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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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ich um mich herum praktisch nichts zur Kenntnis genommen habe.»
    Sie nimmt einen Schluck Tee. Dann sagt sie: «Und? Jetzt genug im Selbstmitleid geschwelgt?»
    «Ja, ich denke schon.»
    «Ausgezeichnet. Es ist nämlich alles andere als bekömmlich, sich zu lange darin zu suhlen. Es ist schlecht für den Teint.»
    Ich schneide eine Grimasse.
    «Du hast einen großen Vorteil, wenn du nach Stanford willst.»
    «Ach ja? Und welchen?»
    «Deine Großmutter war dort, und zufällig spendet sie dem College jedes Jahr eine beträchtliche Summe.»
    Ich starre sie an. Meine Großmutter. Ich habe keine Großmutter. Mamas Mutter ist so etwa 1890 im Kindbett gestorben.
    «Du meinst Dads Mutter?» Über Dads Mutter habe ich nie auch nur ein Sterbenswörtchen gehört. Meine Eltern haben nie viel über ihre Familie erzählt.
    «Nein», erwidert Mama, und ein angedeutetes wissendes Lächeln stiehlt sich in ihr Gesicht. «Ich meine mich . 1967 habe ich in Stanford meinen Abschluss in Geschichte gemacht. Damals hieß ich Margot Whitfield. Und das ist, jedenfalls auf allen offiziellen Dokumenten, der Name deiner Großmutter.»
    «Margot Whitfield», wiederhole ich.
    «Jawohl, das bin ich.»
    Ungläubig schüttele ich den Kopf. «Weißt du, manchmal habe ich das Gefühl, ich kenne dich überhaupt nicht.»
    «Das tust du auch nicht», gibt sie leichthin zu, was mich völlig aus der Bahn wirft. «Wenn man so lange auf der Welt ist wie ich, hat man mehrere unterschiedliche Leben gelebt, und mit jedem Leben ist man in gewisser Weise auch ein anderer Mensch. Eine andere Version seiner Persönlichkeit. Also ist Margot Whitfield für dich natürlich eine Fremde.»
    Sofort bin ich in Gedanken bei Samjeeza und der Art, wie er Mama Meg nennt, bei dem Bild, das er in seiner Vorstellung von ihr hat, diesem süffisant lächelnden Mädchen mit dem kurzen braunen Haar. Das für mich eine Fremde ist.
    «Und wie war sie denn nun, diese Margot Whitfield?», frage ich. «Schöner Name übrigens. Margot.»
    «Sie war ein Freigeist», antwortet Mama. «Fast so was wie ein Hippie, muss ich zugeben.»
    Vor meinem geistigen Auge sehe ich sofort das Bild meiner Mutter in einem dieser Polyesterkleider, dazu eine winzige Sonnenbrille und Gänseblümchen im Haar, wie sie sich in Woodstock im Takt der Musik bewegt, wie sie gegen den Krieg protestiert.
    «Dann hast du wohl auch Drogen genommen?»
    «Nein», erklärt sie ein bisschen aus der Defensive heraus. «Stimmt schon, ich hatte meine rebellische Phase, Clara. Aber das war nicht in den sechziger Jahren. Eher in den Zwanzigern.»
    «Wieso warst du dann ein Hippie, wenn du damals nicht rebellisch warst?»
    Sie zögert. «Ich tat mich schwer mit dem Konformismus in den Fünfzigern.»
    «Und wie war dein Name in den Fünfzigern?»
    «Marge», sagt sie lachend. «Aber ich war nie die typische Hausfrau der fünfziger Jahre.»
    «Weil du nicht verheiratet warst.»
    «Genau.» Das hatte sie mir mal erzählt. Anfangs hatte ich befürchtet, dass sie schon ein paar Mal verheiratet war – bei ihrem Alter nicht ganz unwahrscheinlich – und dass sie ziemlich viele Kinder hätte, aber sie hat mir versichert, dass das nicht der Fall sei.
    «Und hast du mal daran gedacht zu heiraten?» Das habe ich sie bisher noch nie gefragt. Aber in letzter Zeit ist sie ziemlich gesprächig gewesen, also versuche ich mein Glück.
    Einen Moment lang schließt sie die Augen, holt dann tief Luft. «Ja.»
    «Wann?»
    Sie sieht mich an. «In den Fünfzigern. Aber jetzt bitte wieder zurück zu Margot Whitfield.»
    Ich nicke. «Du bist also Stanford-Absolventin. Wie oft warst du denn insgesamt auf der Uni?»
    «Lass mal sehen», erwidert sie, offensichtlich erleichtert, dass wir nicht mehr über die fünfziger Jahre reden und bei einer Zeit angekommen sind, die ihr nicht unangenehm ist. «Viermal. Ich habe Krankenpflege, Geschichte, Internationale Beziehungen und Informatik studiert.»
    Das lasse ich einen Moment lang sacken. «Internationale Beziehungen?»
    «Ich würde dir ja davon erzählen, aber dann müsste ich dich umbringen.»
    «Jetzt sag bloß nicht, du bist Spionin gewesen?»
    Sie lächelt ausweichend.
    «Deshalb erklärst du mir also andauernd, dass ich mir wegen der College-Frage keine Sorgen machen soll. Wenn man viele hundert Jahre alt wird, kann man alles werden, was einen interessiert.»
    «Wenn man ein langes Leben hat», sagt sie, «kann man vieles machen. Du hast Zeit. Aber wenn du mit Angela nach Stanford gehen willst, glaube

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