Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Undercover

Undercover

Titel: Undercover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Falkenhagen
Vom Netzwerk:
dass es bereits 10:08 war. Ich rief einen Plan der Station auf und stellte erfreut fest, dass der Weg zum Sektor VIII, wo laut C das Shuttle lag, von Geronimos Quartier tiefer im II. gar nicht weit war. Aber wenn dieser Geronimo die Bombe fand und auch noch herausholen wollte, dann würde das Zeit in Anspruch nehmen - Zeit, die Jabbert Gelegenheit gab, uns aufzuspüren. Und da unsere Gesichter nun überall über die Leinwände flackerten, würde der Weg durch die Station ein bisschen spannender werden, als ich gehofft hatte.
    Immerhin sah auch die TTMS-Sicherheit Nachrichten - das nahm ich zumindest an. So eilten wir durch die braunen Gänge. Inzwischen hatte der Tag auch für die Langschläfer angefangen. Ich versuchte, meine Schritte noch länger zu machen, um besser mit Cross mithalten zu können.
    Die Masse der Menschen, denen wir begegneten, wurde immer dichter, und wir ernteten ein, zwei merkwürdige Blicke, denn immerhin sahen wir doch immer noch ziemlich ramponiert aus. Wir senkten die Köpfe, damit man uns nicht identifizieren konnte. Die Mützen würden gegen Sicherheitskameras von TTMS und zufällige Passanten helfen, nicht aber gegen Sicherheitsleute oder Suchdrohnen.
    Langsam näherten wir uns wieder der äußeren Peripherie. Ganz wie in Carabine lagen die guten Wohn- und Verkaufsbereiche nahe dem Zentrum, die schlechten weiter außerhalb. Unser Ziel lag definitiv »weiter außerhalb«.
    Ich machte mich auf das Schlimmste gefasst.
    Als wir in der Gegend ankamen, in der in jeder Großstadt, die sich etwas auf ihren Slum einbildete, die Mülltonnen gebrannt hätten, fanden wir Wohnbereiche vor, die aus Hartplastik zusammengeschweißt zu sein schienen. Auf manchen erkannte man sogar noch die Logos der gigantischen Maschinen, aus deren Verschalungen die Wände konstruiert waren.
    Dann fiel mein Blick auf ein Element, das diesen Slum von allen anderen unterschied. Offenbar waren hier die Neonröhren mit… Häkeldeckchen geschmückt. Ja, schauen Sie mich nicht so an - Häkeldeckchen. Selbst gemacht, nehme ich an.
    Ich sah mich weiter um. Wo ich Punkrocker mit Schlagringen und mieser Zahnhygiene erwartet hatte, fand ich Kinder. Mütter. Familien. Auf einer Kreuzung war eine Stange mit Schaukel angebracht, auf der ein Mädchen im roten Tupfenkleid saß. Es holte gerade Schwung und lachte dabei. Die Mutter oder Kindergärtnerin daneben wies sie an zu bremsen und die Schaukel beiseite zu halten, damit wir darunter durchgehen konnten.
    Als Cross neben mir scharf die Luft einsog und fast in die Knie ging, versuchte ich ihn zu stützen, ohne dass es weiter auffiel.
    »Alles okay?«, fragte ich und half ihm, sich mit dem Kücken an die Wand zu lehnen, damit er nicht umfiel. »Ist die Wunde aufgerissen?«
    Kr nickte bloß, sein Gesicht eine Maske des Schmerzes. Ich ließ ihm ein paar Augenblicke, um sich wieder zu fassen. »Habe vergessen, wie weh es tut«, stieß er hervor.
    »Hol ein bisschen Luft.« Ich begutachtete seine Seite, doch keiner der Verbände zeigte Anzeichen von Blut.
    Kr nickte wieder. »Geht schon.« Dabei wich er meinem Klick aus und stieß sich von der Wand ab. »Komm.
    Ma’am.« Er fasste sich an die Schiebermütze, um sich bei der Frau dafür zu bedanken, dass sie uns durchließ. Sie hatte violettes Haar.
    Ich erstarrte, denn ich sah Erica vor mir. Cross’ Frau.
    Auf den zweiten Blick erkannte ich, dass die Mutter, die hier ihre Kinder beaufsichtigte, Erica bloß ähnlich sah. Sie hatte ebenfalls ein längliches Gesicht, die Haare besaßen beinahe denselben Violettton, und auch das Kleid, das unter der Brust geschnürt war, glich dem aus meiner Erinnerung. Ihr schwangerer Bauch ragte darunter hervor. Ich muss die Frau wohl angeglotzt haben, denn sie schlug die Augen nieder. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Verdammt. Bislang hatte ich immer gedacht, ich wäre immun gegen das posttraumatische Stress-Syndrom.
    Ganz offenbar hatte ich mich geirrt.
    Jetzt fühlte ich mich von Cross gestützt. »Elyzea, alles in Ordnung?«, fragte er seinerseits.
    »Ja«, hauchte ich. Ich durfte mir nichts anmerken lassen. Wenn er die richtigen Schlüsse zog - und der Mann las in meinem Gesicht wie in einem Buch wenn er von meinem Einsatz auf Sharidon erfuhr, von meiner Beteiligung am Tod seiner Frau, dann … tja, was dann? Vermutlich würde er versuchen, mich umzubringen. In jedem Fall würde er mich hassen. Mir zog sich ein Knoten im Hals zusammen. Wenn ich weiterhin mit ihm zusammenarbeiten wollte,

Weitere Kostenlose Bücher