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Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition)

Titel: Unearthly. Heiliges Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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zwischen ihm und mir aufzubauen. Anfangs passiert gar nichts. Samjeezas Kummer strömt weiterhin in mich hinein und macht es mir schwer, überhaupt an irgendetwas zu denken. Doch langsam, aber sicher bekomme ich ein Gespür für die verschiedenen Arten, auf die ich mit dem Leben um mich herum verbunden bin, verbunden auch mit dieser Kraft in mir, die den himmlischen Glanz beherbergt, und als ich ihn in mir selbst erkenne, kann ich daran arbeiten, ihn auszusperren. Auf gewisse Weise ist es das Gegenteil davon, den Glanz hervorzubringen. Um den Glanz zu erzeugen, muss man die inneren Stimmen zum Schweigen bringen. Um ihn auszuschalten, muss man sich vollkommen seinen eigenen Gedanken hingeben. Es ist ganz schön harte Arbeit.
    Viel schlimmer wird alles noch, als sich Mama am Freitag hinlegt und nie wieder richtig aufsteht. Im Schlafanzug bleibt sie im Bett, und zurückgelehnt in die Kissen sieht sie aus wie eine Porzellanpuppe. Manchmal liest sie, aber meistens schläft sie, stundenlang, Tag und Nacht. Es kommt nur noch selten vor, dass man sie wach antrifft.
    Mitte der darauffolgenden Woche kommt Carolyn, eine Krankenschwester. Ich habe sie bereits auf den Treffen der Kongregation gesehen. Es schein ihre Spezialität zu sein, Wesen mit Engelblut am Ende ihres Lebens zu begleiten.
    «Ich will nicht, dass ihr euch Sorgen um irgendwelche Einzelheiten macht», sagt Mama eines Tages, als Jeffrey und ich ihr beide Gesellschaft leisten. «Billy wird sich um alles kümmern, okay? Ihr sollt nur füreinander da sein. So will ich es. Stützt euch gegenseitig. Helft euch da durch. Macht ihr das, ja?»
    «Okay», sage ich. Ich drehe mich um und schaue Jeffrey an.
    «Geht klar», flüstert er, und dann verlässt er das Zimmer.
    Die ganze Woche ist er in unserem Haus wie ein Tier im Käfig herumgetigert. Manchmal spüre ich seine Wut wie einen Hitzeschwall, seine Wut darüber, wie unfair das alles ist, dass Mama wegen einer blöden Regel sterben muss, dass unser Leben von einer Macht bestimmt wird, der es egal zu sein scheint, dass sie alles verdirbt. Er verabscheut seine eigene Machtlosigkeit. Und er verabscheut vor allem diese Isolation, die Tatsache, dass er im Haus bleiben, sich verstecken muss. Ich glaube, er würde viel lieber einfach rausgehen und Samjeeza gegenübertreten und alles hinter sich bringen.
    Mama seufzt. «Ich wünschte, er wäre nicht so wütend. Das wird es für ihn nur noch schlimmer machen.»
    Aber um ehrlich zu sein, auch mir macht die Isolation allmählich zu schaffen. Alles, was ich inzwischen noch habe, ist die Schule, wo mich Samjeezas Anwesenheit in ständiger Alarmbereitschaft hält, und unser Zuhause, wo der Gedanke, dass Mama bald sterben wird, ständig bei mir ist. Ich telefoniere mit Angela, aber wir haben beschlossen, dass es für sie das Beste ist, sich bedeckt zu halten, da sich Samjeeza ständig zeigt, er aber nichts von ihr weiß. Abgesehen davon ist sie eher in sich gekehrt, wirkt gekränkt, seit ich das mit dem Friedhof in Aspen Hill erzählt habe.
    «Ich hab da eine Theorie», sagt sie eines Abends am Telefon zu mir. «Über deinen Traum.»
    «Okay.»
    «Du denkst doch immer, dass Tucker nicht dort ist, muss bedeuten, dass er verletzt ist oder so was.»
    «Oder so was», erwidere ich. «Was willst du damit sagen?»
    «Was, wenn er deshalb nicht da ist, weil ihr euch getrennt habt?»
    Komisch, aber irgendwie ängstigt mich dieser Gedanke noch mehr als die Vorstellung, dass er verletzt ist. «Wieso sollten wir uns trennen?», frage ich.
    «Weil du mit Christian zusammen sein sollst», meint sie. «Vielleicht ist es das, was der Traum dir sagen will.»
    Er tut mir weh, dieser Gedanke. Ich weiß, ich könnte alles besser machen, wenn ich Tucker besuche, ihn von Angesicht zu Angesicht sehe, ihn küsse und ihm versichere, dass ich ihn liebe, ihn mich halten lasse, aber das traue ich mich nicht. Egal, was Angela denkt. Ich darf es nicht riskieren, ihn in Gefahr zu bringen. Noch einmal in Gefahr zu bringen.

    Ich bin oben und kümmere mich um die Wäsche, sortiere Weißwäsche und Dunkles, und ich kann an nichts anderes denken als an das, was Angela gesagt hat. Vielleicht trennen wir uns. Aber nicht weil ich mit Christian zusammen sein soll, denke ich da, sondern weil ich Tucker in Sicherheit wissen will. Ich will, dass er glücklich ist. Ich will, dass er ein normales Leben hat, und ich müsste schon ganz schön bescheuert sein, wenn ich so was für möglich hielte, solange er mit mir zusammen

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