Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
Schultern und drückt sie fest an sich. «Wir sind zwei alte Schachteln.»
«Wenn ihr hättet fliegen können – ich meine, wenn nicht so viele andere Leute da gewesen wären und die euch gesehen hätten –, hätte das was gebracht?», meldet sich Angela zu Wort. «Können Schwarzflügel fliegen?»
Sofort werden alle ganz still, sind schnell völlig ernüchtert, und das einzige Geräusch, das noch zu hören ist, ist das Knistern des Lagerfeuers.
«Was denn?», fragt Angela und schaut in die Runde. «Das war doch bloß eine Frage.»
«Nein», antwortet meine Mutter schließlich. «Schwarzflügel können nicht fliegen.»
«Es sei denn, sie verwandeln sich in Vögel», greift Billy korrigierend ein. «Das habe ich schon gesehen.»
«Schwarzflügel können nur in eine Richtung, und zwar nach unten», sagt ein rothaariger Mann mit kurzem, gepflegtem Bart. Stephen, so hat meine Mutter ihn genannt, glaube ich. Er hat eine tiefe Stimme, wie einer von diesen Sprechern in Film-Trailern. Die Stimme des Schicksals.
Ich habe Gänsehaut am ganzen Körper.
«Aber doch nicht wortwörtlich nach unten, oder?», fragt Angela. «Denn die Hölle ist eine Dimension unterhalb unserer eigenen, aber doch nicht so eine Art bodenlose feurige Grube.»
«Stimmt», sagt Mama, was mich total umhaut. Wieso ist sie auf einmal so freigebig mit Informationen? Dann sage ich mir wieder einmal, dass das doch etwas Gutes ist, auch wenn mein Gehirn allmählich keinen Platz mehr hat für dieses ganze neue Zeug.
«Außerdem ist es kalt in der Hölle. Feurig ist da gar nichts. Endlose kalte Tage in der Hölle», sagt Billy.
«Und woher willst du das wissen, Bill?», fragt scherzhaft einer von der anderen Seite des Feuers.
«Kümmere dich um deinen eigenen Kram», fordert ihn Billy lächelnd auf.
«Aber jetzt mal ganz im Ernst», sagt Stephen, denn er ist ein sehr ernsthafter Mensch. «Keiner von uns war je in der Hölle, also können wir über die Temperatur nur spekulieren.»
Ich werfe Mama einen Blick zu, aber sie meidet den Augenkontakt zu mir. Also hat sie ihnen nicht von unserer fantastischen Reise in die Unterwelt mit Samjeeza erzählt, und wenn sie ihnen nichts erzählt hat, werde ich das ganz bestimmt auch nicht tun.
«Wieso?» Angela weiß einfach nicht, wann sie lieber den Mund halten sollte. «Wieso sind Sie noch nie in der Hölle gewesen?»
Man sollte meinen, die Antwort darauf würde lauten: Na, herzlichen Dank aber auch, wir sind ja schließlich nicht die Bösen . Stattdessen sagt Stephen: «Weil wir aus eigener Kraft nicht zwischen den Dimensionen hin und her wechseln können. Dabei müsste uns ein Intangere helfen, und bisher ist noch kein Engelblut, das von einem Schwarzflügel in die Hölle verschleppt wurde, wieder zurückgekehrt, um uns zu erzählen, wie es dort ist.»
Wieder sehe ich Mama an. Wieder sieht sie weg.
Vom Lagerfeuer kommt plötzlich ein lautes Knacken, das uns alle aufschrecken lässt.
«Du machst den Kindern Angst, Steve», meint Mama vorwurfsvoll.
«Wir sind keine Kinder», sagt Jeffrey. «Wir wollen alles wissen.»
Billy nickt. «Verständlich», sagt sie und wirft Mama einen bedeutungsvollen Blick zu. «Deshalb seid ihr ja hier. Weil ihr Antworten wollt.»
Ich bekomme eine Ahnung von dem, was Mama gerade fühlt. Resignation. Aber sie hat akzeptiert, dass es passieren wird, auch wenn es für uns so gefährlich ist. Bei dem Gedanken schlägt ihr Herz schneller, aber sie sitzt da und versucht, ganz ruhig zu atmen.
Ich nehme an, wir werden tatsächlich einige Antworten bekommen.
«Ihr kämpft also gegen Schwarzflügel?», frage ich. «Ist das Sinn und Zweck der Kongregation?»
«Nein.» Billy schüttelt den Kopf. «Wir kämpfen nicht gegen sie, jedenfalls nicht körperlich, es sei denn, es geht nicht anders. Wir würden verlieren, in neun von zehn Fällen, vielleicht auch in zehn von zehn Fällen. Unsere beste Verteidigung gegen Schwarzflügel besteht darin, dass wir unentdeckt bleiben. Und das ist uns auch weitgehend gelungen. Die meisten von uns hier haben nie einen Schwarzflügel zu Gesicht bekommen, und schon gar nicht haben sie gegen einen kämpfen müssen.»
«Also was macht ihr dann?», fragt Jeffrey fast schon ein bisschen streitlustig; es scheint ihn beinahe zu enttäuschen, dass er nicht Mann gegen Mann mit einem Schwarzflügel kämpfen wird. «Wenn ihr nicht gegen sie kämpft?»
«Wir spüren Wesen mit Engelblut auf», antwortet Mr Phibbs. «Nehmen Kontakt mit ihnen auf, ehe die
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