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Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Unearthly. Himmelsbrand (German Edition)

Titel: Unearthly. Himmelsbrand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Hand
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jemand mich wie im Koma ins Gras hat fallen sehen, aber so wie es aussieht, ist niemand auf mich aufmerksam geworden. Ich reibe mir die Augen. Weine wieder. Gerate in Panik, mein Herz hämmert, meine Handflächen sind ganz verschwitzt, und es fühlt sich an, als hätte ich einen dicken Knoten im Magen.
    Ich muss herausfinden, was diese Vision bedeutet, ehe es mich in den Wahnsinn treibt.
    Ich hole mein Handy heraus und starre im Telefonverzeichnis lange Zeit auf Christians Namen, ehe ich seufze und das Handy wieder in den Rucksack stecke. Seit gut einem Monat hat Christian kaum zwei Worte mit mir gesprochen, nicht mal im Fechtkurs. Es ist sein verletzter Stolz. Ich verstehe das. Ich wäre auch wütend, hätte ich ihn küssen, ihm mein Herz öffnen wollen, und er hätte dabei an ein anderes Mädchen gedacht.
    Ich nehme mein Buch hoch, blättere zu der Seite, auf der ich war, ehe mein Geist einen Kurztrip in die Zukunft unternommen hat. Es ist ein Roman, eine dieser episch breiten Antiutopien, die neuerdings wieder so beliebt sind. Ich mag das Buch – es rückt die Dinge in die richtige Perspektive. Denn eines ist klar: Ich mag ja gelegentlich Untergangsvisionen, einen mysteriösen, seelenaufreibenden Schmerz im Herzen und Todesahnungen haben, aber immerhin durchstreife ich nicht die postapokalyptische Landschaft auf der Suche nach Schutz, und mein einziger Freund ist auch nicht ein dreiäugiger mutierter Hund, den ich später essen muss, um den nuklearen Winter zu überleben.
    Allerdings wäre ein mutierter Hund durchaus ein Fortschritt, verglichen mit meiner momentanen Freundeslage. Denn es ist ja nicht nur so, dass Christian nicht mehr mit mir spricht. Hinzu kommt, dass Jeffrey sich nicht gemeldet hat und Angela nur mit dem Versuch beschäftigt ist, ihre Aufgabe und ihr Alles-wird-gut-Treffen mit Phen in Einklang zu bringen, weshalb sie gar nicht mehr merkt, dass ich überhaupt noch am Leben bin. Amy und Robin sind total plemplem, seit sie herausgefunden haben, dass Angela schwanger ist, und wenn wir uns mal treffen, reden die beiden nur noch darüber, wie tragisch und überraschend es ist, dass Angela in diese Lage geraten konnte, und darüber, was sie denn jetzt wohl tun wird. Sogar Wan Chen ist irgendwie distanziert, seit sie es erfahren hat, als ob so etwas wie eine Schwangerschaft ansteckend wäre.
    Ich seufze wieder, versuche, mich darauf zu besinnen, was ich in mein Dankbarkeitstagebuch schreiben würde, das ich, um ehrlich zu sein, seit dem Ende des Herbsttrimesters nicht mehr in die Hand genommen habe.
    Ich habe ein schönes Leben, rufe ich mir ins Gedächtnis. Viele Leute lieben mich.
    Sie sind nur gerade im Moment nicht bei mir.
    Direkt über meinem Kopf höre ich das Krächzen einer Krähe. Ich schaue hoch in die Zweige des Baumes, und in der Tat, da sitzt Samjeeza und sieht mich an.
    Jedes Mal, wenn ich ihn sehe, egal, wie tapfer, wie lässig ich damit umzugehen versuche, ist es wie eine Dusche mit Eiswasser. Denn jedes Mal frage ich mich, ob er sich nun entschlossen hat, mich zu töten. Und das könnte er, gleichsam im Handumdrehen; ja, das könnte er.
    «Hast du nichts anderes zu tun, als mir hinterherzulaufen?», frage ich und versuche, frech zu klingen.
    Der Vogel hält den Kopf schief, dann flattert er von dem Ast herunter und landet im Gras neben mir. Die traurige Melodie seines Kummers windet sich in meinen Verstand und lässt mir die Brust eng werden von all dem Bedauern, das er empfindet.
    Meg , denkt er, nur den Namen meiner Mutter, nichts weiter, aber in dem Wort liegt eine ganze Welt der Erinnerung und des Schmerzes. Der Sehnsucht. Der Schuld. Meg.
    Ich sperre ihn aus. «Geh weg», flüstere ich.
    Plötzlich ist er ein Mann, entfaltet sich aus dem Körper der Krähe, dehnt sich aus, in null Komma nichts.
    «Au verflixt!» Ich pralle zurück, gegen den Baumstamm. «Mach doch so was nicht!»
    «Hat ja keiner gesehen», sagt er, als ob es im Moment tatsächlich meine Hauptsorge wäre, ob jemand gesehen hat, dass ich mit einer Krähe spreche, die plötzlich zum Menschen geworden ist.
    Ich bin unsicher, was ich tun soll, denn ich verspüre den intensiven Drang wegzulaufen – mit fliegenden Fahnen direkt zur Memorial Church, dem nächstgelegenen geheiligten Boden, der mir einfällt –, aber vielleicht sollte ich die Zähne zusammenbeißen und mir anhören, was er diesmal zu sagen hat.
    Ich schaue zur Kirche hinüber, die ganz am anderen Ende des Innenhofs liegt. Das ist zu weit.
    «Wie kann

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