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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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gäbe, einen über dem anderen, einen menschlichen Körper und irgendein anderes Wesen. Das hatte ich fast vergessen. «Menschen», sagt er und amüsiert sich köstlich.
    Ich schlucke so heftig, dass mir die Kehle weh tut, und vermeide es, zu Wendy zu sehen, die am Straßenrand liegt. Auch Tucker darf ich nicht ansehen; ich darf jetzt keine Angst um ihn haben. Ich muss stark sein. Eine Möglichkeit finden, uns hier wegzubringen. «Was willst du?», frage ich und muss mich zusammenreißen, damit meine Stimme nicht kippt.
    «Eine ausgezeichnete Frage, eine, die ich mir sehr lange schon stelle. Ich war wütend auf dich, kleiner Quartarius, seit du …» Er dreht den Kopf, hebt das Haar an und zeigt mir sein Ohr, das sogar im Dunkeln missgebildet aussieht. Es wächst nach, wie ich merke. Vergangenen Sommer habe ich es ihm abgerissen, als ich den Glanz in den Händen hatte, und nun wächst es nach.
    «Ich wollte nicht …», sage ich. «Ich hatte nicht vor …»
    Er macht eine wegwerfende Handbewegung in meine Richtung, dann wendet er mir wieder sein Gesicht zu. «Natürlich wolltest du. Aber das ist kein Grund, sich darüber aufzuregen.»
    «Wieso bist du hier?», frage ich. «Lass uns einfach schnell zu dem Teil kommen, ja? Wenn du mich vernichten willst, dann tu es jetzt.»
    «O nein», sagt er, als wäre allein die Idee schon eine Beleidigung für ihn, als ob er bei unserer letzten Begegnung nicht genau das versucht hätte. «Ich will mit dir reden. Ich habe dich beobachtet, und ich habe das Gefühl, dass du unglücklich bist, mein Liebes. In einem Zwiespalt steckst. Ich habe überlegt, ob ich dir vielleicht helfen kann.»
    «Du willst mir doch gar nicht helfen.»
    «O doch, das will ich», sagt er. «Ich finde dich sehr interessant, faszinierend sogar, seitdem ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Irgendetwas über dich verheimlicht dir deine Mutter, glaube ich.»
    «Über dich hat sie mir alles erzählt», sage ich.
    Seine Augenbrauen gehen in die Höhe. «Über mich? Alles? Tatsächlich. Na ja, sehr interessant, aber für dich nicht so wichtig. Mich interessiert viel mehr, was von dir erwartet wird. Deine Aufgabe. Deine Visionen. Deine Träume.»
    «Meine Aufgabe hat nichts mit dir zu tun.»
    Er schüttelt den Kopf. «Oder ist es etwas anderes?» Ich fühle, wie er mein Gehirn absucht. «Sie hat es dir nicht erzählt», sagt er enttäuscht. «Ich würde es an dir spüren, wenn du es wüsstest.»
    Das Blöde ist, dass ich neugierig bin. Ich würde zu gern wissen, wovon er spricht. Und das weiß er natürlich genau, und deshalb lächelt er, und ich spiele ihm auch noch in die Hände, denn anstatt zu überlegen, wie wir von ihm wegkommen können, denke ich nur an das, was er gesagt hat.
    Ich kann mich nicht beherrschen. «Was hat sie mir nicht erzählt?», frage ich.
    Er hält mir mein Handy hin. «Fragen wir sie doch einfach.»
    Tu was! Ich muss mir etwas einfallen lassen, den Glanz hervorbringen, was unter dem schweren Mantel seines Kummers, der mich umgibt, unmöglich scheint. Die Spinnweben in meinem Kopf wollen nicht weichen, sein Kummer überschattet alles.
    Denk nach.
    «Hast du etwa vor, mich als Geisel zu nehmen? Das wird meine Mutter ganz bestimmt irre romantisch finden.»
    Seine Miene verdüstert sich. «Zwing mich nicht dazu, etwas zu machen, was mir hinterher leidtut», sagt er und geht einen Schritt näher auf Tucker zu.
    Ich sehe Tucker in die Augen. Er schluckt, ein Reflex seines Adamsapfels. Er hat Angst. Samjeeza wird ihn töten, denke ich. Deshalb ist Tucker nicht auf dem Friedhof. Es wäre so einfach für Samjeeza – es würde nur einen Moment dauern, nicht mehr als eine Drehung seines Handgelenks erfordern. Wieso bin ich bloß so dumm? Wieso habe ich das nicht schon längst gesehen? So viele Monate habe ich damit verbracht zu überlegen, wie ich Tucker schützen kann, dann habe ich das alles aufgegeben, als ich die Sache mit meiner Mutter herausfand, und jetzt passiert so was.
    Ich wünschte, ich könnte Tucker sagen, wie leid es mir tut, dass ich ihn in mein verrücktes Leben hineingezogen habe.
    «Na los, ruf sie an», sagt Samjeeza.
    Ich nicke, dann gehe ich auf ihn zu, um das Handy zu holen, ein Schritt, dann noch einer. Ich versuche, den Kummer auszublenden, als ich plötzlich diesen unsichtbaren Radius um ihn herum erreiche, diese Blase aus Schmerz. Tränen brennen mir in den Augen. Ich blinzele sie fort. Geh weiter. Stell dich direkt vor ihn und schaue ihm in die Augen.
    Samjeeza legt

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