Undercover
Clubs, fast dort, wo er vor ein paar Minuten noch gesessen hatte.
„Komm doch rüber zu uns!“ Kim zeigte zu einem Tisch mit drei Frauen in Sportkleidung, die neugierig zu ihm herübersahen und bereits begannen, ihre Stühle zusammen zu schieben, um für ihn Platz zu machen.
„Nein“, wehrte er eilig ab, „ich muss dringend zu einem Termin!“
„Shane! Du wirst doch wohl wenigstens mal Hallo sagen können!“ Sie hatte die Sonnenbrille auf ihre Pagenfrisur geschoben, trug ein anlieg endes weißes Trägerhemd und weiße Tenniss horts – und sah ziemlich attraktiv aus, wie er zugeben musste.
Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als sich mit seinen Krücken zwischen den besetzten Tischen hindurch zu zwängen.
„Das ist Shane, mein Exmann!“, sagte Kim nicht ganz ohne Stolz in der Stimme, wie er verwundert bemerkte.
„Hi, Shane!“ , riefen sie alle zusammen. Sie hießen Mary-Ann, Jane und Jodi und sahen sich alle ähnlich. Mager, halblanges Haar und blonde Strähnen. Mary-Ann trug ihr Haa r offen mit Pony, Jane und Jodi trugen Pferdeschwanz mit Pony. Im Unterschied zu Jane und Mary-Ann hatte Jodi ihre Sonnenbrille nicht aufs Haa r geschoben, sondern blickte durch schwarze Scheiben in seine Richtung.
„Wie nett, Shane, Sie endlich mal kennen zu lernen, Kim hat uns schon so viel von Ihnen erzählt.“ Mary-Ann strahlte ihn an.
„Ja, wir fi nden es wunderbar, Shane, dass S ie zur Hochzeit kommen“, sagte Jodi mit der schwarzen Sonnenbrille, „Kim, das ist wirklich sehr großherzig von dir.“ Sie sagte tatsächlich großherzig.
„...und von Frank natürl ich auch“, Jane lächelte schmallippig . „Kennen Sie Frank, Shane?“
„Ja.“
„Die beiden verstehen sich prima“, meinte Kim.
„Ach , ist das nicht perfekt?“ Jodis dunkle Gläser störten ihn. Hatte sie eine Augenkrankheit oder nur Falten?
„Kim hat uns erzählt, was Ihnen passiert ist.“ Ein Windstoß fegte am Nebentisch eine Zeitung auf den Boden, doch Mary-Anns offenes Haar rührte sich nicht. „Sie hätten ja auch tot sein können.“
„Wie grauenvoll!“ Jodi s schwarze Gläser glotzen ihn an.
„Gibt es denn keinen anderen Job, in den Sie wechseln könnten, Shane?“ Jane sah ihn mitfühlend an.
Jetzt war es genug. Er setzte ein Lächeln auf. „Es war nett Sie kennen zu lernen, Ladies, aber ich muss leider los!“
„Bye, Shane!“, riefen s ie ihm nach als er mit seinen Krücken zwischen den Tischen hindurch stakste.
Wieder in der Aufzugkabine , kam ihm der Gedanke, ob es nicht die perfekte Tarnung war, die der Mann da unten eben veranstaltet hatte. Ein Pornoheft - Vielleicht war das ein ganz cleverer Bursche, einer von Lanskis Leuten...
I m Apartment schleuderte er wütend die Krücken von sich. Warum war er nur so sehr auf sie angewiesen? Auf dem Weg zur Couch traf sein Blick die Broschüre der Immobilienfirma. Warum, wusste er nicht, aber er musste sie immer wieder ansehen. So klemmte er sie sich unter den Arm, setzte sich auf die Couch und blätterte. Tiefblauer Ozean, weißer Sandstrand, die Flosse eines Wales im roten Abendlicht, der sanft geschwungene Bogen einer heranrollenden Woge. „Inspiration und Entspannung in lässigem, modernen Ambiente und erholsamem Luxus – gönnen Sie sich ein Verschnaufen von der anstrengenden Wirklichkeit ...“, stand da.
War das hier also nicht die Wirklichkeit, sondern der Traum, ja vielleicht sogar der Alptraum aus dem er irgendwann aufwachen würde?
S ein Telefon klingelte und riss ihn aus seinen Überlegungen. Maree teilte ihm mit, dass sie über Tim Wilcox nichts Besonderes herausgefunden habe. Er hatte einige Grundstücke und war nicht unvermögend. Seine Frau, Carol, war zum zweiten Mal verheiratet. Ihr erster Mann, den sie im Alter von dreiundzwanzig heiratete, hieß Ian Shaw und war siebzehn Jahre älter als sie. Ian Shaw starb nach sechs Jahren Ehe einen plötzlichen Herztod und hinterließ ihr sechs Millionen Dollar. Ihr gemeinsamer Sohn Adam war einundzwanzig und studierte in Europa. Maree fand noch ein paar aufmunternde Worte und verabschiedete sich.
„Sechs Millionen Dollar“, murmelte er.
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Josh war schon den ganzen Tag aufgeregt und konnte es kaum erwarten, Chrissy abzuholen. Die Frage, die ihn noch gestern beschäftigt hatte, warum ihre Wahl gerade auf ihn gefallen war, interessierte ihn jetzt nicht mehr. In einem Laden an der Promenade hatte er sich ein T-Shirt gekauft, ein rotes, mit einer weißen Sieben darauf. Dazu trug er eine
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