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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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schon in der Luft und wartete nur darauf, ausgesprochen und in Kraft gesetzt zu werden. Sylveste ging in sich, aber sein Gewissen war rein, und so versetzte er sich nicht in die Rolle des Angeklagten. Dennoch spürte er eine Last auf seinen Schultern. Vielleicht die gleiche Last, wie sie auch ein Vertreter der Justiz zu tragen hatte; die Verantwortung für eine Aufgabe, die nicht nur vor den Augen der Öffentlichkeit, sondern auch so zu erledigen war, dass sie höchsten Ansprüchen genügte. Wenn er versagte, litte nicht nur seine Selbstachtung Schaden. Auch eine lange und kunstvoll geschmiedete Kette von Ereignissen, die unvorstellbar weit in die Vergangenheit zurückreichte und ihn an diesen Punkt geführt hatte, würde durchtrennt.
    Er sah sich um und entdeckte die Kugelprojektion im geometrischen Zentrum des Raums. Seine Augen waren nur mit Mühe imstande, die Abbildung zu erkennen, aber eine Reihe von anderen Anhaltspunkten verriet ihm, dass es sich um eine Echtzeit-Darstellung von Resurgam handelte.
    »Sind wir noch im Orbit?«, fragte er.
    »Nachdem wir Sie an Bord haben?« Sajaki schüttelte den Kopf. »Wozu? Wir haben mit Resurgam nichts weiter zu schaffen.«
    »Befürchten Sie, die Kolonisten könnten irgendwelche Dummheiten machen?«
    »Ich gebe zu, dass sie uns lästig werden könnten.«
    Für einen Moment trat Schweigen ein, dann sagte Sylveste: »Resurgam selbst war für Sie nie von Interesse, nicht wahr? Sie haben die lange Reise nur meinetwegen unternommen. Ich finde, so viel Zielstrebigkeit grenzt schon an Monomanie.«
    »Es ging allenfalls um ein paar Monate.« Sajaki lächelte. »Aus unserer Sicht natürlich. Sie brauchen sich nicht einzubilden, ich hätte Sie jahrelang verfolgt.«
    »Obwohl Sie natürlich aus meiner Sicht genau das getan haben.«
    »Nicht Ihre Sicht ist es, die zählt.«
    »Aber die Ihre? Wollten Sie das sagen?«
    »Wir haben den… weiteren Blick. Das muss ein gewisses Gewicht haben. Aber um Ihre Frage von vorhin zu beantworten, wir haben den Orbit verlassen, sobald Sie an Bord waren. Seither entfernen wir uns von der Ekliptik.«
    »Ich habe Ihnen noch nicht gesagt, wohin ich fliegen möchte.«
    »Nein. Wir hatten lediglich vor, etwa eine AE Abstand von der Kolonie zu gewinnen, um dann bei konstantem Schub in Warteposition zu gehen und eine Denkpause einzulegen.« Sajaki schnippte mit den Fingern, und schon schwebte ein Robotersitz zu ihm herab. Er setzte sich und wartete, bis vier weitere Sitze für Sylveste, Pascale, Hegazi und Khouri eingetroffen waren. »Wir hatten natürlich damit gerechnet, dass Sie sich in dieser Zeit mit dem Captain beschäftigen würden.«
    »Habe ich das abgelehnt?«
    »Nein«, sagte Hegazi. »Aber Sie haben uns eine Menge Kleingedrucktes präsentiert, mit dem wir nicht gerechnet hatten.«
    »Sie können mir nicht verbieten, aus einer verfahrenen Situation das Beste zu machen.«
    »Das hatte auch niemand vor«, versicherte Sajaki. »Aber es wäre hilfreich, wenn Sie Ihre Forderungen etwas klarer formulieren könnten. Das ist doch nicht mehr als recht und billig?«
    Sylvestes Sitz schwebte neben dem von Pascale. Sie sah ihn ebenso erwartungsvoll an wie die Besatzung, die ihn entführt hatte. Nur wusste sie sehr viel mehr, dachte er, fast alles, was es zu wissen gab – oder zumindest so viel, wie er wusste, auch wenn das nur ein unbedeutender Bruchteil der Wahrheit sein mochte.
    »Kann ich von hier aus eine Karte des Systems abrufen?«, fragte Sylveste. »Ich meine, ich weiß natürlich, dass es prinzipiell möglich ist – aber ich bräuchte Ihre Einwilligung sowie einige Angaben.«
    »Die neuesten Karten wurden während unseres Anflugs erstellt«, sagte Hegazi. »Sie können sie aus der Schiffsdatenbank anfordern und in das Display projizieren.«
    »Dann zeigen Sie mir, wie das geht. Ich gedenke die nächste Zeit nicht nur als Passagier auf diesem Schiff zu verbringen – also gewöhnen Sie sich daran.«
    Etwa eine Minute später waren die richtigen Karten gefunden und nach weiteren dreißig Sekunden in der passenden Zusammensetzung in der von Sylveste gewünschten Form in die Projektionssphäre eingefügt. Das neue Bild, eine Projektion des Sternsystems, legte sich über die Echtzeitdarstellung von Resurgam und löschte sie aus. Die Bahnen der elf Planeten und der größeren Kleinplaneten und Kometen erschienen als elegante farbige Linien, die Körper selbst wurden in ihrer aktuellen relativen Position gezeigt. Wegen des großen Maßstabs drängten

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