Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
andere Seite es tun kann. Erzählen ihnen davon, wer und was sie sind. Helfen ihnen.»
«Und wir folgen unserer Aufgabe», fügt Mama hinzu und sieht mich endlich an. «So leisten wir unseren Beitrag. Wir finden heraus, was wir tun sollen, und dann tun wir es.»
Interessant.
Trotzdem bin ich immer noch fest entschlossen, meine Aufgabe nicht anzunehmen, wenn das bedeutet, dass Tucker sterben muss.
Auf einmal steht Walter Prescott uns gegenüber auf. «Jetzt haben wir genug geredet», sagt er. «Ich denke, es ist an der Zeit für ein paar S’more Cookies. Wer will was?»
Ich schaue zu Christian. Wie ein Friedensangebot hält er in der einen Hand einen Beutel mit Marshmallows und in der anderen einen Beutel mit Schokoladentäfelchen. Er lächelt.
«Ich, auf jeden Fall», sagt Jeffrey. Der typischen Campingspezialität aus gerösteten Marshmallows und Schokolade zwischen zwei Keksen hat er noch nie widerstehen können.
Und hier haben wir, sehr geehrte Damen und Herren, wieder einmal meinen Bruder und seinen unersättlichen Appetit.
Alle essen. Angela wirkt niedergeschlagen, weil das Gespräch über die Schwarzflügel nun offenbar beendet ist, aber ein paar Minuten später ist sie darüber hinweg, denn mit einem leuchtenden Glanz in den goldenen Augen und einem breiten Lächeln auf dem Gesicht lauscht sie weiteren Geschichten. Sie schwebt auf Wolke sieben und sonnt sich in diesem Gemeinschaftsgefühl, das sie nie vorher gekannt hat. Sogar Jeffrey hat seinen Spaß. Eben noch hat er mit einigen anderen Engelblutleuten Fußball gespielt, ein richtiges Spiel, bei dem er sich nicht zurückhalten musste. Man sieht ihm seine tiefe Zufriedenheit an; sein sehnlichster Wunsch scheint erfüllt, nämlich mit echten Sportlern zu spielen, gut zu essen und sich nicht verstellen zu müssen, sondern so sein zu dürfen, wie er wirklich ist.
Eigentlich sollte es mir genauso gehen, ich sollte mich amüsieren. Also wieso tue ich es dann nicht?
Wollen mal sehen , meldet sich die Stimme in meinem Kopf, also, du hast bei deiner Aufgabe versagt. Wie vielen Leuten hier ist das passiert? Und es sieht ganz so aus, als sollte dein Freund sterben. Und deine Mutter traut dir offenbar nicht von hier bis um die Ecke. Und du kennst diese Leute überhaupt nicht, aber sie gucken dich an, als würden sie dich wer weiß wie gut kennen.
«So, Mr Prescott», sagt Mr Phibbs, als wir alle unsere klebrigen, schokoladeverschmierten Marshmallows essen. Ich frage mich, ob ein Engelblut wohl wegen Überzuckerung ins Koma fallen kann.
«Ich?», fragt Christian. Er hat Schokolade am Kinn.
«Ja, Sie», sagt Mr Phibbs. «Sie sind unser jüngstes Mitglied, wie ich höre.»
«Ja, Sir», erwidert Christian, und dabei wird er richtig rot.
Du bist Mitglied? , frage ich ihn ungläubig in Gedanken.
Überrascht blinzelt er mich an, weil ich mit ihm in Gedanken kommuniziere. Dass es so einfach sein kann, zwischen uns, wo es mit allen anderen so schwer ist. Ja. Seit heute Vormittag.
Und wie genau wird man hier Mitglied?
Du gelobst, dem Licht zu dienen. Für das Gute zu kämpfen.
Hieß es nicht eben, ihr kämpft nicht?
Er übermittelt mir ein gedankliches Schulterzucken.
Und du hast das heute Vormittag gemacht?
Ja , sagt er unerschütterlich. Ich habe einen Eid abgelegt.
Und so folgt eine Enthüllung auf die andere.
«Wie ist das alles nur möglich?», frage ich Angela später, als wir uns im Schlafanzug in unsere Schlafsäcke gekuschelt haben. Wir haben den Reißverschluss des Zeltdachs aufgezogen, damit wir hochschauen und den sternenübersäten Himmel über uns sehen können. Es ist inzwischen etwas kühler, aber immer noch angenehm. Im Grunde bräuchten wir gar kein Zelt, jedenfalls nicht als Schutz vor dem Wetter, allerdings bietet es uns hier draußen auf der offenen Wiese, wo überall um uns herum kleine Feuer glimmen, eine gewisse Privatsphäre. Immer mal wieder trägt mir der Wind den Geruch von Schnee in die Nase, und das erinnert mich daran, dass wir in dieser verzauberten Oase mitten im Wald sind, dass überall sonst Winter herrscht und es nur hier Sommer ist.
«Ich glaube, wir sind hier wohl nicht mehr in Kansas, Toto», zitiere ich die kleine Dorothy aus dem Film Das zauberhafte Land , nachdem der Wirbelsturm sie samt Hund und Haus auf einen anderen Planeten getragen hat.
«Ja, das ist mir schon irgendwie klar, meinst du nicht?», erwidert Angela lachend. «Es ist Billy.»
«Wie meinst du das?» Ich drehe mich um und schaue sie
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