Underground
schieben«, schlug Quinton grinsend vor. »Dann würde sich das FBI darum kümmern, und Solis dürfte sich nicht länger mit dem Mord im Zugtunnel beschäftigen.«
»So viel Glück werden wir nicht haben«, spöttelte ich. »Schließlich haben wir es nicht in der Hand …« Ich brach ab, da mir plötzlich eine Idee kam.
»Was haben wir nicht in der Hand?«, hakte Quinton neugierig nach.
Ich runzelte die Stirn und versuchte mich auf das zu konzentrieren, was mir schon wieder zu entgleiten drohte. Also hob ich eine Hand, um ihn am Weitersprechen zu
hindern, während ich laut nachdachte. »Wir gehen doch von einer Serie aus. Könnte diese Serie nicht auch durch einen Menschen verursacht werden? Vielleicht ist es eine ganz normale Person mit ganz normalen Absichten. Ella Graham hat uns erzählt, dass die Götter Sistu schicken, um jemandem bei der Jagd zu helfen, wenn ihnen dieser Jemand eine große Freude bereitet hat. Vielleicht kann ja auch Qamaits ihr Haustier verleihen. Sie hat Macht über das Ungeheuer. Könnte sie nicht Sistu für eine Weile jemandem überlassen, wenn ihr derjenige einen Gefallen erwiesen hat? Vielleicht hat dieser Jemand sie ja aus ihrem Gefängnis unter der Baustelle befreit.«
»Dann wäre diese Person, die ihr geholfen hat, noch am Leben.«
»Genau, und sie würde unser Leihmonster dazu benutzen, ein paar offene Rechnungen zu begleichen. Aber Sistu muss wahrscheinlich öfter etwas zwischen die Zähne bekommen, als sein Jagdfreund das möchte oder geplant hat. Also holt er sich immer wieder einen kleinen Imbiss zwischendurch, den er für später in seiner Höhle aufbewahrt.«
»Du meinst, dass Felix als Imbiss diente, Jenny oder Go-Kart aber Opfer einer Racheaktion wurden?«
Ich nickte. »Ja, das meine ich. Wenn man einmal annimmt, dass die meisten Verschwundenen in Zombies verwandelt worden sind, sollten die Leichen, die man gefunden hat, eigentlich den Schlüssel dazu liefern, wer hinter den Morden steckt. Wir suchen nicht nach etwas Übernatürlichem, Quinton. Es ist ein Mensch, der sich rächen will!«
Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, als ich darüber nachdachte. »Solis wäre von unserer Theorie wahrscheinlich
nicht begeistert. Er würde uns vielleicht noch die Idee abnehmen, dass jemand die Untergrundbewohner umgebracht hat. Aber vermutlich hat der Täter für mindestens eine der Tatzeiten ein hieb- und stichfestes Alibi. Er muss sich nicht einmal in der Nähe aufgehalten haben. Denk nur daran, was Tall Grass über Jennys Tod erzählt hat … Ich habe auch keine Ahnung, wie ich Solis auf die richtige Spur bringen könnte. Seit der Geschichte mit dem Poltergeist gehört er nicht gerade zu meinen größten Fans.«
»Meiner Meinung nach ist es wichtiger, das Monster loszuwerden, als jemanden für die Morde einzusperren.«
Ich nickte. »Vermutlich hält sich der Täter ganz in der Nähe von Sistu auf. Wenn wir ihn fassen wollen, müssen wir dem Monster auf den Fersen bleiben. Das wird allerdings nicht leicht sein, da es uns jederzeit zu seinem nächsten Snack machen könnte. Vielleicht weiß ja derjenige, der es kontrolliert, auch nicht immer, was es vorhat, falls er zum Beispiel kein Lushootseed spricht. Ich wünschte, ich wüsste, was Sistu letzte Nacht von sich gegeben hat …«
»Hat er denn etwas gesagt?«
»Natürlich. Hast du denn nicht gehört, wie er gebrüllt hat?«
»Ich konnte es nicht genau verstehen. Es klang so, als ob er mit tausend Zungen spräche.«
»Ich glaube, das hat er auch getan. Ein paar Wörter habe ich verstanden, aber der Rest war ein einziges Kauderwelsch. Aber er spricht, und währenddessen wechselt er ununterbrochen seine Gestalt. Ella Graham meinte ja, dass er klug und geschickt ist. Vielleicht können wir ihn aufhalten, wenn wir herausfinden, wie man mit ihm spricht …«
SECHZEHN
M ara öffnete die Tür. Sie nickte Quinton zu und sah mich dann an, ohne zu lächeln. Ich verstand nicht, warum sie mir auf einmal so distanziert begegnete – es sei denn, sie war noch immer wegen Albert verstört. Ihre Einladung, hereinzukommen, klang sehr formell.
»Kommt herein. Ben ist oben. Ich werde Brian hier unten beschäftigen, damit er euch nicht stört.«
Ich sah sie mit gerunzelter Stirn an und überlegte, was los war. Doch Maras Erscheinung, sowohl in der normalen Welt als auch im Grau, war undurchdringlich. Ich sah mich im Grau nach einem Anzeichen von Albert um, da ich für einen Moment befürchtete, dass er der Grund für ihre
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