Undines Rache
zischelte Mrs. Gumm, der es gar nicht gefiel, daß wir unsere Scherze trieben. Sie hatte angehalten, saß in der Hocke und deutete mit dem ausgestreckten Zeigefinger über sich.
Wir nickten, dann drehten wiruns, damit wir uns mit der Frontseite zum Haus hin hochschieben konnten.
»Achtung – jetzt!« wisperte ich.
Zugleich drückten Bill und ich uns hoch. Wir überstürzten beide nichts, ließen uns Zeit und hofften, daß niemand ausgerechnet in diesem Augenblick, wo wir in das Restaurant hineinblickten, in unsere Richtung schaute.
Die Haare, die Stirn, dann die Augen erschienen in doppelter Ausführung im unteren Sichtbereich der Scheibe. Im ersten Augenblick wurde ich von dem hellen Licht im Raum geblendet. Bill erging es ebenso, und wir zwinkerten gemeinsam.
Dann schauten wir hin.
Und wir staunten.
Es war alles so, wie es uns Mrs. Gumm erzählt hatte. Die Freunde des Wassers hockten sich an einem langen Tisch gegenüber. Nur einer hatte seinen Platz an der Stirnseite eingenommen, es war der Anführer Justus Fontain. Allerdings waren zwei Stühle leer geblieben. Für diese Männer war bereits gedeckt worden, so daß der Salat verwelken würde.
›Suppe‹ war ihnen gar nicht erst serviert worden. Aber in den anderen Tellern schimmerte sie. Vielleicht etwas gelblich, das aber brauchte nicht zu sein, es konnte auch an den Lichtverhältnissen liegen.
Was sollte ich dazu sagen? Auch wenn ich alle Register gezogen hätte und krumme Wege gegangen wäre, eine Straftat jedenfalls war diesen Menschen nicht nachzuweisen. Da hatten sich elf Männer zusammengefunden, um ein gemeinsames Mahl einzunehmen, allerdings hatten sie noch nicht mit dem Essen begonnen. Ein jeder saß in einer meditativ ruhigen Haltung vor seinem Teller und schaute auf ihn und das dreiteilige Besteck, das den Teller von drei Seiten umrahmte. Auch den Salat hatte noch niemand angerührt. Mir kam es vor, als warteten sie auf das Zeichen ihres Anführers.
Justus Fontain redete. Wir konnten nichts verstehen, nur aufgrund seiner Mundbewegungen sahen wir, daß er sprach. Seine Haltung wirkte nicht so entspannt. Er hatte sich etwas nach vorn gebeugt, schaute einmal zu der rechten und abwechselnd zur linken Seite des Tisches hin, um seinen Worten durch Blicke mehr Bedeutung zu verleihen. Die Männer hörten ihm zu, sie aßen nicht, und für uns ergab sich hoffentlich die Chance, eine bessere Position einzunehmen.
Als ich mich wieder nach unten bewegte, reagierte auch der Reporter. Dann knieten wir unter der Fensterbank und berieten flüsternd. »Viel haben wir nicht herausgefunden«, sagte ich. Dabei schaute ich Gunda Gumm an. »Sie haben gesagt, daß wir eventuell verstehen können, was sie sagen.«
»Ja, das stimmt.«
»Wo?«
Sie deutete mit dem Zeigefinger in die Höhe. »Haben Sie sich vielleicht die Decke angeschaut?«
»Nein«, sagte ich, auch Bill schüttelte den Kopf.
»Dort oben befindet sich ein schmaler Lüftungsschacht. Das Gitter davor hat den gleichen Anstrich wie die Decke, deshalb fällt es kaum auf, was auch Sinn der Sache ist. Ich denke, daß wir in dem Raum darüber eine Chance haben, etwas zu verstehen, vorausgesetzt, es wird laut genug gesprochen.«
Ich schaute Bill an. »Was meinst du?«
»Wenn es keine bessere Chance gibt, okay.«
Gunda Gumm sagte: »Es sei denn, Sie trauen sich, die Tür ein wenig zu öffnen, dann können sie sehen und hören.«
»Dafür wäre ich«, sagte Bill.
»Und du befürchtest wirklich nicht, gesehen zu werden.«
»Nein, wenn der Spalt schmal genug ist. Außerdem kann uns Mrs. Gumm dabei helfen.«
»Wieso ich?«
Bill gab keine Antwort. Er kroch aus den unmittelbaren Bereich des Fensters, stand auf und ging auf den Eingang zu. Wir folgten ihm. Erst in der kleinen Lobby rückte er mit seiner Ausrede heraus. »Wenn Sie etwas merken, ziehen wir uns rasch zurück und lassen Mrs. Gumm an der Tür. Sie können ja so tun, als hätten sie vorgehabt, den Gästen etwas zu bringen. Oder den Anführer ans Telefon zu holen.«
»Na, Sie haben Nerven. Das habe ich noch nie getan. Wer soll ihn auch anrufen?«
»Was weiß ich.« Bill hob die Schultern. »Es ist nur für den Notfall gedacht, es wird auch ein getürkter Anruf sein. Wenn er den Hörer nimmt, ist die Verbindung unterbrochen, und Sie können sich das alles nicht erklären.«
»Sie wissen, was Sie da verlangen, Mister?«
»Ja, aber wir garantieren Ihren Schutz, Mrs. Gumm.«
»Sind elf Männer nicht etwas viel für Sie?«
»Es kommt darauf
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