Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
Kauen aufhören kann, um etwas zu sagen. «Das ist echt cool. Nie im Leben hätte ich vermutet, dass es eine Gruppe gibt. Die Kongregation.» Sie spricht das Wort aus, als wollte sie es sich auf der Zunge zergehen lassen, wie ein Wort, dem mächtige Zauber innewohnen. «Ich muss unbedingt noch mal mit Billy reden. Die scheint echt klasse zu sein. Heiliger Strohsack», ruft sie und deutet quer über die Wiese. «Das ist doch Jay Hooper, ihr wisst schon, der Geschäftsführer von der Rodeo-Arena in Jackson.»
«Sind das alles hier Leute aus Jackson?»
«Wohl eher nicht», sagt sie. «Ein paar schon. Ich fasse es einfach nicht, dass ich mein ganzes Leben schon hier wohne und überhaupt keine Ahnung hatte. Ob es so was wohl in allen großen Städten gibt oder nur in Jackson? Ich habe da diese Theorie, dass sich Engelblutwesen von den Bergen angezogen fühlen, hab ich euch das schon mal erzählt? Mann, da ist ja Mary Thorton. Boah, die hätte ich nun wirklich nicht für ein Engelblut gehalten.»
Verständnislos starre ich sie an.
«Tja, man kann wohl nie wissen», sagt Angela und sieht sich immer weiter um. «Ach, da ist ja auch Walter Prescott. Dem gehört die Bank.»
«Walter Prescott?» Ich wirbele herum und gucke in die Richtung, in die sie schaut. «Wo?»
«Der Blonde vor dem großen grünen Zelt.»
Ich entdecke ihn, einen großen hellhaarigen Mann, der gerade Feuer macht. Vom Aussehen her hätte ich ihn nie im Leben für Christians Onkel gehalten, vor allem weil sein Haar so flachsblond ist, dass es beinahe weiß aussieht und absolut keine Ähnlichkeit mit Christians dunklem, üppigem Haarschopf hat.
«Ob wir hier wohl auch Christian treffen werden?», fragt Angela.
In dem Moment weiß ich, dass er da ist. Ich spüre ihn.
«Da ist er.» Angela deutet auf ein paar Jungs, die gerade ein Motorboot auf einem Anhänger zum See ziehen. «Christian!», brüllt sie unvermittelt. Sie legt die Hände wie einen Trichter um den Mund und versucht es noch einmal in voller Lautstärke. «Christian Prescott, bitte melden!»
Erschreckend, aber wirksam. Beim Klang seines Namens dreht sich Christian um. Sieht uns. Dann kommt er quer übers Gras auf uns zu. Er trägt hochgekrempelte Jeans und ein T-Shirt, keine Schuhe, was hier auf der Wiese üblich zu sein scheint. Er wirkt entspannt, die Hände hat er in den Hosentaschen, und er scheint es nicht sonderlich eilig zu haben, zu uns zu kommen.
«He, Christian», ruft einer von den Jungs am See. «Ich dachte, wir wollten Wasserski fahren?»
«Später vielleicht», ruft er zurück und winkt. Er bleibt vor uns stehen. «Hallo, Clara. Angela.» Kurz fällt sein Blick auf Angela, ehe er wieder mich ansieht. «Ist Jeffrey auch hier?»
Ich sehe mich um, entdecke Jeffrey aber nicht.
«Ja, wir sind vollzählig erschienen», sagt Angela. «Der Engelclub ist angekommen. Ist das nicht irre?»
«Klar. Irre. Nehme ich an.» Er zuckt mit den Schultern.
«Jetzt sag bloß, das hier ist alles gar nicht neu für dich. Du wusstest schon lange Bescheid, oder?», fragt Angela.
Er schnappt sich einen Kartoffelchip von ihrem Teller und wirft ihn sich in den Mund, dann lässt er ihn laut im Mund zerkrachen.
Angela funkelt ihn wütend an, dann schnieft sie und stapft über die Wiese zu Billy und Mama.
Christian sieht mich fragend an. «Was hab ich denn gemacht?»
«O Mann», sage ich lächelnd. «Da hast du dir einen ganz schönen Ärger eingehandelt.»
Später beobachten wir den spektakulärsten Sonnenuntergang, der sich mir je außerhalb eines Kinos geboten hat, und danach hilft mir Christian mit dem Zelt, das ich mir heute Nacht mit Angela teilen soll. Wie nicht anders zu erwarten, ist Angela nirgends zu sehen. Sie hat sich nicht einmal ihren Rucksack vom Wiesenrand geholt. Christian und ich schleppen beide Rucksäcke zum Zeltplatz, suchen uns eine geeignete Stelle und machen uns eifrig an die Arbeit. Wir müssen uns beeilen, denn bald wird es zu dunkel sein, um noch etwas aufzubauen, aber es ist im Grunde kein Problem. Christian scheint so einen Zeltaufbau schon hundertmal bewerkstelligt zu haben.
Er schlägt die Heringe fest ein, der letzte Schritt beim Aufbau, und da frage ich ihn: «Also, wie lange weißt du schon Bescheid. Wie lange kennst du diesen Platz schon?»
Er macht sich über einen anderen Hering her. «Letzten Mai hat mein Onkel mich zum ersten Mal mitgenommen. Das alles hier hat mich auch mächtig überrascht, das kannst du mir glauben. Vorher hatte ich keine
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