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Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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Stadt im Untergrund ehe eine Touristenattraktion war, wo man die lokale Geschichte in Kellern und alten Kanälen hautnah erleben konnte. Als ich nun jedoch Quinton lauschte, schien es in Wahrheit zwei Teile des Untergrunds zu geben – die
tatsächlich physische und eine verborgene soziale Struktur, die aus Leuten ohne andere Bleibe bestand. Ich fragte mich, wie weit die sozialen Netzwerke hier unten reichten.
    Nachdenklich legte ich eine Hand auf die Wand neben mir und entspannte mich. Ich atmete den modrigen Geruch ein, den die Gänge verströmten. Quinton stand schweigend neben mir, während ich dem Grau erlaubte, mich ganz und gar in sich aufzunehmen.
    Meist schien das Grau dunkler als die normale Welt zu sein. Doch diesmal waren die silbernen Schichten aus Zeit und Erinnerung deutlich heller. Die Zeitebenen an diesem Ort strahlten wie am helllichten Tag. Geister eilten vorüber, ganz in ihre schon lange vergangenen Erledigungen versunken. Es waren Frauen in den langen, weiten Kleidern um 1890 und Männer in Anzügen oder Arbeitsklamotten. Eine Gruppe junger Frauen – sogenannte Flapper – eilte kichernd durch mich hindurch. Sie schubsten sich gegenseitig und flüsterten angeheitert miteinander, ehe sie ein wenig wankend um eine Ecke bogen.
    Ich zitterte, als mich weitere Geister berührten. Neugierig sah ich mich um. Eigentlich erwartete ich, über der Straße auf der anderen Seite des Gehwegs den Himmel zu sehen. Doch schon damals befand sich dort eine Wand. Ich blickte hoch und stellte fest, dass das Licht durch dicke, in Beton eingelassene Glasscheiben fiel. Auf anderen Zeitebenen gab es nur Holztreppen, die einen Zugang zu den oberen Stockwerken ermöglichten. Überall fanden sich kleine Läden und Rampen zur Anlieferung von Waren.
    Es sah aus wie ein Einkaufsviertel im Untergrund, in dem sich übermäßig viel Geschichte abgelagert hatte. Dieser Ort, an dem nun kaum mehr Leben herrschte, war früher
einmal das lebendige Herz der Stadt gewesen. Hierher waren die Leute gekommen, um ihre Geschäfte abzuwickeln und Einkäufe zu erledigen. Früher hatte hier das Leben zu jeder Tages- und Nachtzeit pulsiert. Jetzt gab es nur noch Dunkelheit, Schatten und Staub.
    »Kannst du etwas sehen?«, wollte Quinton wissen. Ich richtete meine Augen auf ihn und bemerkte, dass er nervös wirkte. Für einen Moment überlegte ich mir, ob ich lügen sollte, wie ich das normalerweise bei solchen Fragen tat. Doch falls es jemals einen guten Zeitpunkt gab, es zu riskieren und die Wahrheit zu sagen, so schien mir jetzt die beste Möglichkeit zu sein.
    »Geister. Ich sehe Geister«, erwiderte ich. »Überall zeigt sich die Erinnerung der Stadt.«
    Neugierig sah er mich an. »Die Erinnerung der Stadt? Das klingt aber eigenartig.«
    »Ich kann es nicht anders ausdrücken. Die Wesen, die ich sehe, wissen nicht, dass wir da sind. Sie ähneln mehr Aufzeichnungen als lebendigen Kreaturen. Es gibt unendlich viele. Schichten über Schichten. Hier muss einmal sehr viel los gewesen sein. Ich habe das Gefühl, dass dieser Ort früher besonders beliebt war.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Dieser Teil der Stadt wurde wesentlich später erbaut als einige Gegenden um den Pioneer Square. Ich glaube, dass hier das Feuer ausgebrochen ist.«
    »Hm.«
    Ich tauchte erneut ins Grau und ließ es über mir zusammenschlagen. Nun sah ich wieder die flirrenden Bilder der ursprünglichen Gebäude. Doch diesmal legte sich eine tobende, prasselnde Feuerwand darüber und verschlang die hölzerne Stadt und viele ihrer Bewohner. Dann erblickte
ich die Zeit danach. Nun entstanden Gebäude aus Ziegeln und Stein. Hierher kamen Menschen, die schon seit vielen Generationen tot waren, zum Einkaufen, besuchten einander oder flanierten durch die Straßen. Nun sah ich nicht mehr die Unterschichten, wie sie mir auf der Occidental Avenue entgegengekommen waren, sondern eher eine gehobene Mittelschicht. Die Straßen und das Viertel hatten sich also eine Zeitlang verbessert, bevor sie im Untergrund der heutigen Stadt verschwunden waren.
    »Sollen wir weiter?«
    Meine Zehen waren durch die Kälte, die in meine Stiefel kroch, bereits ganz taub. Ich riss mich von der hypnotischen Macht der Geschichte los und sah Quinton an. »Ja, gerne. Die Geister werden sowieso nicht verschwinden, und vermutlich gibt es noch viele mehr. Für jetzt habe ich aber wirklich genug. Gehen wir.«
    Wir liefen den feuchten Korridor entlang und bogen um eine Ecke, wo wir auf eine niedrige Tür

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