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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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einsperren, bevor es zu spät ist.« Es war eine eher spontane Bemerkung gewesen, aber Khouri war es todernst damit. »Ganz ehrlich, Ilia, das wäre mir lieber, als wenn du mich später erschießen müsstest.«
    »Ich hätte wirklich nichts dagegen«, antwortete ihre Mentorin. »Aber unsere Überlegenheit ist im Moment eher bescheiden – wir drei gegen Sajaki und Hegazi –, und für welche Seite sich Sylveste im Ernstfall entscheidet, weiß Gott allein.«
    Pascale sagte nichts.
    Die Waffenkammer war immer Volyovas Ziel gewesen, aber das behielt sie für sich, bis sie dort waren. Khouri hatte diesen Teil des Schiffs noch nie betreten, aber man brauchte ihr nicht zu sagen, wo sie war. Sie hatte schon so viele Waffenkammern besucht, dass sie sie am Geruch erkannte.
    »Ziemlich dickes Ding, auf das wir uns da einlassen«, fragte sie. »Richtig?«
    In einem großen ovalen Raum waren die Waffengalerie und die Ausgabestelle untergebracht. In den Gestellen standen an die tausend Waffen griffbereit. Mehrere Zehntausend weitere konnten kurzfristig hergestellt werden. Sie wurden nach holografischen Plänen montiert, die überall in der Schiffsmasse verteilt waren.
    »Richtig«, bestätigte Volyova. Es klang fast schon genießerisch. »Und dafür brauchen wir ein paar Schießeisen, die wirklich hässliche Löcher reißen können. Also, Khouri, bring deine ganze Erfahrung ins Spiel und rüste uns aus, wie du es für richtig hältst. Aber mach schnell – sonst sperrt uns Sajaki aus, bevor wir haben, was wir brauchen.«
    »Dir macht die ganze Sache einen Heidenspaß, nicht wahr?«
    »Ja. Und weißt du auch warum? Weil wir endlich etwas tun, auch wenn es selbstmörderisch ist. Vielleicht gehen wir dabei zugrunde – vielleicht erreichen wir nichts –, aber wenigstens treten wir kämpfend ab.«
    Khouri nickte. Volyova hatte aus ihrer Sicht genau den Punkt getroffen. Es war das Vorrecht des Soldaten, den Dingen nicht einfach ihren Lauf zu lassen. Er durfte eingreifen, auch wenn es vergeblich war. Volyova führte sie rasch in die einfacheren Funktionen der Waffenkammer ein – die zum Glück kinderleicht zu bedienen war –, dann fasste sie Pascale am Arm und wandte sich zum Gehen.
    »Wo wollt ihr hin?«
    »Auf die Brücke. Sajaki will sicher, dass ich dabei bin, wenn wir Cerberus sturmreif schießen.«

Sechsundzwanzig
    Cerberus/Hades, an der Heliopause von Delta Pavonis, 2566
    Sylveste hatte seine Frau seit Stunden nicht gesehen, und jetzt hatte es den Anschein, als wolle sie nicht einmal dabei sein, wenn er endlich am Ziel seiner Wünsche ankam. In nur zehn Stunden sollte Volyovas Waffe auf Cerberus aufschlagen, und in weniger als einer Stunde war die erste Welle ihres Sturmangriffs fällig. Schon das war ein Ereignis von großer Tragweite – und doch sollte er es offenbar ohne Pascale erleben.
    Die Schiffskameras hatten die Waffe nie aus den Augen verloren und auch jetzt schwebte sie in der Projektionssphäre, als sei sie nur wenige Kilometer entfernt und nicht mehr als eine Million. Man sah sie von der Seite, denn sie flog vom Trojanischen Punkt an, während das Schiff neunzig Grad im Uhrzeigersinn zu ihrer Flugrichtung auf Warteposition entlang der Linie verharrte, die Hades und seinen geheimnisvollen Begleiter verband. Keine der beiden Maschinen befand sich in einer echten Umlaufbahn, aber dank Cerberus’ schwachem Gravitationsfeld konnten die künstlichen Bahnen mit einem Minimum an Korrekturschub aufrechterhalten werden.
    Sajaki und Hegazi standen im rötlichen Schein des Displays neben ihm. Alles war jetzt rot; Hades war so nahe, dass er als scharlachroter Punkt zu erkennen war, und Delta Pavonis tauchte alles, was sich in seinem Orbit bewegte, in ein schwaches rötliches Licht. Und da die Projektionssphäre die einzige Lichtquelle im Raum war, sickerte etwas von dieser Röte bis auf die Brücke.
    »Wo zum Teufel ist Volyova, diese brezgati Kuh?«, fragte Hegazi. »Ich dachte, sie wollte uns ihre Schreckenskammer in Aktion vorführen.«
    Hatte die Frau tatsächlich das Unvorstellbare getan? dachte Sylveste. Hatte sie sich tatsächlich entschlossen, den Angriff zu boykottieren, obwohl sie die ganze Sache geplant hatte? Wenn ja, dann hatte er sich schwer in ihr getäuscht. Sie hatte ihm ihre Bedenken vorgetragen, die diese Khouri mit ihren Wahnvorstellungen genährt hatte, aber das konnte sie doch unmöglich alles ernst genommen haben? Gewiss hatte sie nur den Advocatus diaboli gespielt, um die Festigkeit seiner

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