den Ausschnitt so, wie Jabbert ihn gelassen hatte. Möglicherweise würde es funktionieren. Jetzt musste ich nur noch an Cross herankommen und ihn weichkochen. Alles kein Problem für jemanden mit ausreichend schauspielerischem Talent. Lachen Sie nicht, das war ironisch gemeint.
    Die Menge der Gewerkschaftler sammelte sich locker um ein Podium.
    »Ein Königreich für eine Mikrosprengladung unter dem Sprecherpult«, seufzte ich.
    »Geht nicht. Anweisung vom Chef.«
    »Ich weiß. Aber man darf ja wohl träumen, oder?«
    Er hob eine Augenbraue. »Ich will nicht wissen, wovon du sonst nachts träumst«, beschloss er dann.
    »Nein«, sagte ich, wieder ernst. »Das willst du nicht.«
    Dann ging ich mit Jabbert in die riesige Halle hinein, in Richtung der Menschenmenge.
    28. März 3042 [Erdzeit] Ort: Carabine
    Die Halle der alten

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