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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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Glanz», antwortet sie. «Da sehen wir uns wieder. Im Licht.»
    Ich weine, und sie legt den Arm um mich, küsst mich auf den Kopf. «Mein liebes süßes Mädchen. So vieles nimmst du auf dich. Du empfindest so tief. Aber du wirst glücklich sein, mein Schatz. Du wirst leuchten.»
    Ich nicke, wische mir über die Augen. Ich glaube ihr. Dann platze ich mit dem Ersten heraus, was mir in den Sinn kommt.
    «Mama, wirst du mir je von deiner Aufgabe erzählen?»
    Sie lehnt sich zurück, sieht mich nachdenklich an. «Meine Aufgabe bist du.»

    An dem Abend erzählt sie mir eine weitere Geschichte, eine andere Version von dem, was sie mir und Jeffrey schon einmal erzählt hat, und zwar von dem Tag des Erdbebens. Erzählt, was sie vorher nicht erwähnt hat.
    Dass sie nämlich, als sie Papa sah, als er sie aus den Trümmern hob, die einmal ihr Zimmer gewesen waren, als er sie in den Himmel trug, ihn erkannte.
    «Ich hatte von ihm geträumt», sagt sie.
    «Worum ging es in dem Traum?» Ich sitze im Schneidersitz am Fußende des Bettes, damit ich ihr ins Gesicht sehen kann, während sie mit mir redet.
    «Um einen Kuss», gesteht sie.
    «Einen Kuss?» In mir regt sich das schlechte Gewissen, allein schon beim Klang dieses Wortes. Allein bei der Erinnerung an Christians Lippen auf meinen.
    «Ja. In dem Traum habe ich ihn geküsst. Er stand an einem Strand.» Ihr Blick geht zum Fernseher, zum glitzernden, wogenden Wasser. «Ich ging zu ihm, nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn. Kein Wort fiel zwischen uns. Es gab nur den Kuss.»
    «Boah», keuche ich. Wie romantisch. «Also als du ihn nach dem Erdbeben sahst, hast du in ihm den Typen erkannt, den du geküsst hast.»
    «Ja.»
    «Und was war dann?»
    Sie lacht leichthin, beinahe ein Kichern. «Ich habe mich sofort mächtig in ihn verknallt. Ich war schließlich sechzehn und er …»
    «Die Schönheit in Person», spreche ich den Satz zu Ende, wobei ich ein bisschen verlegen bin, denn schließlich sprechen wir hier über meinen Vater.
    «Er war hinreißend, o ja, das war er.»
    «Und was weiter?»
    «Er blieb drei Tage bei uns nach dem Erdbeben, im Golden Gate Park, und am letzten Abend habe ich versucht, ihn zu verführen.»
    «Und …»
    «Er wollte nichts davon wissen. Er wies mich zurück, ziemlich grob, wie ich dachte. Und am nächsten Morgen war er verschwunden. Drei Jahre habe ich ihn dann nicht mehr gesehen.»
    «Oh, Mama …»
    «Du musst mich nicht bemitleiden», erinnert sie mich mit leisem Lächeln. «Am Ende hat es dann ja doch geklappt. Ich habe ihn mir geschnappt.»
    «Aber was ist passiert, als du ihn wiedergesehen hast? Ich wette, das war peinlich.»
    «Ach, zu dem Zeitpunkt hatte ich entschieden, dass ich ihn gar nicht wollte.»
    Mir bleibt der Mund offen stehen. «Du wolltest ihn nicht? Wieso denn nicht?»
    «Aus vielerlei Gründen. Ich wusste inzwischen, was er ist. Ich wusste, er würde mich heiraten wollen, und wenn mir auch nicht alle Folgen davon klar waren, wusste ich doch, dass es nie eine normale Ehe würde. Ich glaube, ich wollte gar nicht heiraten. Ich wollte nicht, dass andere über mein Leben entscheiden. Das war vermutlich der wichtigste Grund. Als ich ihn dann also wiedersah, habe ich ihm unmissverständlich klargemacht, dass ich nicht interessiert sei.»
    «Wie hat er das aufgenommen?» Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwer meinem Vater irgendwas abschlägt.
    «Er hat mich ausgelacht. Was nicht gerade hilfreich war. Und er ist einfach geblieben. Oft habe ich seine Nähe gespürt, auch wenn manchmal Jahre vergingen, in denen er sich nicht gezeigt hat.»
    «Aber was war mit deiner Vision?»
    «Die hatte ich immer wieder.»
    «Und du hast deine Aufgabe einfach ignoriert?»
    «O nein», sagt sie ernst. «Ich habe mehr getan, als sie nur zu ignorieren. Ich habe sie bekämpft. Ich habe mit jedem bisschen Kraft, das ich in mir hatte, Widerstand geleistet. Ich hatte nicht die Absicht, die Kontrolle über mein Leben an einen anderen abzugeben.»
    «Wie lange hat das gedauert?», frage ich außer Atem.
    «Ach, sechzig Jahre, mehr oder weniger.»
    «Sechzig Jahre.» Ich betätige mich mal wieder als Clara, der Papagei. Vielleicht ist mein eigentlicher Platz auf der Schulter eines Piraten. «Deshalb hast du mir also nie davon erzählt. Ganz zu schweigen davon, dass du verheimlichen wolltest, dass Papa ein Intangere ist. Wenn du mir gesagt hättest, dass du gegen deine Aufgabe angekämpft hast, statt sie hinter dich zu bringen, wie ich das

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