Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
Vom Netzwerk:
Viadukt verfolgte mich. Nur mein Schwur gab mir noch ein wenig Kraft.
    Endlich erreichte ich meinen Wagen. Wie benommen
fuhr ich nach Hause, wo ich die Puzzle-Box auf ein Bücherregal legte. Dann ließ ich mich erschöpft und zittrig in einen Sessel fallen.
    Chaos, mein Frettchen, rüttelte an der Tür seines Käfigs. Er wollte rausgelassen werden. Ich tat ihm den Gefallen, nur um ihn dann festzuhalten und zärtlich an mich zu drücken.
    »Was soll ich nur tun?«, fragte ich das Tier.
    Chaos, der ziemlich ungeduldig sein konnte, wand sich verärgert aus meiner Umarmung, während ich noch dagegen ankämpfte, nicht in Tränen auszubrechen. Ich ließ ihn los und setzte mich dann auf das Sofa. Dort schlug ich meine Hände vor das Gesicht. Nun konnte ich nicht mehr an mich halten. Heiße Tränen liefen mir über die Wangen, die Handflächen und Handgelenke, doch sie vermochten nicht den Kloß zu lösen, der in meinem Hals steckte. Ich konnte weder heulen noch laut schluchzen, und so liefen die Tränen nur wie von selbst aus meinen Augen.
    Ich weinte so lange, bis es nicht mehr so weh tat. Dann legte ich den Kopf auf die Armlehne des Sofas. Chaos kam herbeigehüpft, um zu sehen, wie es mir ging. Er kletterte zu mir herauf und leckte die Feuchtigkeit von meinem Gesicht. »Ich bin dir doch eigentlich egal. Du willst nur das Salz«, murmelte ich, während seine winzigen Küsse meine Wangen kitzelten. Nach einer Weile fühlte ich mich nicht mehr ganz so verlassen und einsam.
    »Und jetzt? Ich bin noch nicht so weit, mich auf einen Kampf mit Wygan einzulassen«, sagte ich. »Dafür bin ich noch nicht stark genug. Also … Was bleibt mir anderes übrig, als mich zusammenzureißen und so zu tun, als ob es in meinem Leben nie einen William Novak gegeben hätte … Ja, das wird wohl das Beste sein.«

    Ich fragte mich, was mit dem Faden aus dem Grau passiert war, der an Wills Arm gehangen hatte. Das musste ich zumindest noch herausfinden …
    Das Frettchen steckte seine kalte Nase in mein Ohr.
    »Hey!«
    Chaos schnaubte und hüpfte dann höchst geschäftig von dannen.
    Geschäftig …
    Genau das würden Will und ich wohl auch sein. Auf diese Weise würden wir über das Schlimmste hinwegkommen. So hatten wir es stets vermieden, uns näher und intensiver mit unangenehmen Dingen auseinanderzusetzen. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass er mich in nächster Zeit in seine Nähe ließ – zumindest so lange nicht, bis er sich nicht mehr so sehr vor mir gruselte.
    Mir blieb also nichts anderes übrig, als zu warten, auch wenn ich das Stück Grau von ihm entfernen wollte. Ich musste so lange warten, bis ihm eine angenehmere Erklärung für das einfiel, was dort unter dem Viadukt geschehen war. Danach konnten wir vielleicht miteinander sprechen, auch wenn es wahrscheinlich das letzte Mal sein würde. Nach diesem Vorfall würde wohl keiner von uns beiden einfach weitermachen können, als wäre nichts geschehen. Zumindest würde ich dann noch die Gelegenheit haben, einige Dinge zu erklären und den grauen Faden zu entfernen, ehe wir für immer getrennte Wege gehen würden.
    Doch dieser Moment musste noch warten. Eine solche letzte Begegnung fand außerdem am besten bei hellem Tageslicht statt – wenn es keine Schatten gab, die einen an die seltsamen Kreaturen und den unheimlichen Vorfall unter dem Viadukt erinnern konnten.

VIER
    U m meinen Abschluss in Kriminalwissenschaften zu machen, musste ich einen Psychologiekurs über Kriminelle und ihre Opfer belegen. Eine Woche lang sprachen wir darüber, wie Opfer mit einer solchen Tat umgingen, also wie sie über einen Einbruch, einen Bankbetrug, eine Vergewaltigung oder den Mord an einem geliebten Menschen hinwegkamen.
    Im Grunde gibt es für jedes Trauma nur zwei Möglichkeiten: Entweder arrangiert man sich damit oder man bricht zusammen. Es wurde uns erklärt, dass ein Zusammenbruch etwas Gutes sei – eine reinigende Kraft -, aber ich persönlich hielt mich nie lange damit auf. Ich gehörte zur alten Schule derjenigen, die verdrängen und so lange weitermachen, bis es nicht mehr geht.
    Nach der vergangenen Nacht, als ich mich wie ein geprügelter Hund gefühlt hatte, quälte ich mich am nächsten Morgen aus dem Bett. Ich ging trainieren und danach ins Büro. In Gedanken befasste ich mich zwar ständig mit Will und machte mir auch Sorgen um ihn. Doch das hielt mich zum Glück nicht davon ab, einige Dinge zu erledigen.
    Zwischen ein paar Zeugenbefragungen, die ich für Nanette Grover machen

Weitere Kostenlose Bücher