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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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immer angenommen habe, hätte mich das womöglich dazu gebracht, auch gegen meine Aufgabe anzukämpfen.»
    «Genau», sagt sie. «Nur dass du auch so gegen deine Aufgabe angekämpft hast. Ich schätze, der Apfel fällt eben nicht weit vom Stamm.»
    «Und das haben sie dir durchgehen lassen? Ich meine, die im Himmel.»
    «Das haben sie mir durchgehen lassen. Ich hatte schließlich einen freien Willen, und von dem habe ich ordentlich Gebrauch gemacht.»
    «Was hast du getan?»
    Sie seufzt. Eine Art Schatten legt sich über ihre Augen. Ich spüre einen Hauch Bedauern. Ganz offensichtlich war dieser Teil ihres Lebens nicht gerade ihre Lieblingszeit.
    «Ich habe Fehler gemacht», gesteht sie. «Einen und noch einen und noch einen. Ein ganzes Universum an Kränkungen habe ich auf mich geladen. Ich habe mich durchs Leben gehangelt. Habe Menschen verletzt, sogar Menschen, die ich liebte. Und war eine Expertin darin, mich selbst zu belügen. Ich habe gelitten, manchmal auf geradezu unvorstellbare Weise. Und ich habe gelernt.»
    Ich starre sie an. «Hast du geglaubt, du würdest bestraft? Weil du deine Aufgabe nicht erfüllt hast?»
    Sie sieht mir in die Augen. «Du wirst nicht bestraft, Clara. Aber ja, es war manchmal furchtbar, und es hat sich wie eine Bestrafung angefühlt. So etwas würde ich mir für dich niemals wünschen. Aber eines darfst du nicht vergessen. Am Ende ist doch alles so gekommen, wie es kommen sollte. Dieser Kuss am Strand ist schließlich passiert.»
    «Wieso hast du deine Meinung geändert?», frage ich, aber als ich die ruhige Gewissheit in ihrem Blick sehe, glaube ich die Antwort schon zu ahnen.
    «Ich sah allmählich über den Kuss hinaus», antwortet sie. «Und ich sah dich. Und Jeffrey. Und ich bekam eine Ahnung von dieser glücklichen Zeit.»
    Wieder schaut sie zum Fernseher hin. Inzwischen ist eine andere Szene zu sehen. Jetzt sind wir auf der Strandpromenade in Santa Cruz. Ich esse Zuckerwatte, beschwere mich darüber, dass sie so klebrig ist, lecke mir die Finger. Mama will auch mal probieren, und die Kamera stürzt sich auf die Zuckerwatte. Ich erkenne einen Teil ihres Gesichts, die Nase, das Kinn, die Lippen, als sie ein Stück abbeißt.
    «Mhm, lecker», höre ich sie sagen, und für die Kamera leckt sie sich die Lippen.
    Die vierzehnjährige Clara verdreht die Augen. Aber sie lächelt. Weiter hinten ruft Jeffrey: «Guck mal. Guck mal her, Mama!» Ich kann kaum glauben, dass seine Stimme je so hoch war.
    Die Kamera fängt Jeffrey ein, der auf der Strandpromenade neben dem Hau-den-Lukas steht. Er ist zwölf, dürr wie nur was, wie ein Storch, der die Baseballkappe eines Riesen trägt. Seine Silberaugen leuchten vor Aufregung. Er grinst uns zu, hebt den Gummihammer und lässt ihn wuchtig niedersausen. Ein Ball schießt von der Plattform hoch und bringt ganz oben eine Glocke zum Klingeln. Lichter blitzen auf. Musik ertönt.
    Mein kleiner Bruder hat gerade beim Hau-den-Lukas den Hauptpreis gewonnen.
    Der Typ, dem die Bude gehört, schaut total verblüfft und argwöhnisch drein, als müsste Jeffrey irgendwie betrogen haben. Aber er reicht den riesigen Teddy rüber, den Jeffrey sich aussucht.
    «Hier, Clara», quiekt Jeffrey und rennt mit stolzgeschwellter Brust auf uns zu. «Den hab ich für dich gewonnen.»
    «Toll gemacht, mein Kleiner!», sagt Mama hinter der Kamera. «Ich bin ja so stolz auf dich!»
    «Ich bin klein, aber ich bin stark», prahlt Jeffrey. Bescheidenheit ist noch nie seine Stärke gewesen. «Ich bin Mr Superheld!»
    «Wie hast du das gemacht?» Die jüngere Clara scheint genauso verblüfft zu sein wie der Budenbesitzer, als sie den riesigen schwarz-weißen Teddy in Empfang nimmt. Den habe ich immer noch. Er sitzt auf dem obersten Regal in meinem Kleiderschrank. Ich habe ihn Mr Superheld genannt, hatte aber inzwischen vergessen, wieso.
    «Soll ich das noch mal machen?», fragt Jeffrey.
    «Das reicht jetzt, Partner», sagt Mama sanft. «Wir sollten den anderen Leuten auch noch eine Chance lassen. Außerdem wollen wir doch nicht herumprahlen.»
    Die Kamera fährt nach oben, als sie ihn umarmt, fährt hoch in den blauen, wolkenlosen Himmel. Einen kurzen Moment ebbt der Lärm der Strandpromenade ab, und man hört die Brandung und das Kreischen der Seemöwen. Dann ist nichts mehr zu sehen. Ende der glücklichen Zeit.
    Ich drehe mich zu Mama um. Sie hat die Augen geschlossen und atmet ruhig und regelmäßig. Sie schläft tief und fest.
    Ich lege die Decke um sie. Dann küsse ich sie

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