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Underground

Titel: Underground Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Richardson
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stießen. Quinton stocherte eine Weile in dem Schloss herum und öffnete die Tür schließlich vorsichtig. Er sah sich noch einmal um, ehe er beiseitetrat und mich als Erste hindurchließ. Nun standen wir wieder oben auf der Straße. Das Wetter war so wenig einladend, dass sich kaum jemand freiwillig länger als nötig im Freien aufhielt. Niemand blickte aus McCormick & Schmick’s, als wir aus der Kellertür traten. Wir gingen zwischen dem alten und dem neuen Hauptpostamt hindurch und kehrten dann wieder auf den Pioneer Square zurück.

FÜNF
    D ie Straßen wirkten noch dunkler als zuvor, als wir in den alten Bereich der Stadt vordrangen. Unterhalb der Cherry Street wurden die Gassen enger. Hier hatten die Stadtplaner eine scharfe Kurve nach Norden und eine nach Süden eingeplant, anstatt wie sonst die Straße Richtung Nordwesten oder Südosten zu führen. Die Straßenführung entsprach an dieser Stelle dem Verlauf des Ufers. Cherry Street bildete die nördliche Grenzlinie der historischen Altstadt. Im Grau tummelten sich auch hier die Geister, und es herrschte eine seltsam angespannte Atmosphäre.
    »Lass uns mal nachsehen, wer gerade im BOLM ist«, schlug Quinton vor.
    Ich sah ihn überrascht an. »Wo?«, fragte ich.
    »In der Bread of Life Mission an der Ecke Main Street und First Avenue. Es ist das kleinste Obdachlosenheim von Seattle, wo auch nur Männer übernachten dürfen. Aber es liegt dem Pioneer Square am nächsten. Dahin ist Zip vorhin gegangen. Danach könnten wir auch noch bei der Union Gospel Mission vorbeischauen.«
    »Wenn die Männer in Obdachlosenheimen übernachten, verstehe ich nicht, wieso ein paar von ihnen umgebracht wurden. Vampire würden sich in diesen Heimen niemals blicken lassen«, gab ich zu bedenken.

    »Die Mordopfer haben auch nicht in Heimen übernachtet. Es gibt einige, die freiwillig nie in einem Haus schlafen würden oder bestimmte Gebäude meiden. Ein paar der Untergrundbewohner sind ziemlich seltsam, wenn es um solche Dinge geht. Andere wiederum lässt man gar nicht erst rein, und wieder andere versuchen es nicht einmal. Außerdem gibt es nie genügend freie Betten, selbst dann nicht, wenn die christlichen Obdachlosenheime wie das BOLM oder das UGM bei extrem kaltem Wetter auch noch ihre Kapellen öffnen. Normalerweise gibt es mehr Essen als Betten. Viele holen sich also nur ihre Ration ab und bekommen vielleicht eine Decke, ehe sie wieder verschwinden und draußen nach einer passenden Schlafgelegenheit suchen. Natürlich sind die Betten fast jede Nacht belegt. Dann schlafen viele auf irgendwelchen Treppen, unter Hauseingängen oder auch in Kellern, wenn sie da hineinkommen. Dort hat man auch die Leichen gefunden. Ganz in der Nähe der Zugänge zum Untergrund.«
    »Und du glaubst also, dass sich die Verschwundenen auch in den Untergrundtunneln oder in der Nähe solcher Zugänge befunden haben?«, wollte ich wissen.
    »Ja, das glaube ich, auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin. Wir sollten uns umhören. Vielleicht erfahren wir ja etwas.«
    Obwohl die Temperatur inzwischen unter den Nullpunkt gefallen war, wartete noch immer eine Schlange auf dem Bürgersteig vor der Bread of Life Mission. Die meisten der Wartenden waren Männer oder sahen zumindest auf den ersten Blick so aus. Im Vorübergehen war es schwierig, zu sagen, wer sich unter den vielen Schichten von Klamotten verbarg, die jeder der Obdachlosen trug. Quinton entschuldigte sich für einen Moment und ging zum Anfang
der Schlange, wo er mit einem Mann sprach, der unter der Tür des Heims stand. Als er zu mir zurückkehrte, schüttelte er den Kopf.
    »Er will uns nicht reinlassen. Wir müssen mit den Leuten hier in der Schlange sprechen und versuchen, die anderen ein andermal zu erreichen.«
    Wir begannen am Anfang der Schlange. Dort entdeckten wir Zip, der einer Frau zuhörte und dabei immer wieder nickte. Sie war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, schien Mitte vierzig, hispanischen Ursprungs und ausgesprochen drahtig zu sein. Sie sah wie einer jener Menschen aus, die den Großteil ihres Lebens mit körperlicher Arbeit verbracht haben. Ihre Kleidung wirkte sauber und relativ neu. Eine Wollmütze bedeckte den Großteil ihrer dunklen Haare. Auf die starken Gerüche, die sie umgaben, schien sie nicht zu achten, während es mich verblüffte, dass die Männer selbst in einer solchen Kälte noch derart streng rochen.
    »… am Mittwoch«, sagte sie gerade, als wir näher kamen. »Und du kommst diesmal auch, Zip.«
    Zip

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