Undercover
und gab ihr die Packung Papiertas chentücher. Sie tupfte sich über die Lippen, knüllte das Taschentuch zusammen und ließ es in den Fußraum vor sich fallen. Sein Reflex war, sie zu fragen, warum sie ihren Müll in sein Auto warf, doch dann dachte er, dass das spießig von ihm sei, und er sagte nichts. Sie drehte die Musik lauter . Er hatte doch gewusst , dass der Revolver im Handschuhfach lag. Er hatte ihn ja selbst dort hineingelegt. Warum also hatte er ihr gesagt, sie solle das Handschuhfach öffnen. Wollte er, dass sie ihn findet? Damit sie ihn bewunderte? Die Fahrt über redeten sie nichts mehr.
Verheißungsvoll brannte die Beleuchtung am Surf Club unten am Strand. Natürlich war der Parkplatz davor besetzt. Josh müsste wahrscheinlich ein ganzes Stück die Parkyn Parade hinauffahren, um dort eine Lücke zu ergattern. Er ließ sie aussteigen. Sie verabredeten sich am Eingang des Clubs. Eilig fuhr er davon, denn er wollte sie nicht allzu lange warten lassen. Doc h er hatte Pech, erst nach über zehn Minuten konnte er endlich in eine Parklücke rangieren und hastete dann den halben Kilometer zurück zum Club. Josh lief die Rampe hinauf zur Eingangstür und zahlte den Eintritt.
Laute Musik, Lichterzucken, Gedräng e von Körpern. Wo war Chrissy? Gesichter mit glasigen Augen wandten sich ihm zu, er stieß an nackte Schultern, stolperte über Füße, zwängte sich an warmen Körpern vorbei, immer tiefer hinein in diese Welt, die nicht seine war.
„Hoppla!“, ein Typ mit e iner roten Zipfelmützen grinste ihn an.
„Entschuldigung“, murmelte Josh und drängte weiter. Die Menge wurde dichter, bewegte sich im Rhythmus der Musik. E r schwitzte, sah um sich, wo verdammt war Chrissy ?
An der großen Panoramascheibe kam er nicht mehr weiter. Er sah hinaus. Schwefelgelb lag der Strand im Flutlicht. Das Meer dahinter glänzte pechschwarz. Er legte die Stirn an die kalte Scheibe. Warum lief alles schief?
Eine Hand fiel auf seine Schulter.
„He, alles klar ?“ Der Mann war ein Kraftpaket, das schwarze T-Shirt spannte über seinen Oberarmen. Josh nickte. Der Mann sah ihm prüfend in die Augen und ging dann.
Er wollte hier nicht bleiben. Könnte er denn einfach wieder gehen, ohne Chrissy Bescheid zu geben? Warum nicht, sicher hatte sie schon längst jemanden gefunden, mit dem sie den Abend verbringen wollte - aber verließ sie sich nicht auf ihn, rechnete damit, dass er sie nach Hause brachte? Nach Buderim war es nicht weit. Ein Taxi würde sie sich leisten können. Vielleicht würde es ihr noch nicht einmal auffallen, dass er nicht gekommen war.
„Da bist du ja!“ Chrissy stand vor ihm. Ihre Augen glitzerten als wären Sterne darin .
„Chrissy! Wo verdammt warst du?“
„He, ich hab’ mir draußen die Beine in den Bauch gestanden!“, fauchte sie. Jäh stand wieder das Lächeln auf ihrem Ge sicht.
„Du brauchst keine Panik zu haben, er ist nicht da.“
„Wer?“ Was war nur mit ihr los?
Sie lachte gurrend.
„Komm’ schon!“
Josh ließ sich auf die Tanzfläche ziehen, obwohl er gehen wollte und nicht gern tanzte und es ihm zu laut und zu voll und ihm überhaupt alles zuviel war. Chrissy tanzte bald ohne ihn, sah ihn nicht mehr an. Sie hatte ihn sicher längst vergessen.
Er hörte mit den albernen Bewegungen auf und drängte sich zur Bar. Einen Drink würde er nehmen und dann nach Hause fahren. Als er die Cola-Rum bestellte, tauchte Chrissy auf einmal aus der Menge auf und zog ihn in eine dunkle Ecke vor den Toiletten. Ihre Hand war heiß und nass. Auf seinen fragenden Blick hin, drü ckte sie ihm eine Pille in die Handfläche.
„Damit du ein bisschen auf Touren kommst!“ Ihr Lächeln war bezaubernd. „Na, komm schon! Ist kein Gift!“
Er betrachtete die Pille in seiner Hand. Die Farbe konnte er in dem Licht nicht erkennen, die Form war ein Herz.
„Nun mach’ , ich hab’ keine Lust, hier erwischt zu werden.“ Sie sah sich hektisch um.
„Okay “, sagte er, „ich nehm’ sie ja. Ecstasy, stimmt’s?“
Sie verdrehte gen ervt die Augen, fuhr sich durch ihr wildes, rotes Haar. Er hatte nur ein paar mal Haschisch geraucht. Es hatte sich nie eine Gelegenheit geboten, da er ja selten ausging und wenig Leute kannte. Und er hatte Angst, weil er nicht wusste, was dann mit ihm passierte. Er könnte die Kontrolle über sich verlieren – insgeheim ahnte er, dass irgendetwas Schlimmes in seinem Innern schlummert e, das nur darauf warten würde, hervorzuspringen und die Herrschaft an sich zu
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