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Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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dass der Gegner in die falsche Richtung schauen würde.
    Also zeichnete ich in Gedanken ein Quadrat auf: von der 42nd Street bis zur 59th Street, von der Fifth Avenue bis zur Third Avenue. Achtundsechzig Straßenblöcke, die was enthielten?
    Ungefähr acht Millionen verschiedene Dinge.
    Lange bevor wir Philadelphia erreichten, hörte ich auf, sie zu zählen. Zu diesem Zeitpunkt wurde ich von der jungen Frau abgelenkt, die auf der anderen Seite des Mittelgangs in meiner Reihe saß. Sie war Mitte zwanzig und wirklich eine Schönheit. Vielleicht ein Model, vielleicht eine Filmschauspielerin oder nur eine umwerfend attraktive Anwältin oder Lobbyistin. Eine absolute Traumfrau, wie ein USC -Student vermutlich gesagt hätte. Was mich wieder über Peter Molina und den offensichtlichen Widerspruch nachdenken ließ, der darin lag, dass jemand, der clever genug war, um ihn als Geisel zu benutzen, ihn gegen eine Informantin eingesetzt hatte, die letztlich wertlos war.
    Unser Auftraggeber hat eine ganze Crew mitgebracht. Für den öffentlichen Verkehr gibt es in New York City sechs wichtige Einfallstore: die Flughäfen Newark, LaGuardia und JFK , dazu die Bahnhöfe Penn Station und Grand Central Terminal sowie den Busbahnhof der Port Authority. Newark hat drei Terminals, LaGuardia hat drei und ein weiteres für Shuttleflüge, die Penn Station ist groß, der Bahnhof Grand Central riesig, der Busbahnhof der Port Authority ein Labyrinth. Für eine halbwegs wirkungsvolle Überwachung aller dieser Einrichtungen hätte man rund vierzig Leute gebraucht. Achtzig oder mehr, um sie Tag und Nacht zu observieren. Und achtzig Leute waren keine Crew, sondern eine Armee. Deshalb war ich beim Aussteigen in New York nur normal vorsichtig.
    Was zum Glück genügte.

27
     
    Ich entdeckte den Überwacher sofort. Er lehnte an einer Säule mitten in der Bahnhofshalle der Penn Station: unbeteiligt, mit der völligen körperlichen Unbeweglichkeit, die damit einhergeht, dass man sich darauf einrichtet, lange Dienst tun zu müssen. Er stand regungslos da, und die geschäftige Welt floss an ihm vorbei, wie ein Fluss einen Felsen umströmt. In einer Hand hielt er ein geschlossenes Mobiltelefon, das an seinem Oberschenkel auflag. Er war ein großer Mann, aber schlaksig. Jung, Ende zwanzig. Auf den ersten Blick nicht gerade beeindruckend. Er hatte blasse Haut und einen kahl geschorenen Kopf, der mit rötlichem Flaum bedeckt war. Kein großartiger Look. Über seinem Hemd mit Blumenmuster trug er eine knappe Lederjacke, die vermutlich braun war, aber im Lampenlicht scheußlich orangerot schimmerte. Er starrte mit einem gelangweilten Blick auf die heranflutende Menge.
    Die Bahnhofshalle war voller Menschen. Ich ließ mich mit der Masse treiben. Der Überwacher stand ungefähr zehn Meter links vor mir. Seine Augen bewegten sich nicht. Er ließ die Leute durch seinen Beobachtungssektor gehen. Ich war noch etwa drei Meter davon entfernt. Das Ganze hatte Ähnlichkeit mit dem Passieren eines Metalldetektors auf einem Flughafen.
    Sobald ich etwas langsamer ging, wurde ich von hinten angerempelt. Ich kontrollierte rasch, ob dies ein Versuch war, mich in die Zange zu nehmen. Das war nicht der Fall. Hinter mir ging eine Frau mit einem Kinderwagen von der Größe eines kleinen Geländewagens, in dem zwei Babys, vielleicht Zwillinge, lagen. In New York City gibt es massenhaft Zwillinge. Reichlich ältere Mütter, deshalb viele künstliche Befruchtungen. Die Zwillinge in dem Kinderwagen hinter mir greinten, was in dem allgemeinen Lärm unterging. Die Bahnhofshalle war gekachelt und hallte wider.
    Ich driftete nach links, um mich auf den nächsten drei Metern zwei Meter weit seitlich versetzen zu lassen. So erreichte ich den Rand des Menschenstroms und passierte die Blickachse des Überwachers. Seine Augen waren leuchtend blau, aber vor Müdigkeit glanzlos. Er reagierte nicht. Zumindest nicht sofort. Aber mit einer Sekunde Verzögerung bekam er große Augen, hob sein Handy und schob den Deckel hoch. Er sah auf den Bildschirm. Starrte dann wieder mich an. Sein Mund öffnete sich vor Überraschung. In diesem Augenblick war ich bis auf eineinviertel Meter an ihn herangekommen.
    Dann wurde er ohnmächtig. Ich stürzte vorwärts, fing ihn auf und ließ ihn sanft zu Boden gleiten. Ein barmherziger Samariter, der einem Mitmenschen in einem medizinischen Notfall beistand. Zumindest sahen das die Leute. Aber nur, weil die Leute sehen, was sie sehen wollen. Hätten sie sich den

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