Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
Ich meine, hast du ihn je gesehen oder war das nur eins von den vielen kleinen Spielchen der Mademoiselle? Erinnerungen lassen sich so leicht einpflanzen!«
    Khouris Stimme war so leise geworden, als sei nie ein zorniges Wort zwischen ihnen gefallen. »Was willst du damit sagen?«
    »Es könnte doch sein, dass er es nicht geschafft hat, Khouri. Hast du daran schon einmal gedacht? Vielleicht hat er Yellowstone nie verlassen; vielleicht war es wirklich so, wie du immer dachtest?«
    Pascale ging dazwischen. »Hört bitte auf zu streiten! Wenn uns hier wirklich eine Katastrophe ins Haus steht, sollten wir wenigstens untereinander einig sein. Und falls es eurer Aufmerksamkeit entgangen sein sollte, ich bin die einzige Person auf diesem Schiff, die gar nicht gefragt wurde, ob sie an Bord kommen wollte.«
    »Pech für dich«, sagte Khouri.
    Pascale funkelte sie an. »Vielleicht habe ich eben nicht die ganze Wahrheit gesagt. Etwas liegt mir nämlich schon am Herzen. Auch ich habe einen Mann, und ich will nicht, dass er sich – oder anderen – Schaden zufügt, nur weil er sich unbedingt etwas in den Kopf gesetzt hat. Und deshalb brauche ich euch – alle beide, denn ihr scheint hier die Einzigen zu sein, die so denken wie ich.«
    »Und was denkst du?«, fragte Volyova.
    »Dass das alles nicht zusammenpasst«, sagte sie. »Das denke ich, seit du diesen Namen erwähnt hast.«
    Volyova brauchte nicht zu fragen, welchen Namen sie meinte. »Du hast reagiert, als würdest du ihn kennen.«
    »Das stimmt – wir kennen ihn beide. Sonnendieb ist ein Amarantin-Wort, ein Name für einen Gott, eine Gestalt aus der Mythologie – vielleicht sogar für eine historische Persönlichkeit. Aber Dan war zu verbohrt – vielleicht auch zu erschrocken –, um es zuzugeben.«
    Wieder sah Volyova auf ihr Armband, aber die ersehnte Nachricht kam immer noch nicht. Dann hörte sie sich Pascales Geschichte an. Sylvestes Frau erzählte gut; sie verzichtete auf lange Vorreden und Beschreibungen und begnügte sich mit wenigen, sorgsam ausgewählten Fakten, die Volyova alles vermittelten, was nötig war. Die Ereignisse wurden nur mit sparsamen Strichen skizziert. Volyova begriff jetzt, warum gerade Pascale Sylvestes Biografie verfasst hatte. Pascale sprach von den Amarantin, der ausgestorbenen Vogelrasse, die auf Resurgam gelebt hatte. Die Crew hatte durch Sylveste inzwischen genug darüber erfahren, um die Geschichte in den richtigen Zusammenhang stellen zu können, dennoch war Volyova erschüttert, eine Verbindung zu diesen Amarantin zu entdecken. Es hatte sie schon hart genug getroffen, dass ihre Probleme irgendwie mit den Schleierwebern zu tun haben könnten. Dabei war dort der Zusammenhang von Ursache und Wirkung klar erkennbar. Aber wie passten die Amarantin hinein? Wie kam es zu dieser Verbindung zwischen zwei so radikal verschiedenen Spezies, die beide seit langem aus der Galaxis verschwunden waren? Selbst im Zeitrahmen gab es radikale Widersprüche: nach allem, was Lascaille Sylveste erzählt hatte, waren die Schleierweber – vielleicht weil sie sich in ihre umstrukturierte Raumzeit-Sphäre zurückgezogen hatten – Millionen Jahre vor dem Auftauchen der Amarantin verschwunden und hatten alle technischen Geräte und Verfahren mitgenommen, die weniger hoch entwickelten Arten nicht in die Hände fallen sollten. Gerade dieser Hort an verbotenem Wissen hatte Sylveste und Lefevre ja überhaupt in den Grenzbereich vor dem Schleier gelockt. Die Schleierweber waren vom Aussehen her die fremdartigsten Geschöpfe, die je ein Mensch gesehen hatte – gepanzerte Ungetüme mit vielen Gliedmaßen, wie aus einem Albtraum entsprungen. Die Amarantin mit ihren vogelartigen Vorfahren und ihren vier Gliedmaßen, davon zwei Beinen, hatten bei weitem nicht diese erschreckende Fremdartigkeit.
    Sonnendieb war das Bindeglied zwischen den beiden. Das Schiff hatte Resurgam nie zuvor angeflogen; nie zuvor war jemand an Bord gewesen, von dem man wusste, dass er in irgendeiner Weise mit den Amarantin zu tun gehabt hätte – und doch war Sonnendieb seit vielen subjektiven Jahren und mehreren Jahrzehnten Planetenzeit ein fester Bestandteil von Volyovas Leben. Die Lösung des Rätsels war natürlich Sylveste – aber Volyova konnte nach wie vor keinen logischen Zusammenhang erkennen.
    Während Pascale weitererzählte, eilte ihr Volyova in Gedanken voraus und versuchte, das Geschehen in irgendeine Ordnung zu bringen. Pascale sprach von der vergrabenen Stadt, einer riesigen

Weitere Kostenlose Bücher