Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)
letzte Mal, dass ich dir irgendwas geglaubt habe», sage ich.
«Aber so über und über mit Schnee bedeckt siehst du zuckersüß aus.»
«Halt die Klappe und hilf mir, meinen Ski zu finden.»
Eine Weile suchen wir im tiefen Pulverschnee, finden meinen fehlenden Ski aber nicht. Nach zehn vergeblichen Minuten bin ich überzeugt davon, dass der Berg ihn gefressen hat.
«Herzlichen Dank auch, Christian.»
«Keine Sorge, der taucht schon wieder auf – irgendwann nächsten Sommer», sagt er kichernd.
Mit dem Schneeball, den ich nach ihm werfe, hat er nicht gerechnet. Er explodiert auf seiner Brust in winzige Pulverstückchen.
«He!», protestiert er und sieht an sich hinunter.
Ich werfe noch einen Schneeball nach ihm. Und der trifft ihn mitten am Kopf. Wusch. «Oh, tut mir leid, echt. Dahin hab ich nicht gezielt … auf deinen …» Meine Stimme wird schwächer, als er in aller Ruhe seine Skistöcke in den Schnee steckt, sich bückt und seine Skier aufmacht, die er dann ebenfalls aufrecht in den Schnee steckt. «Was machst du da?»
«Ich bereite mich vor», antwortet er.
«Auf was?»
«Auf das hier», sagt er, dann brüllt er und stürzt sich auf mich.
Ich schreie, als er mich hochhebt und dann in den Schnee wirft.
«Nicht in meine Jacke!», kreische ich, als er mir eine Handvoll Schnee in den Kragen stopft. Eiskaltes Wasser tröpfelt meinen Nacken hinunter. Ich greife ebenfalls eine Handvoll Schnee und reibe sie ihm ins Gesicht, schiebe seine Skibrille zurück, und dann nutze ich meine Engelkraft, um ihn von mir zu schleudern, drehe ihn auf den Rücken und setze mich rittlings über ihn. Vergeblich will er mich davon abhalten, aber ich schaffe es, auch seine Arme zu fixieren und ihm einige Klumpen Schnee hinten in seine Jacke zu schieben. Siegessicher heule ich auf.
«Ergib dich», sage ich lachend.
Er lächelt mich an. «Na gut», sagt er.
Oh.
Ich halte inne. Wir atmen beide schwer, Schnee hängt uns im Haar und schmilzt auf unserer Kleidung. Ich starre zu ihm hinunter. Um uns herum nichts als Schnee. Seine Augen sind randvoll mit goldener Wärme. Er lässt mich gewinnen. Er ist so stark wie ich, vielleicht noch stärker, aber er leistet keinen Widerstand mehr.
Kurz zieht er die Unterlippe ein, die denkbar schnellste, winzigste Bewegung, um sie zu befeuchten.
Ich müsste nur die Augen zumachen und loslassen.
Versuch es , sagt er ohne Worte, so sanft, dass es wie ein Federstrich in meinem Kopf ist. Lass uns herausfinden, was dann passiert.
Aber auch in ihm ist ein Zögern; das spüre ich.
Unbeholfen klettere ich von ihm runter und gebe mir alle Mühe, so zu tun, als wäre nicht beinahe passiert, was beinahe passiert ist. Er setzt sich auf und klopft sich den Schnee von den Schultern. Dann dröhnt plötzlich eine Stimme von der Hügelspitze zu uns herunter. Die Bergwacht. «Alles in Ordnung da unten?»
«Ja», ruft Christian zurück. «Uns geht’s gut.» Er sieht mich an, und auf einmal verändert sich sein Gesichtsausdruck. «Ich hab ihn», sagt er und greift neben sich in den Schnee. «Er war die ganze Zeit hier.»
«Wer?», frage ich verdutzt.
«Dein Ski.»
Das und noch etwas anderes.
«Sieht aus, als hättest du dich gut amüsiert», sagt Tucker, den ich mittags zufällig auf der Skihütte treffe. Ich fühle, dass mir die Röte in die Wangen steigt, und einen Moment lang kann ich kaum atmen, auch wenn ich versuche, ruhig zu bleiben. Christian ist zum Glück etwas zu essen holen gegangen.
«O ja, und wie», antworte ich schließlich. «Ich glaube, ich weiß jetzt ganz gut Bescheid. Auf den Skipisten, meine ich. Ich bin jetzt eindeutig blaues Quadrat. Aber wohl noch nicht schwarzes Karo.»
Er grinst. «Ich bin froh, dass du doch noch raufgekommen bist. Den teuren Saisonpass, den deine Mutter dir zu Weihnachten geschenkt hast, nutzt du kaum.» Das ist ein ernster Vorwurf, für ihn etwas besonders Schlimmes. Ein Saisonpass kostet über zweitausend Dollar. Wer ihn nicht benutzt, könnte genauso gut das Geld im Kamin verfeuern. Ein richtiges Verbrechen.
«Na ja, ich war in letzter Zeit irgendwie ziemlich beschäftigt.»
Sofort schaltet er um auf hilfreich bemühter Freund.
«Alles okay so weit?», fragt er. «Wie geht’s deiner Mutter?»
«Ganz gut. Ist nicht so leicht, das Ganze.»
«Wenn ich irgendwas tun kann, sag Bescheid», meint er. «Ich bin für dich da.»
«Danke.»
«Sollen wir nachher zusammen eine Abfahrt machen? Bis vier gebe ich den Kleinen Unterricht, aber dann können
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