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Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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Tasche und
glitt ins Grau, meine Finger noch immer um den Energieknoten von Lass geklammert.
    Die Gestalt des Toten wurde immer sichtbarer, je tiefer ich ins Grau tauchte. Endlich löste sich der silbrige Nebel und zeigte das leuchtende Schwarz und die bunten Farben des Netzwerks. Lass zeigte sich nun als funkelnd goldene Gestalt, die sich heftig wand, um mir zu entkommen. Quinton und Fish hingegen leuchteten im Grau nicht so hell, und Ben war kaum mehr zu erkennen. Wygan hatte einmal ein Stück Grau in mich hineingepflanzt. Nun musste ich herausfinden, ob ich auch selbst dazu in der Lage war. Ich konnte nur hoffen, dass es diesmal nicht für immer war.
    Vorsichtig zog ich das lebendige Feuer des Geistes an mich heran und formte es zu einer kleinen Kugel. Lass wehrte sich wie ein gefangenes Tier und versuchte erneut zu entkommen. Ich strich mit der Feder über mein Gesicht und meine Brust und spürte, wie sich meine Form lockerte, während das Netzwerk wütend surrte und auf einmal geisterhafte Schreie von sich gab.
    Die Zeit kippte und breitete sich in einem Becken aus Quecksilber und Rost aus. In der langsamen Zeitschleife, in der ich mich nun befand, wurde auch ich langsamer. Ich presste das grelle Licht von Lass gegen meine Brust und schob es mit Hilfe der Feder tief in mich hinein. Etwas gab nach. Wir schwebten für einen Moment halb verbunden und halb getrennt voneinander im Grau. Das Leben und der Tod des Mannes, den ich in mir aufnahm, blitzten in mir auf. Ich wimmerte vor Schmerzen, und für kurze Zeit war das Gefühl so unerträglich, dass ich glaubte, ohnmächtig werden zu müssen. Endlich umschloss meine Gestalt das Energiebündel des Toten.

    Daraufhin kehrte ich in die Normalität zurück. Keuchend sah ich mich um. Mir liefen Tränen über die Wangen, so sehr tobte Lass in mir. Quinton berührte mich an der Schulter, als ich wieder auftauchte. Ich atmete tief durch und biss die Zähne zusammen.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er. Er sah mich angsterfüllt an, und im Grau leuchteten die grünen und orangefarbenen Wirbel um ihn herum grell auf.
    Ich schüttelte den Kopf, da ich befürchtete, nicht ruhig antworten zu können, sondern einen Schrei auszustoßen. Das Blaulicht des Notarztes erhellte den Nebel. Ein Krankenwagen stand neben dem rauchenden Wrack meines Autos. Die Sirenen waren ausgeschaltet. Ich war kaum in der Lage, die Schritte der Sanitäter auf der feuchten Straße zu hören, so laut kreischte das Grau in meinem Kopf. Die Männer eilten auf uns zu. Ich wankte zu Ben und Fish. Fish kniete noch immer neben dem Verletzten. Er schüttelte verzweifelt den Kopf.
    »Was haben wir getan? Was soll ich denen sagen? Ich weiß nicht, was ich sagen soll. ›Ein Monster kam aus dem Marschland und hat sie umgebracht‹, oder was?«
    »Ben … Ben ist tot?«, brachte ich mühsam hervor. Vor meinen Augen drehte sich auf einmal alles, während sich mir der Magen verkrampfte. Meine beiden Welten prallten scharf aufeinander, und ich fühlte mich wie eine Fahne in einem heftigen Sturm.
    Fish schüttelte den Kopf. »Nein, noch nicht. Aber Sisiutl … und dieser Mann. Mein Gott … Was haben wir getan?« Dann starrte er mich an. »Was haben Sie getan? Das ist alles wegen Ihnen passiert.«
    Nun war es an mir, den Kopf zu schütteln. »Nein, das stimmt nicht. Sistu …«

    »Das ist doch alles nur eine Legende! Es ist eine Geschichte wie die, dass Qamaits und Tsonoqua Alpträume bringen und Kinder fressen. Das gibt es nicht!« Er schlug die Hände vor das Gesicht, als ob er befürchtete, sonst völlig die Fassung zu verlieren. Es fiel ihm offensichtlich nicht leicht, nicht völlig durchzudrehen. »Es kann nicht sein! Mein Gott, es kann nicht sein! Das darf nicht wahr sein!«
    Lass tobte in mir. Seine Schreie hallten in meinem Kopf wider. Ich wankte und versuchte für einen Moment, stehen zu bleiben. Doch dann fiel ich neben Fish auf die Knie. Verzweifelt packte ich den noch immer vor sich hin murmelnden Mann an den Schultern. Ich schüttelte ihn, ohne auf die Schreie von Lass oder auf meine Schmerzen zu achten. »Dann«, brachte ich mühsam hervor. »Dann geben Sie mir die Schuld.«
    Fishs Augen weiteten sich, als er mich ansah – ganz so, als ob auch ich eine Gestalt aus einem seiner Albträume geworden wäre. Seine Lippen zitterten, um etwas zu sagen, doch er brachte kein Wort heraus.
    »Los. Es ist … es ist alles meine Schuld«, befahl ich ihm, und Fish nickte zitternd.
    Ich versuchte aufzustehen. Doch meine

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