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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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Augenblick, dann habe ich sie entdeckt: ein Mädchen im Western-Outfit, weiße Bluse mit Sternen auf der Schulter, weiße Jeans mit Fransen, weiße Stiefel. Eine Kaskade langen roten Haars ergießt sich in vollendeten Wellen über ihren Rücken. Sie schenkt Tucker einen Blick mit einem gewissen Leuchten, das mir sofort den Magen umdreht.
    Ich habe das Gefühl, dass ich sie kennen sollte. Da ist etwas Vertrautes an ihr – natürlich, sie muss auf unsere Schule gehen –, und dann kommt schlagartig die Erkenntnis. Es ist Allison Lowell. Eines von den Mädchen, die Tucker vergangenes Jahr zum Abschlussball begleitet hat. Sie saß direkt neben mir, als er uns alle an dem Abend nach Hause gefahren hat, eine zierliche Rothaarige in marineblauem Kleid.
    Tu es nicht, Clara , sage ich mir. Lies nicht ihre Gedanken.
    Aber ich tue es. Ich reiße die innere Mauer ein, nur ein klein wenig, und schicke meine Gedanken in ihre Richtung. Ich fühle, was sie fühlt. Und es gefällt mir nicht.
    Denn auch sie findet ihn attraktiv. Seinetwegen sind ihre Handflächen verschwitzt, und seinetwegen hat sie dieses fürchterliche Quieken in der Stimme. Er ist immer so nett zu ihr. Wirklich nett, was bei einem so tollen Typen sehr selten ist, wie sie weiß. Er scheint nicht einmal zu ahnen, wie heiß er ist. Sie denkt daran, wie sie mit ihm getanzt hat, denkt an seine rauen, schwieligen Handflächen, als er beim Twostep ihre Hand gehalten und die andere Hand auf ihrer Hüfte hatte. Damals fürchtete sie, vor Glück zu platzen. Seine Augen so blau wie Kornblumen. Sein Name, den sie in der Spanischstunde an den Heftrand schrieb. Eine Million Dinge möchte sie ihm sagen.
    Me gustas. Du gefällst mir.
    Aber sie weiß, es ist nur ein Traum. Er hat sie nie angesehen. Er sieht sie auch jetzt nicht hier stehen. Wenn er sie doch nur sehen würde, und die Sehnsucht, die Begierde, die sie durchströmt, verursacht mir körperlichen Schmerz. Wenn er doch nur seine Augen aufmachen würde.
    «Zeig’s ihnen, Tuck!», schreit sie und jubelt ihm zu.
    Ich mache ein paar Schritte zurück; mir dreht sich alles, mir ist schwindlig. Ich denke an die Scherze, die Tucker und ich über sie gemacht haben, über die kleine Allison Lowell. Und die ganze Zeit über war sie total verknallt in ihn.
    Eingehend mustere ich sie noch einmal. Am auffälligsten ist das rote Haar, ein natürliches, glänzendes Kupferrot, nicht wie der orangefarbene Albtraum, den ich letztes Jahr zur Schau getragen habe, sondern wie die Farbe eines ganz neuen Pennys. Sie ist gertenschlank, aber ich erahne ihre Muskeln, die sie regelmäßigem Training an frischer Luft verdankt. Sie ist kräftiger, als sie wirkt. Ihr Teint ist blass und milchig, mit vereinzelten Sommersprossen, und es steht ihr. Korallenrote Lippen. Ausdrucksvolle braune Augen.
    Sie ist hübsch.
    Und sie ist ein Rodeo-Fan. Und sie ist von hier, will vielleicht auch am liebsten in der Nähe bleiben. Sie ist ein klasse Mädchen. Eine Rothaarige. Er mag Rothaarige. Und sie mag ihn.
    Wäre ich vergangenen Winter nicht auf die Schule gekommen, hätte er vielleicht nur sie an dem Abend in ihrem Abschlussballkleid gesehen. Sie hätten geredet. Am Ende hätte er sie dann vielleicht Karotte genannt.
    Sie ist wie die gesunde Alternative zu mir.
    Ich bekomme keine Luft mehr. Ich gehe zum Ausgang. Jetzt verwirrter denn je.
    Als ich mir meinen Weg durch die Menge bahne, drehe ich mich ein letztes Mal zu Tucker um, der jetzt wieder auf Midas sitzt, und ich erkenne kaum seinen Kopf, seinen Hut, seine ernsthaften Augen, als er das Pferd aus der Arena lenkt, ehe ich mich umdrehe und endgültig gehe.

    An dem Abend kuschele ich mich neben Mama in ihr Bett, und wir sehen Familienvideos an. Ab und zu kommt Papa herein, und mit diesem halb traurigen Gesichtsausdruck schaut er mit uns zusammen, sieht den Beweis für alles, was er versäumt hat. Dann geht er wieder hinaus. Ich weiß nicht, wohin er geht, wenn er das Haus verlässt. Er ist einfach weg.
    Auf dem Video, das wir jetzt sehen, sind wir am Strand. Ich bin etwa vierzehn. Das muss kurz vor dem Tag gewesen sein, als Mama mich zum Buzzards Roost brachte und mir von den Engeln erzählte. Ich bin wie alle Mädchen in dem Alter, laufe am Strand lang, beobachte die attraktiven Surfer. Irgendwie peinlich, wie auffällig mein Benehmen ist, wenn süße Jungs in der Nähe sind. Ich versuche, mich cool und gelassen zu geben, werfe den Kopf in den Nacken, um mein Haar zu zeigen, bewege mich mit der Grazie

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