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Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition)

Titel: Unearthly. Dunkle Flammen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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und dann bringe ich dich heim.»
    «Ich bringe Clara nach Hause», sagt Tucker, der die ganze Zeit neben mir gestanden hatte.
    «Nein, ich bin doch gleich wieder da», protestiert Christian und richtet sich gerade auf.
    «Der Ball ist in zehn Minuten aus», sagt Tucker. «Soll sie etwa auf dem Parkplatz auf dich warten?»
    Ich komme mir vor wie Cinderella, die mit einem Kürbis und ein paar Mäusen mitten auf der Straße sitzt, während der Traumprinz davoneilt, um eine andere zu retten.
    Christian ist sein schlechtes Gewissen anzusehen, er sieht krank aus.
    «Na, geh schon und fahr Kay nach Hause», sage ich und ersticke fast an den Worten. «Wenn Tucker so nett ist und mich nach Hause bringt.»
    «Ist das wirklich okay für dich?»
    «Klar. Ich muss vor Mitternacht zu Hause sein, schon vergessen?»
    «Das mache ich wieder gut», sagt er.
    Ich könnte schwören, dass Tucker in dem Moment die Augen verdreht.
    «Okay.» Ich sehe Tucker an. «Könnten wir dann jetzt gehen?»
    «Aber klar doch.»
    Ich suche Wendy und Angela, um mich zu verabschieden, dann warte ich am Ausgang, bis Tucker seine Begleiterinnen zusammengetrommelt hat. Sie werfen mir irgendwie mitleidige Blicke zu, und einen Moment lang verabscheue ich Christian Prescott beinah. Eng aneinandergedrängt sitzen wir in Tuckers rostigem Pick-up, vier Mädchen im Ballkleid, in die kleine Fahrerkabine gequetscht. Zuerst setzt er die Blondine ab, denn die wohnt in Jackson. Dann die Rothaarige. Dann die Brünette.
    «Tschüss, Brüderchen», sagt sie, als sie aus dem Truck aussteigt.
    Jetzt sind nur noch er und ich übrig. Es ist ganz ruhig geworden, als er raus zur Spring Creek Road fährt.
    «Also … ‹Brüderchen›, was?», ziehe ich ihn nach einer Weile auf, denn ich kann das Schweigen nicht mehr ertragen. «Was sollte das denn?»
    «Na ja», sagt er und schüttelt den Kopf, als wunderte er sich selbst darüber. «Früher haben die mich in der Schule Bruder Tuck genannt, wie den Mönch aus den Robin-Hood-Geschichten. Daher das ‹Brüderchen›. Aber meine Freunde nennen mich ‹Tuck›.»
    Als wir bei uns zu Hause vorfahren, bin ich schon eine Viertelstunde zu spät. Ich mache die Autotür auf und sehe ihn an. «Könntest du … könntest du so nett sein und dieses Debakel in der Schule keinem erzählen?»
    «Da sind jetzt schon alle im Bilde», sagt er. «So ist das nun mal an der Jackson Hole High, da weiß jeder alles von jedem.»
    Ich seufze.
    «Mach dir deswegen keine Sorgen», meint er.
    «Schon klar, bis Montag haben die das vergessen, oder?»
    «Genau», sagt er. Keine Ahnung, ob er sich nur über mich lustig macht oder nicht.
    «Danke fürs Nachhausefahren», sage ich. «Brüderchen.»
    Er stöhnt auf, dann grinst er. «War mir ein Vergnügen.»
    Er ist ein seltsamer Typ. Von Minute zu Minute seltsamer.
    «Bis dann.» Ich klettere aus dem Pick-up, schlage die Tür zu und gehe aufs Haus zu.
    «He, Karotte», ruft er plötzlich.
    Ich drehe mich zu ihm um. «Wir zwei würden uns vermutlich viel besser verstehen, wenn du aufhören würdest, mich so zu nennen.»
    «Du magst das doch.»
    «Nein, mag ich nicht.»
    «Was findest du eigentlich an einem Typen wie Christian Prescott?», fragt er.
    «Ich weiß nicht», antworte ich müde. «Wolltest du sonst noch was?»
    Sein Grübchen zeigt sich. «Nein», sagt er.
    «Na dann gute Nacht.»
    «Gute Nacht», entgegnet er, und dann fährt er in die Dunkelheit hinein.
    Das Licht auf der Veranda geht an, als ich die Stufen zum Haus hinaufgehe. Mama steht in der Tür.
    «Das war nicht Christian», sagt sie.
    «Tolle Beobachtungsgabe, Mutter.»
    «Was ist passiert?»
    «Er ist nun mal in eine andere verliebt», sage ich und ziehe mir den silberfarbenen Lorbeer aus dem Haar.

    Später, in der dunkelsten Stunde der Nacht, verwandelt sich meine Vision in einen Albtraum. Ich bin in dem Wald. Ich werde beobachtet. Ich spüre die Bernsteinaugen des Schwarzflügels auf mir. Dann hält er mich am Boden fest, presst mich auf die kalte Erde, sein Körper löscht jegliches Licht. Kiefernnadeln stechen mich in den Rücken. Ich schreie und schlage wild mit den Armen um mich. Mit der einen Hand streife ich seinen Flügel und reiße ihm eine Handvoll schwarzer Federn aus. In meiner Hand zerfallen sie. Immer weiter ziehe ich an den Flügeln des Engels, jede Feder ist Teil des Bösen in ihm, bis er sich plötzlich in einer schweren Rauchwolke auflöst. Hustend und keuchend bleibe ich im Dreck zurück.
    Ruckartig werde ich wach,

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