Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
sich mit der Hand durchs Haar, atmet tief aus. «Aber den Verdacht hatte ich schon seit dem Waldbrand.»
Ich starre ihn an. Wie konnte er wissen, dass ich ein Triplar bin, ehe ich es ihm erzählt habe?
«Ich habe es nie einem Menschen erzählt», sagt er. «Mein Onkel hat es mir wieder und immer wieder eingehämmert: Niemand darf es wissen. Niemand. Auch kein anderes Engelblut. Vor allem kein anderes Engelblut, um ganz genau zu sein. Er sagt, es gibt keinen, wirklich keinen Einzigen, verstehst du, dem wir trauen können.»
Der Griff seiner Hand wird fester.
«Aber er irrt sich», sagt er heftig. «Auch wenn du sagst, du kannst schlecht Geheimnisse bewahren. Dabei hast du Tucker nichts erzählt, als du dachtest, er würde sterben. Dazu brauchte es Stärke. Du bist so stark, Clara, stärker, als du überhaupt ahnst. Du bist fantastisch. Du bist wunderschön und mutig und sarkastisch und witzig, und ich glaube …» Er holt tief Luft. «Meine Visionen zeigen mir, wieder und immer wieder, dass ich dir vertrauen kann. Ich kann dir vertrauen.»
Etwas an seinem Gesichtsausdruck verändert sich. Gleich wird er es mir sagen. Gleich schießt er alle Vorsicht in den Wind und rückt damit heraus.
«Meine Mutter war ein Dimidius. Sie war wunderschön, so unglaublich schön, dass es einem manchmal fast weh tat, sie anzuschauen. Wie bei dir. Und vor knapp zwanzig Jahren wurde sie von einem Wächter verführt, der sich mit den schönsten Engelblutwesen auf der Welt vereinen wollte. Und so bin ich entstanden.»
In diesem Jahr sind eine ganze Menge Bomben auf mich abgeworfen worden; so viele Enthüllungen haben mir beinahe den Verstand aus dem Hirn geblasen, dass ich finde, es müsste für ein ganzes Leben genügen. Aber nichts davon war auch nur annähernd so wie das hier, wie Christian, der mit grüngolden schimmernden Augen auf mich herabsieht, mit diesen Augen seiner wunderschönen Mutter, und der mir sagt, dass sein Vater ein Schwarzflügel war.
«Du bist auch ein Triplar», flüstere ich.
«Ja.» In seiner Stimme schwingt Erleichterung. «Und siehst du denn nicht, was das bedeutet?»
Er spricht es nicht aus, aber ich weiß es. Wir gehören zusammen. Wir sind zwei von derselben Sorte, noch dazu von einer höchst seltenen Sorte. Dazu bestimmt, übereinander zu wachen, dazu bestimmt, uns die Hand zu reichen und Seite an Seite zu marschieren, durchs Feuer, durch den Tod, dazu bestimmt, über uns zu wachen, uns zu beschützen und …
Ich fühle mich, als fiele ich aus großer Höhe hinab, als stürzte ich auf die Erde, aber gleichzeitig in einen tiefen Tümpel und würde nun verzweifelt kämpfend versuchen, an die Oberfläche zu kommen, während meine Lungen vor Luftmangel zu platzen drohen.
Er zieht mich hoch. «Zuerst war ich mir nicht sicher, wie ich darüber denken soll. Ich wollte einfach nicht in eine bestimmte Richtung gedrängt werden, verstehst du? Ich wollte das ganz allein entscheiden. Aber immer wenn ich in deiner Nähe bin, fühlt es sich richtig an», sagt er. «Ich fühle mich stärker. Sogar mutiger. Ich spüre den Glanz in mir, spüre diese Kraft, die sich in mir regt. Ich fühle mich, als könnte ich alles schaffen, allem die Stirn bieten. Zusammen mit dir.»
Ich wünschte, er würde aufhören zu reden. Ich wünschte, der Wald würde aufhören, sich um mich zu drehen, wünschte, ich könnte in diesem Moment meinen Körper verlassen und mich selbst fragen: Also, Clara, wie denkst du darüber?
Aber ich weiß es nicht.
Ich liebe Tucker, denke ich.
Sein Blick wird nüchtern. «Ich weiß.»
«Ach ja?»
«Ich habe Kay geliebt. Was immer das über mich sagt, ich habe sie geliebt. Zum Teil tue ich das immer noch. Mein Onkel sagt, das kommt daher, dass sie meine erste Liebe war. Er sagt, über unsere erste Liebe kommen wir irgendwie nie richtig hinweg.»
Genau. Aber Tucker ist nicht nur einfach meine erste Liebe. Er ist meine aktuelle Liebe.
«Ich musste wählen», sagt Christian. «Letztes Jahr, als ich allmählich begriff, dass meine Vision mehr ist als nur die Suche nach einem geheimnisvollen Mädchen und deren Rettung.» Einer seiner Mundwinkel zuckt kurz nach oben. Ich. Sein geheimnisvolles Mädchen. «Als mir die Vision zeigte, wie es kommen sollte, die Art, wie wir uns an den Händen hielten und … berührten, und wie ich mich in dem Moment fühlte, da wusste ich, dass ich wählen musste. Es wäre Kay gegenüber nicht fair gewesen. Also habe ich mit ihr Schluss gemacht.»
Einen Moment lang
Weitere Kostenlose Bücher