Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
marschiert sie mit weit ausholenden Schritten barfuß übers Gras. «Na, kommt schon», ruft sie nach hinten zu uns herüber. «Die wollen euch alle unbedingt kennenlernen.»
Wir lassen unsere Rucksäcke am Rand der Grasfläche und machen uns zögerlich auf den Weg über die Wiese. Einige lassen stehen und liegen, was sie gerade tun, und sehen uns an.
«Was soll das hier?», fragt Jeffrey, immer noch verwirrt, hinter mir.
Mama ist schon bei Billy, die meiner Mutter die Arme um den Hals wirft, als seien sie alte Freundinnen. Dann drehen die beiden sich um und kommen auf uns zu, und als diese Billy nahe genug herangekommen ist, umarmt sie auch mich, drückt mich mit verblüffender Kraft wie eine riesige Bärin.
«Clara!», ruft sie. «Ich fasse es nicht. Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, warst du gerade mal so groß wie ein Grashüpfer.»
«Äh, ja, hallo», sage ich unbeholfen in ihr Haar hinein, das nach Wildblumen und Leder duftet. «Ich kann mich gar nicht erinnern …»
«Oh, natürlich nicht», sagt sie lachend. «Da warst du ja auch noch ganz winzig.» Sie blickt über meine Schulter. «Und das ist Jeffrey. Lieber Gott im Himmel. Du bist ja schon ein richtiger Mann.»
Jeffrey erwidert darauf nichts, aber mir ist klar, dass er hocherfreut ist über diese Bemerkung.
«Und ich möchte euch hiermit Wilma Fairweather vorstellen», verkündet meine Mutter förmlich.
Wilma zwinkert uns zu. «Billy», verbessert sie meine Mutter.
«Und das ist Angela Zerbino», erklärt Mama.
Billy nickt und mustert Angela so intensiv, dass Angela tatsächlich rot wird. «Das Pink Garter , stimmt’s?»
«Äh, ja», antwortet Angela.
«Herzlich willkommen! Habt ihr Hunger?»
Wir sehen uns an. Essen ist nun wirklich das Letzte, woran wir gerade denken.
«Natürlich habt ihr Hunger», sagt Billy. «Geht doch rüber und holt euch was, ja?» Sie deutet zu einer Stelle, an der eine Rauchfahne aufsteigt über etwas, das wie ein großer Steingrill aussieht. «Corbett macht die besten Burger, ehrlich, so gut, dass ich ein paar Mal im Jahr richtig Lust auf Fleisch habe.» Wieder lacht sie. «Esst erst mal was, dann könnt ihr eure Zelte aufbauen. Am besten ganz in meiner Nähe.» Sie hakt meine Mutter unter. «Endlich hast du dich mal durchgerungen, sie herzubringen, Mags. Ich bin stolz auf dich. Auch wenn ich ahne, was das zu bedeuten hat …»
«Bill», sagt meine Mutter mit warnendem Unterton und sieht mich an. Dann besinnt sie sich anders und lächelt Billy an. «Wir zwei haben tausend Dinge zu bereden.» Und damit gehen die beiden weg, und wir stehen da und starren ihnen hinterher.
Dann gehen wir rüber zum Grill. Und als wir ankommen, stehen wir einem weißhaarigen Typen mit langem Pferdeschwanz gegenüber, der den Grill bedient; er trägt ein Hawaii-Hemd mit großem Blumenmuster, Khakishorts und Flipflops. Wie ein Profi wendet er das Fleisch auf dem Rost.
«Was darf’s denn sein, meine jungen Freunde?», ruft er, ohne sich die Mühe zu machen, sich umzudrehen. «Cheeseburger oder normal?»
«Cheeseburger», meint Jeffrey, der niemals nein sagt, wenn es ums Essen geht. «Zwei für mich.»
«Bitte sehr, bitte gleich», sagt der Typ, und dann dreht er sich um und zwinkert uns zu. «Und du, Clara?»
Es ist Mr Phibbs. Mein Englischlehrer. Mr Phibbs in Flipflops. Ich glaube, ich drehe durch.
«Wohl ein kleiner Schreck, was?», sagt er gutgelaunt beim Blick in unsere Gesichter, als wäre ihm eben erst in den Sinn gekommen, dass sein Anblick hier uns überraschen könnte. «Wir haben entschieden, dass es wohl das Beste für euch ist, wenn ihr es jetzt erst erfahrt.»
«Wer hat das entschieden?», muss ich einfach fragen.
«Deine Mutter vor allem», antwortet er. «Aber wir alle waren uns darin einig.»
«Sie wussten die ganze Zeit über uns Bescheid?», bringt Angela heraus.
Er schnaubt verächtlich, der seltsamste Laut, den ich je von ihm gehört habe. «Aber natürlich. Deshalb bin ich ja hier. Ihr jungen Leute braucht schließlich jemanden, der ein Auge auf euch hat.»
Pfeifend wendet er sich wieder dem Grill zu und serviert jedem von uns zwei Hamburger, die wir mit Kartoffelchips und Obstsalat auf Papptellern vor uns her balancieren wie beim Picknick am 4. Juli zur Feier des Unabhängigkeitstages. Noch ganz benommen, setzen wir uns ins Gras und essen. Ich stelle fest, dass ich total ausgehungert bin. Und das Essen ist fantastisch.
«O mein Gott», meint Angela, als sie endlich einmal lang genug mit
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