Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)
an das er denken kann. «Ich freue mich, dass du jemanden gefunden hast. Ich hab mich ganz elend gefühlt, als …»
Jetzt breche ich mitten im Satz ab. Ich will ihn nicht an seine Ex erinnern oder an die schlimme Szene in der Cafeteria vergangenes Jahr, als er ihr vor der versammelten Schule den Laufpass gab. Kimber war offensichtlich nicht seine Seelenfreundin. Aber sie war niedlich. Ein nettes Mädchen, habe ich immer gedacht.
«Ich glaube, es war Kimber, die mir die Polizei auf den Hals gehetzt hat», sagt er. «Ich schätze, ich hätte ihr nicht erzählen dürfen, dass ich das Feuer gelegt habe.» Ich mache den Mund auf, um ihn mit Fragen zu bombardieren, aber er lässt mich nicht zu Wort kommen. «Nein, ich hab ihr nicht gesagt, was ich bin. Was wir sind. Ich hab ihr nur von dem Waldbrand erzählt.» Er schnaubt verächtlich. «Ich habe gedacht, dass sie unsere Trennung dann nicht so schwernimmt, mich für ein Arschloch hält.»
«O ja, das tut sie bestimmt. Da kannst du ganz sicher sein.»
Wir schweigen eine Weile, und dann fangen wir beide an, leise zu lachen.
«Ich war ein ziemlicher Idiot», gibt er zu.
«Na ja, wenn es ums andere Geschlecht geht, ist es schwer, einen klaren Kopf zu behalten. Zumindest geht es mir so.»
Er nickt, nimmt noch einen Schluck O-Saft. Mustert mich intensiv.
«Ich hab viel über Tucker nachgedacht», sagt Jeffrey dann, was mich total unerwartet trifft. «Das ist ihm gegenüber nicht fair gewesen, was da passiert ist. Ich habe etwas Geld gespart. Nicht viel, aber wenigstens etwas. Vielleicht könntest du es ihm geben, wenn ich genug zusammenhabe.»
Ich verstehe nicht ganz. «Jeffrey, ich …»
«Das soll für einen neuen Truck sein oder wenigstens für eine Anzahlung reichen. Einen neuen Anhänger, einen Sattel, Bäume, die er auf seinem Land pflanzen kann.» Er zuckt mit den Schultern. «Ich weiß ja nicht, was er braucht. Ich will ihm bloß irgendwas geben. Um wiedergutzumachen, was ich angerichtet habe.»
«Okay», sage ich, wenn ich auch nicht weiß, ob es mir möglich sein wird, ihm das Geld irgendwann zu geben. Vergangenen Abend lief es nicht gerade richtig gut zwischen Tucker und mir. Aber Tucker, so rufe ich mir ins Gedächtnis, hat jedes Recht der Welt, wütend auf mich zu sein. Und ich habe mich noch nicht einmal entschuldigt für das, was ich getan habe. Ich habe nicht versucht, irgendetwas wiedergutzumachen. «Ich glaube, das ist eine großartige Idee», sage ich zu Jeffrey.
«Danke», meint er, und ich sehe an seinem Gesichtsausdruck, dass er weiß, es ist längst nicht genug, nach allem, was er Tucker genommen hat, was wir ihm genommen haben, aber er weiß nicht, was er sonst tun soll.
Vielleicht ist mein Bruder ja doch ganz okay, irgendwie.
Nach dem Frühstück fahre ich voll mit Kohlehydraten und tiefschürfenden Gedanken sofort wieder nach Stanford zurück. Ich habe einen netten, ganz ruhigen Tag geplant, werde vielleicht ein Nickerchen machen, endlich eine Hausarbeit in Angriff nehmen, die ich die ganze Woche schon vor mir herschiebe. Aber als ich ins Wohnheim komme, laufe ich Amy über den Weg, und sie überredet mich zu einer Partie Tischhockey. Sie schimpft darüber, dass die Verwaltung die Vollmondparty im Innenhof untersagt hat – dabei haben sich bei Vollmond einige Studenten um Mitternacht getroffen und paarweise herumgeknutscht, während im Hintergrund eine Studentenband romantische Musik gemacht hat, eine zum Ritual gewordene und damit gesellschaftlich akzeptierte, gut ausgeleuchtete Knutsch- und Fummelveranstaltung; die Verwaltung hatte wohl Angst vor einer Massenepidemie.
«Aber wirklich verhindern können die es wohl nicht», sagt sie. «Ich meine, Vollmond wird es ja irgendwann wieder und der Innenhof ist auch noch da und wir haben immer noch einen Mund zum Küssen.»
Ich nicke und brummele zustimmend, dabei interessiert mich das Ganze nicht die Bohne. Ich denke immer noch über das Gespräch beim Frühstück nach: über Jeffrey mit ganz neuen Ansichten und einer neuen Liebe und einer neuen Vision.
«Na ja, jedenfalls finde ich, dass es ein ziemlich starkes Stück ist», sagt Amy. «Du nicht auch?»
«Äh … ja.»
«Er ist so viel älter als sie.»
Ich habe keine Ahnung, worüber sie redet. «Moment mal, wer ist älter?»
«Du weißt schon. Der Typ, mit dem Angela rummacht.»
Ich starre sie an. Der Puck fällt klappernd in mein Tor. « Was? Was denn für ein Typ?»
«Wie er heißt, hab ich vergessen, aber er ist auf jeden
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