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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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gewandt. Sie wusste aus zuverlässiger Quelle, dass dort mehr als vier Millionen verschiedener Handfeuerwaffen gespeichert waren, Exemplare aus zwölfhundert Jahren Büchsenmacherkunst, von einfachen Donnerbüchsen mit Funkenzündung bis zu den grausamsten Todesmaschinen im Taschenformat, die man sich ausmalen konnte.
    Doch selbst dieses Riesensortiment war verschwindend klein, verglichen mit dem Gesamtpotenzial. Die Waffenkammer konnte nämlich auch kreativ sein. Wenn sie genaue Vorgaben bekam, sichtete sie ihre Pläne und mischte die optimalen Eigenschaften bereits existierender Waffen so lange, bis sie eine neue und genau auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnittene Lösung gefunden hatte. Die ließ sich dann in wenigen Minuten realisieren.
    Wenn das Werk vollendet war – wie jetzt die kleine Pistole, die sich Khouri für Pascale ausgedacht hatte –, öffnete sich mit leisem Schwirren ein Schlitz in der Theke und die fertige Waffe schob sich, ultrasteril glänzend und noch warm von der Herstellung, auf einer kleinen filzbezogenen Platte heraus.
    Khouri nahm Pascales Pistole in die Hand, visierte am Lauf entlang, testete ihre Ausgewogenheit und probierte die Einstellungen für den Strahl durch, der über einen in den Griff eingelassenen Knopf zu regulieren war.
    »Passt gut zu Ihnen, Madame«, sagte die Ausgabepersönlichkeit.
    »Ist aber nicht für mich bestimmt«, sagte Khouri und steckte die Waffe in die Tasche.
    Die sechs Weltraumgeschütze schalteten ihre Triebwerke ein, entfernten sich rasch vom Schiff und schlugen einen komplizierten Kurs ein, der sie auf Umwegen in Angriffsposition brachte. Währenddessen bremste der Brückenkopf weiterhin ab und kam der Oberfläche immer näher. Die Welt musste inzwischen bemerkt haben, dass ein künstliches Flugobjekt von beachtlicher Größe auf sie zukam, dachte Volyova, vielleicht erkannte sie in dem Objekt sogar die ehemalige Lorean. Irgendwo in den Tiefen der von Maschinen durchsetzten Kruste tobte jetzt wohl ein Streit. Einige Komponenten waren dafür, sofort anzugreifen; am besten zerstörte man das Ding, bevor es ernsthaft Schwierigkeiten machte. Andere Komponenten mahnten zur Vorsicht und wiesen darauf hin, dass das Objekt noch weit von Cerberus entfernt sei und ein Angriff sehr massiv ausfallen müsse, um es auch wirklich zu vernichten, bevor es zurückschlagen könne. Eine derart offene Machtdemonstration könnte anderswo unerwünschte Aufmerksamkeit erregen. Außerdem, so der Einwand der pazifistischen Systeme, habe das Objekt bisher keine feindlichen Absichten erkennen lassen. Vielleicht ahne es gar nicht, dass Cerberus eine künstliche Welt sei. Vielleicht wolle es nur daran schnuppern, um dann wieder abzuziehen.
    Volyova wollte nicht, dass die Pazifisten siegten. Durchsetzen sollten sich vielmehr die Vertreter eines massiven Präventivschlags, und zwar sofort, noch in dieser Minute. Sie wollte sehen, wie Cerberus zuschlug und den Brückenkopf auslöschte. Damit wären alle Probleme gelöst und man wäre – nachdem Sylvestes Sonden bereits einem ähnlichen Schicksal zum Opfer gefallen waren – nicht schlechter dran als jetzt. Wenn man Cerberus lediglich zur Gegenwehr provozierte, war das vielleicht nicht die Art von Einmischung, vor der die Mademoiselle so eindringlich gewarnt hatte. Immerhin hätte niemand die Welt betreten. Danach konnte man sich geschlagen geben und nach Hause fliegen.
    Doch das sollte nicht sein.
    »Diese Weltraumgeschütze…« Sajaki wies mit dem Kinn aufs Display. »Hatten Sie vor, sie von hier aus scharf zu machen und abzufeuern, Ilia?«
    »Ich wüsste nicht, was dagegen spräche.«
    »Ich dachte, Khouri sollte sie vom Leitstand aus steuern. Dazu ist sie schließlich da.« Er wandte sich an Hegazi und flüsterte so laut, dass alle es hören konnten: »Allmählich fragt man sich, warum wir sie überhaupt angeworben haben – oder warum ich Volyova erlaubt habe, den Trawl zu unterbrechen.«
    »Sie hat sicher ihre Qualitäten«, begütigte der Chimäre.
    »Khouri ist natürlich im Leitstand«, log Volyova. »Vorsichtshalber. Aber ich möchte erst auf sie zurückgreifen, wenn es unbedingt nötig ist. Ich finde, das ist nur fair. Es sind schließlich auch meine Waffen – Sie können mir nicht verwehren, sie in einer so kontrollierten Situation auch selbst einzusetzen.«
    Den Anzeigen auf ihrem Armband – die zum Teil auch auf dem Display in der Mitte der Brücke zu sehen waren – ließ sich entnehmen, dass die Geschütze in

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