Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)
wird noch ganz heiß von der Wärme seines Körpers sein. Und irgendwie löst sich dann meine Zunge, und ich werde etwas unglaublich Witziges sagen. Und er wird endlich sehen, wie ich wirklich bin.
Es ist kein unfehlbarer Plan, aber der beste, auf den ich so kurzfristig komme.
Das Lokal ist brechend voll. Ich entdecke Christian ganz hinten, mit fünf weiteren Leuten in eine Nische gequetscht. Da ist definitiv kein Platz mehr für mich, und ich habe auch nicht die Chance, lässig vorbeizuschlendern, ohne meine Absichten erbärmlich deutlich zu erkennen zu geben.
Vorn in der Ecke neben den Spielautomaten finde ich ein winziges Tischchen. Ich setze mich so, dass ich Christian und seinen Freunden den Rücken zuwende; sie sollen mein Gesicht nicht sehen, aber sie werden mich unfehlbar an meinem orangefarbenen Haar erkennen, wenn sie auch nur einen flüchtigen Blick auf mich werfen. Ich muss mir einen neuen Plan ausdenken.
Ich warte auf jemanden, der meine Bestellung aufnimmt, da springen Christian und die beiden anderen Jungs an seinem Tisch auf und laufen wie kleine Kinder aus der Nische auf die Spielautomaten zu. Plötzlich habe ich einen direkten Blick auf sie, wie sie sich um einen Flipperautomaten aufstellen.
Christian, der in der Mitte steht, wirft seine Vierteldollarmünzen ein. Ich beobachte ihn, wie er sich beim Spielen an den Automaten lehnt, die kräftigen Augenbrauen schieben sich vor Konzentration zusammen, seine Hände schlagen schnell gegen die Seiten der Maschine. Er trägt ein langärmeliges T-Shirt in Marineblau mit der Aufschrift Was ist dein Zeichen ? in weißen Lettern; dann ist da noch ein weißer Streifen quer über die Brust mit einem schwarzen Karo, einem blauen Quadrat und einem grünen Kreis. Ich habe keine Ahnung, was das bedeuten soll.
«O Mann.» Die anderen Typen grunzen wie zwei verständnisvolle Höhlenmenschen, als Christian die Kugel offenbar an den Flippern vorbei aus dem Spiel raussausen lässt, nicht einmal, sondern zwei- oder dreimal. Flippern ist definitiv nicht seine Stärke.
«Mensch, Alter, was ist denn heute bloß los mit dir?», fragt der Junge aus meinem Englischkurs, ich glaube, er heißt Shawn, der mit der ungesunden Leidenschaft für sein Snowboard. «Du bist raus, Alter. Wo sind denn deine blitzschnellen Reflexe geblieben?»
Im ersten Augenblick antwortet Christian nicht – er spielt immer noch. Dann stöhnt er und dreht sich weg von dem Automaten.
«He, ich hab im Moment ganz schön viel um die Ohren», sagt er.
«Ja, zum Beispiel Hühnersuppe für die arme kleine Kay kochen», witzelt der andere.
Christian schüttelt den Kopf. «Du kannst dich ruhig lustig machen, aber Frauen lieben Suppe. Mehr noch als Blumen. Glaub mir.»
Ich will mir ein Herz fassen, zu ihm hingehen und mit ihm reden. In Kalifornien wussten alle, dass ich eine ziemlich gute Flipperspielerin bin. Ich werde auf cool machen und zeigen, dass ich ein Ass im Videospiel bin. Das ist hundertmal besser, als wie ein verlorenes Hundebaby an seinem Tisch aufzutauchen. Das ist meine Chance.
«He», sagt da Shawn, als ich gerade aufstehen und rübergehen will. «Ist das nicht Bozo?»
Wer?
«Was?», fragt Christian. «Wer ist Bozo?»
«Du weißt schon, die Neue. Die aus Kalifornien.»
Wirklich traurig ist, dass ich eine Weile brauche, ehe ich kapiere, dass er über mich spricht. Manchmal ist es echt Scheiße, ein übernatürlich gutes Gehör zu haben.
«Eh, Alter, die starrt dich an», sagt Shawn.
Schnell gucke ich weg, und der Name setzt sich in meiner Magengrube fest wie feuchter Zement. Bozo . Wie Bozo, der Clown mit der orangefarbenen Perücke. Wie Clara mit den orangefarbenen Haaren, die für den Rest ihres Lebens nicht mehr ihr Gesicht (oder die Haare) in der Öffentlichkeit zeigen kann.
Und es kommt noch heftiger.
«Die hat riesige Augen, was? Wie eine Eule», sagt der andere. «He, vielleicht verfolgt sie dich ja, Prescott, wie so eine Stalkerin. Ich meine, die ist ja irgendwie heiß, aber sie hat auch etwas Irres, meint ihr nicht?»
Shawn lacht. «Heiß? Mensch, Alter: Brennender Bozo. Einen besseren Spitznamen gibt’s gar nicht.»
Ich weiß, er will mir all das nicht direkt ins Gesicht sagen; er nimmt einfach nur an – und das zu Recht –, dass ich ihn vom anderen Ende des Lokals und bei all dem Lärm nicht hören kann. Aber ich höre alles, was er sagt, so laut, als spräche er in ein Mikrophon. Ein Strom intensiver Hitze schießt mir vom Kopf bis in die Zehen. Mein Magen
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