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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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nichts dergleichen von Yellowstone mitgebracht haben. Damit bleibt nur Remilliod, unser vortrefflicher Wohltäter. Hat er es Ihnen verkauft?«
    »Zusammen mit neun weiteren«, nickte sie. »Jetzt sind es nur noch acht, das zehnte haben wir gegen Cuvier eingesetzt.«
    »Es ist eine Waffe?«
    »Remilliods Leute nannten es ›heißer Staub‹«, erklärte Sluka. »Antimaterie. Der Stecknadelkopf enthält nur ein Zwanzigstel Gramm Antilithium, aber das ist mehr als ausreichend für unsere Zwecke.«
    »Ich wusste nicht, dass es derartige Waffen überhaupt gibt«, sagte Sylveste. »In so kleiner Ausführung, meine ich.«
    »Verständlich. Die Technik ist schon so lange verboten, dass kaum noch jemand weiß, wie man solche Dinge herstellt.«
    »Wie groß ist seine Sprengkraft?«
    »Etwa zwei Kilotonnen. Das genügt, um in Cuvier ein großes Loch zu reißen.«
    Sylveste begriff, was das bedeutete, und nickte nachdenklich. Dabei versuchte er sich auszumalen, was die Menschen empfunden haben mussten, die getötet wurden oder ihr Augenlicht verloren, als der Wahre Weg mit diesem Stecknadelkopf die Hauptstadt angriff. Durch den leichten Druckunterschied zwischen den Kuppeln und der Außenluft waren sicher verheerende Stürme entstanden, die über das geordnete Gemeinwesen hinwegfegten. Im Geiste sah er vor sich, wie die Bäume und Pflanzen in den Baumschulen von der Wucht des Hurrikans entwurzelt und in Stücke gerissen, Vögel und andere Tiere einfach durch die Luft geschleudert wurden. Wer die Zerstörung der Kuppel überlebt hatte – schwer zu sagen, wie viele das gewesen sein mochten –, musste rasch unter die Erde flüchten, bevor die gesamte Luft entwich und man an Resurgams Atmosphäre erstickte. Zwar war die Luft inzwischen eher atembar als noch vor zwanzig Jahren, aber man musste immer noch lernen, darin zu überleben, und sei es nur für wenige Minuten. Die meisten Bewohner hatten die Hauptstadt nie verlassen. Sie hatten keine Chance gehabt.
    »Warum?«, fragte er.
    »Es war ein…« Sie brach ab. »Ich wollte sagen, es war ein Fehler, aber darauf könnten Sie mir erwidern, im Krieg gebe es keine Fehler, nur mehr oder weniger glückliche Zufälle. Zumindest hatten wir nicht die Absicht, den Stecknadelkopf tatsächlich einzusetzen. Es war so gedacht, dass Girardieus Getreue die Stadt übergeben sollten, sobald sie erfuhren, dass sich die Waffe in unserem Besitz befand. Aber es kam ganz anders. Girardieu selbst hatte zwar von der Existenz der Stecknadelköpfe gewusst, aber er hatte seine Untergebenen nicht darüber informiert. Deshalb nahm man unsere Drohung nicht ernst.«
    Was dann geschah, verstand sich von selbst. Die Briganten waren frustriert, weil man ihnen nicht glaubte, und hatten die Waffe dann doch eingesetzt. Aber die Hauptstadt war immer noch bewohnt, das hatte Sluka gleich zu Anfang deutlich gemacht. Girardieus Getreue gaben sie nicht aus der Hand. Sylveste stellte sich vor, wie sie in unterirdischen Bunkern saßen und alles verwalteten, während über ihnen die Staubstürme an den nackten Gerüsten der zerstörten Kuppeln zerrten.
    »Sie sehen«, sagte die Frau, »man sollte uns nicht unterschätzen, besonders nicht, wenn man noch gewisse Bindungen an Girardieus Regime hat.«
    »Was haben Sie mit den anderen Waffen vor?«
    »Infiltration. Ohne Abschirmung ist so ein Stecknadelkopf klein genug, um ihn in einen Zahn einzusetzen. Dort könnte er höchstens bei einer gründlichen medizinischen Untersuchung entdeckt werden.«
    »Sieht so Ihr Plan aus?«, fragte er. »Sie suchen sich acht Freiwillige, die sich diese Dinger implantieren lassen? Und diese acht schleusen Sie dann wieder in die Hauptstadt ein? Diesmal würde man Ihnen vermutlich glauben.«
    »Wir brauchen nicht einmal Freiwillige«, verbesserte Sluka. »Sie wären vorzuziehen, aber notwendig sind sie nicht.«
    Wider besseres Wissen bemerkte Sylvester »Gillian, ich glaube, vor fünfzehn Jahren haben Sie mir besser gefallen.«
    »Bringen Sie ihn in seine Zelle zurück«, befahl sie Falkender. »Er fängt an, mich zu langweilen.«
    Der Arzt zupfte ihn am Ärmel.
    »Darf ich mich noch etwas länger mit seinen Augen beschäftigen, Gillian? Ich könnte mehr erreichen, allerdings nur unter größeren Beschwerden.«
    »Tun Sie, was Sie wollen«, sagte Sluka. »Aber Sie sind zu nichts verpflichtet. Ich muss gestehen, seit er sich in meiner Gewalt befindet, bin ich fast ein wenig enttäuscht von ihm. Wahrscheinlich hat auch er mir besser gefallen, bevor ihn

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