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Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition)

Titel: Underground: Ein Jack-Reacher-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Männer. Sieben Waffen. Die Schrotflinten der Polizisten waren Franchi SPAS 12. Aus Italien. Bestimmt keine Standardwaffe des NYPD . Die SPAS 12 ist ein futuristisches, bedrohlich aussehendes Ding, eine halbautomatische Waffe Kaliber .12 mit glattem Lauf, Pistolengriff und aufklappbarer Schulterstütze. Vorteile: viele. Nachteile: zwei. Einer war der hohe Preis, aber offenbar hatte irgendeine Spezialabteilung im NYPD den Kauf bewilligt. Der zweite war die halbautomatische Funktionsweise. Sie galt bei einer starken Schrotflinte als theoretisch unzuverlässig. Leute, die treffen oder sterben müssen, machen sich darüber Sorgen. Ladehemmungen können vorkommen. Aber ich war so wenig bereit, auf vier Ladehemmungen gleichzeitig zu wetten, wie ich Lotterielose kaufe. Optimismus ist gut. Blindes Vertrauen nicht.
    Zwei der Feds hielten Glock 17 in der Hand. Halbautomatische Neunmillimeterpistolen aus Österreich: quadratisch, klobig, zuverlässig, seit weit über einem Vierteljahrhundert im Einsatz bewährt. Mir persönlich war die Beretta M9 – wie die Franchi aus Italien stammend – etwas lieber, aber in neunhundertneunundneunzig von tausend Fällen erledigte die Glock den Job nicht schlechter als die Beretta.
    Im Augenblick hatten sie den Job, dafür zu sorgen, dass ich als Hauptattraktion stillstand.
    Der Chefagent befand sich genau in der Mitte des Halbkreises, sodass er drei Männer links und drei rechts neben sich hatte. In der Hand hielt er eine Waffe, die ich nur aus dem Fernsehen kannte. Daran erinnerte ich mich gut. Ein Kabelprogramm in einem Motelzimmer in Florence, Texas. Nicht der Military Channel. Der National Geographic Channel. Eine Sendung über Afrika. Aber nicht über Bürgerkriege und Massaker, Seuchen und Verhungernde. Ein Tierfilm über Gorillas, nicht Guerillas. Eine Forschergruppe auf der Fährte eines ausgewachsenen Männchens, dem sie einen Minisender ins Ohr einpflanzen wollten. Der Bursche wog fast zweihundertfünfzig Kilogramm. Beinahe eine Vierteltonne. Außer Gefecht gesetzt wurde er mit einem Narkosegewehr, das Pfeile mit einem starken Betäubungsmittel für Primaten verschoss.
    Genau damit zielte der Chefagent jetzt auf mich.
    Mit einem Narkosegewehr.
    Die Leute vom National Geographic hatten sich große Mühe gegeben, ihrem Publikum zu versichern, dieses Verfahren sei human. Sie hatten detaillierte Diagramme und Computersimulationen gezeigt. Der Pfeil war ein winziges befiedertes Ding aus chirurgischem Stahl. Seine Spitze bestand aus einer sterilen wabenförmigen Keramikstruktur, in die das Narkotikum eingelagert war. Der Pfeil wurde mit hoher Geschwindigkeit abgeschossen und bohrte sich ungefähr zwei Zentimeter tief in den Gorilla. Und wurde abgebremst. Seine Spitze wollte jedoch weiter. Bewegungsenergie. Newtons Grundgesetze der Bewegung. Der Schlag und die Erschütterung ließen die Keramikstruktur bersten und das Betäubungsmittel austreten – nicht ganz als Spray, nicht ganz in Tröpfchenform. Das Zeug breitete sich im Gewebe aus, wie ein Stück Küchenhandtuch verschütteten Kaffee aufsaugt. Das Gewehr selbst war einschüssig. Es musste mit einem einzelnen Pfeil geladen und an einen kleinen Zylinder mit Treibgas – Stickstoff, wenn ich mich recht erinnerte – angeschlossen werden. Das Nachladen war umständlich. Es war besser, wenn gleich der erste Schuss saß.
    In ihrem Dokumentarfilm hatten die Forscher beim ersten Schuss getroffen. Der Gorilla war nach acht Sekunden groggy, nach zwanzig bewusstlos gewesen und zehn Stunden später bei bester Gesundheit wieder aufgewacht.
    Aber er hatte doppelt so viel gewogen wie ich.
    Hinter mir war die Empfangstheke des Hotels. Ich konnte sie an meinem Rücken spüren. Sie hatte eine ungefähr vierzig Zentimeter breite Ablagefläche in gut eineinviertel Meter Höhe. Thekenhöhe. Praktisch für Hotelgäste, die etwas ausbreiten oder unterschreiben wollten. Dahinter befand sich in Schreibtischhöhe die Arbeitsfläche für das Empfangspersonal. Mindestens fünfundsiebzig Zentimeter tief. Vielleicht mehr. Das wusste ich nicht genau. Aber alles zusammen ergab ein Hindernis, das zu hoch und zu breit war, um es aus dem Stand zu überspringen. Vor allem dann nicht, wenn man in falscher Richtung stand. Und ohnehin zwecklos. Auch hinter der Theke wäre ich noch im selben Raum gewesen – nur eben auf der anderen Seite. Kein Nettogewinn, aber womöglich ein hoher Nettoverlust, wenn ich auf einen Bürostuhl krachte oder mich in einem Telefonkabel

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