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Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Titel: Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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grinst. «Ich weiß nicht, ob ich das noch rechtzeitig geschafft hätte.»
    «Wir sind schuld.» Ich setze mich erschöpft auf den felsigen Grund dicht bei seinen Füßen. «Wir haben aufgehört zu reden.»
    «Stimmt.»
    Ich weiß nicht, was er gehört hat, was er gedacht hat.
    «Ich habe Durst», sage ich in dem Versuch, ein bisschen Zeit zu schinden, ehe ich mit einer Erklärung aufwarten muss.
    Er steckt das Bärenspray wieder in seinen Rucksack und holt eine Wasserflasche heraus, macht sie auf und kniet sich neben mich. Er hält mir die Flasche an die Lippen, sein Gesicht ist immer noch angespannt, seine Bewegungen sind so zittrig, dass mir Wasser das Kinn runterläuft.
    «Und du hast mich noch vor den Bären gewarnt», stammele ich, nachdem ich mühsam ein paar Schlucke Wasser getrunken habe. «Wir hatten Glück.»
    «Ja.» Er dreht sich um und schaut auf den Pfad, in die Richtung, in die der Bär verschwunden ist, dann sieht er wieder mich an. In seinem Blick liegt eine Frage, die ich nicht beantworten kann. «Wir hatten ziemliches Glück, stimmt schon.»

    Weiter reden wir nicht darüber. Wir wandern zurück und fahren zum Frühstück nach Jackson. Danach holen wir Tuckers Boot bei ihm zu Hause und verbringen den Nachmittag auf dem Snake River beim Angeln. Tucker fängt ein paar Fische und wirft sie wieder zurück. Dann beißt eine große Regenbogenforelle an, und wir beschließen, dass wir sie am Abend zusammen mit den Fischen, die er am Vortag geangelt hat, essen wollen. Erst als wir auf der Avery-Farm in der Küche stehen und Tucker mir zeigt, wie man einen Fisch ausnimmt, kommt er auf die Sache mit dem Bären zurück.
    «Was hast du heute gemacht, mit dem Bären, meine ich?», fragt er, als ich mit dem Fisch an der Spüle stehe und mir Mühe gebe, einen klaren Bauchschnitt, wie er ihn mir gezeigt hat, zustande zu bringen.
    «Das ist echt brutal», beschwere ich mich.
    Er dreht sich zu mir um und sieht mich an, sein Blick verhärtet sich, wie immer, wenn ich versuche, um etwas herumzureden. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Welche Möglichkeiten habe ich? Die Wahrheit? Das wäre ein Verstoß gegen die einzige strikte Regel, die meine Mutter mir je zum Thema Engelblut mit auf den Weg gegeben hat: Erzähl es den Menschen nicht, sie werden es nicht glauben, und wenn doch, werden sie nicht damit umgehen können. Und dann wäre da noch die Möglichkeit Nummer zwei: ihm eine lächerlich klingende Lüge aufzutischen.
    «Ich hab dem Bären was vorgesungen», wage ich einen Vorstoß.
    «Du hast mit ihm geredet.»
    «Ich habe irgendwie gesummt», sage ich langsam. «Das ist alles.»
    «Ich bin nicht blöd, weißt du», sagt er.
    «Ich weiß. Tuck …»
    Das Messer rutscht ab. Ich spüre, wie es in den fleischigen Handballen direkt unter dem Daumen gleitet und Haut und Muskel durchtrennt. Sofort kommt ein Riesenschwall Blut. Instinktiv schließe ich die Finger um die klaffende Schnittwunde.
    «Also, wer hatte die brillante Idee, mir ein Messer in die Hand zu geben?»
    «Das ist ein böser Schnitt. Hier.» Tucker biegt meine Finger zurück und presst ein Küchentuch auf die Wunde. «Fest drücken», kommandiert er und lässt los. Er sprintet aus dem Zimmer. Einen Moment lang drücke ich fest, wie er gesagt hat, doch die Blutung ist schon zum Stillstand gekommen. Auf einmal fühle ich mich ganz seltsam, wieder irgendwie benebelt. Mir ist schwindlig, und ich lehne mich an die Küchentheke. In meiner Hand pocht es, dann schießt mir ein Schwall Hitze wie eine Flamme vom Ellbogen bis in die Spitze meines kleinen Fingers. Ich stöhne Und ich kann tatsächlich fühlen, wie sich die klaffende Wunde schließt und das Gewebe in meiner Hand zusammenwächst.
    Mama hatte recht. Meine Kräfte nehmen zu.
    Nach einer Weile verebbt das Gefühl. Ich ziehe das Küchentuch zurück und untersuche meine Hand. Inzwischen ist nur noch ein oberflächlicher Schnitt zu sehen, kaum mehr als ein kleiner Kratzer. Der Selbstheilungsprozess scheint beendet. Sanft bewege ich die Finger vor und zurück.
    Tucker kommt mit einer Tube Wunddesinfektionssalbe und genug Verbandszeug, um eine kleine Armee zu verarzten. Er lässt alles auf die Theke fallen und kommt schnell rüber zu mir. Ich ziehe mir das Küchentuch fest über die Handfläche und halte mir die Hand schützend vor die Brust.
    «Alles in Ordnung», sage ich schnell.
    «Lass mich mal sehen», verlangt er. Er streckt die Hand aus.
    «Nein, nein, es ist wirklich schon wieder gut. Es ist nur

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