Unendlichkeit in ihrer Hand

Titel: Unendlichkeit in ihrer Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gioconda Belli

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Autorität, kam dichter an sie heran. Sie lächelte ihn an, ohne zu wissen, was sie anderes tun sollte. Sie war eher fasziniert als ängstlich und fragte sich, was er vorhatte. Der Affe richtete sich vor ihr auf und streckte den Arm aus, um mit seiner langen, rauhen Hand sanft eine Strähne zu berühren, die ihr ins Gesicht fiel. Die anderen fingen an herumzuspringen und kurze Schreie auszustoßen.
    Der Affe, der sie berührt hatte, nahm sie an die Hand. Er wollte, dass sie mit ihm den Baum hinaufkletterte. Sie sagte nein und schüttelte überrascht den Kopf. Verwechselte er sie vielleicht mit einer der Seinen? Eva versuchte, sich ihm mit Zeichen verständlich zu machen, um ihm zu bedeuten, dass dies nicht die Art war, wie sie sich in der Welt fortbewegte. Sie könne nur gehen und fände nicht mehr den Weg aus dem Wald hinaus. Der Affe schaute sie aufmerksam an. Sie drehte sich um und gab ihm gestikulierend zu verstehen, dass sie keinen Schwanz habe und deshalb nicht auf Bäume klettern könne. Nach einer Weile kletterten mehrere Affen wieder nach oben und hockten sich auf die Äste. Schließlich zogen sie alle ab.
    Als Eva wieder allein war, hatte die Finsternis bereits den ganzen Wald eingeschlossen. Später kauerte sie, sich der Nacht ergebend, unter dem Baum und merkte, wie die Affen mit Feigen nach ihr warfen. Sie sah auch denjenigen, der sie berührt hatte, ganz in ihrer Nähe. Er sprang auf und ab und kratzte sich am Kopf, während er kleine Laute ausstieß, als wollte er ihr etwas mitteilen. Dann sah sie ihn auf Armen und Beinen vom Baum fortgehen und sich zwischen den Stämmen entfernen. Dabei schaute er sie an und gestikulierte. Die Frau brauchte eine Weile, um zu begreifen, dann erhob sie sich und folgte ihm.

    Es war tief in der Nacht, als sie unter dem bleichen Mondlicht die Höhle erblickte. Sie fand Adam neben der Feuerstelle. Er war ganz heiser vom vielen Rufen und Schreien. Er hatte sie am Fluss gesucht, bei den Spuren des einstigen Gartens und war erst vor kurzem zur Höhle zurückgekehrt, in der Hoffnung, sie sei wieder da.
    »Ich habe versucht, zum Meer zu kommen. Ich wollte es sehen«, sagte sie.
    Sie erzählte ihm, wie sie die Orientierung verloren hatte, von ihren Versuchen zurückzufinden, und von ihrer Begegnung mit den Affen.
    »Einer von ihnen hat mir den Weg gezeigt. Er hat mich an den Waldrand geführt. Da hat er mich verlassen, als hätte er verstanden. Glaubst du, dass er mich verstanden hat, Adam?«
    »Keine Ahnung, Frau«, sagte Adam und umarmte sie.

    Er schlief mit dem Ohr auf Evas Bauch, umklammerte ihre Beine und dachte, dass er kein anderes Paradies wollte, als so dicht bei ihr zu liegen und jenem Meer zu lauschen, das in ihrem Innern wuchs und in dem er meinte, den Gesang der Delphine zu vernehmen.

Kapitel 16
    E va fürchtete, jenes Meer in ihrem Innern könnte sie überschwemmen. Die Kreaturen darin wurden immer unruhiger und stießen gegen die Wände ihres Bauches oder schoben sich unter ihre Rippen. Sie war schon rund wie der Mond und wuchs beständig weiter. Mit dem Gewicht, das sie zu tragen hatte, fiel ihr allmählich jede Bewegung schwer. Wenn das so weiterging, überlegte sie, dann würde sie sich eines Tages nicht mehr rühren können und wäre zum Dasein einer grotesken Pflanze verurteilt, in der nur noch die vage Erinnerung fortlebte, einst eine Frau gewesen zu sein. Sie wusste weder, was sich da in ihrem Leib regte, noch, ob ihr Zustand vorübergehend war oder von Dauer.
    Ihre größte Angst war, bald ein Meerungeheuer auszuwürgen. Eine Gattung, die Adam und sie auffressen würde, um alleine auf dieser Erde zu wohnen, wo man zum Überleben vielleicht wüster sein musste, als sie es waren.

    »Ich habe auch andere Tiere mit solch dicken Bäuchen wie deinem gesehen, Eva. Du bist nicht die Einzige. Die Ziegen haben das auch. Irgendetwas wird aus dir herauskommen.«
    »Hasen«, lachte Eva. »Nur die Hasen machen weitere Hasen. Vielleicht vermehren wir uns ja, Adam. Könnte es nicht sein, dass in mir unser Spiegelbild entsteht? Manchmal denke ich, dass ich voller Wasser bin, und alle Fische, die ich gegessen habe, wieder herauskommen werden und uns auffressen.«
    »Ich bin nie so klein gewesen und du auch nicht. Unser Spiegelbild würde nicht in dich hineinpassen.«
    »Aber die Hasen sind am Anfang ganz klein. Mit der Zeit werden sie größer. Was in mir drin ist, bewegt sich.«
    »Vielleicht sind es ja weiße Blütenblätter oder Fische. Damit was zu essen da