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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Amarantin-Stätte, die während Sylvestes Gefangenschaft entdeckt worden war, und von ihrem Wahrzeichen, einem riesigen Turm. An der Spitze dieses Turms thronte ein Wesen, das kein richtiger Amarantin war, sondern eher der Vorstellung der Amarantin von einem Engel entsprach – nur dass der Schöpfer dieses Engels peinlich genau darauf geachtet hatte, die anatomischen Grenzen zu respektieren. Dieser Engel sah fast so aus, als könne er wirklich fliegen.
    »Und das war Sonnendieb?«, fragte Khouri ehrfürchtig.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Pascale. »Der ursprüngliche Sonnendieb war nur ein gewöhnlicher Amarantin, der eine Schar von Abtrünnigen um sich sammelte – und mit ihnen einen eigenen Stamm gründete, wenn man so will. Wir halten diese Renegaten für Forscher, die das Wesen der Welt zu ergründen suchten und die Mythen in Frage stellten. Dan vertritt die Theorie, dass Sonnendieb sich für Optik interessierte und Spiegel und Linsen herstellte, um damit im wahrsten Sinne des Wortes die Sonne zu stehlen. Vielleicht hat er auch Flugversuche gemacht; mit einfachen Flugmaschinen und Gleitern. Was immer es war, es war Ketzerei.«
    »Und was hat es mit der Statue auf sich?«
    Pascale erzählte weiter, wie aus den Abtrünnigen die ›Verbannten‹ wurden, die Jahrtausende lang vollkommen von der Bildfläche der amarantinischen Geschichte verschwunden waren.
    »Darf ich an dieser Stelle eine Vermutung wagen?«, fragte Volyova. »Könnte es sein, dass sich diese Verbannten in eine stille Ecke des Planeten zurückzogen und eine neue Technologie erfanden?«
    »Dan hielt das für wahrscheinlich. Er dachte, sie hätten nicht Halt gemacht, bis sie so weit waren, Resurgam ganz verlassen zu können. Als sie dann eines Tages – nicht lange vor dem Ereignis – endlich zurückkehrten, hatten sie die Zurückgebliebenen so weit überholt, dass sie ihnen wie Götter erschienen. Und das sollte die Statue sein – ein Monument zu Ehren der neuen Götter.«
    »Und wie wurden die Götter zu Engeln?«, fragte Khouri.
    »Durch Gentechnik«, erklärte Pascale im Brustton der Überzeugung. »Sie konnten niemals wirklich fliegen, auch nicht mit den Flügeln, die sie sich wachsen ließen, aber sie hatten die Schwerkraft auf andere Weise bereits überwunden; sie waren ins All aufgebrochen.«
    »Was geschah dann?«
    »Viel später – Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende danach – kehrte Sonnendiebs Volk nach Resurgam zurück. Das war kurz vor dem Ende. Wir können die archäologischen Funde zeitlich nicht differenzieren, die Spanne war zu kurz. Aber es ist fast, als hätten sie es mitgebracht.«
    »Was?«, fragte Khouri.
    »Das Ereignis. Was immer es war, es löschte alles Leben auf Resurgam aus.«
 
    Als sie durch die Abwässer stapften, die knöcheltief im Korridor standen, fragte Khouri: »Gibt es eine Möglichkeit zu verhindern, dass deine Waffe Cerberus erreicht? Ich meine, du hast sie doch noch unter Kontrolle, nicht wahr?«
    »Still!«, zischte Volyova. »Jedes Wort, das hier gesprochen wird…« Sie deutete stumm auf die Wände, in denen sie verborgene Abhöreinrichtungen aller Art vermutete; Teile des Überwachungsnetzes, das Sajaki kontrollierte.
    »Könnte vom Rest des Triumvirats abgehört werden. – Na und?« Khouri sprach leise – wozu ein unnötiges Risiko eingehen? –, aber sie ließ sich den Mund nicht verbieten. »Wie die Dinge liegen, müssen wir früher oder später offen Widerstand leisten. Im Übrigen glaube ich nicht, dass Sajakis Überwachung so umfassend ist, wie du denkst – Sudjic hatte etwas dergleichen erwähnt. Und selbst wenn, ist er im Moment wohl ohnehin mit anderen Dingen beschäftigt.«
    »Gefährlich, sehr gefährlich.« Aber vielleicht erkannte Volyova, dass Khouris Einstellung vernünftig war – dass aus den Heimlichkeiten schon sehr bald offene Rebellion werden mochte. Jedenfalls schob sie den Ärmel ihrer Jacke zurück und schaute auf das Armband mit den leuchtenden Schaltplänen und den sich langsam aktualisierenden Zahlenkolonnen. »Ich kann damit fast alles kontrollieren. Aber was nützt mir das? Wenn Sajaki Verdacht schöpft, dass ich die Operation zu sabotieren suche, wird er mich töten – und er weiß Bescheid, sobald die Waffe vom geplanten Kurs abweicht. Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass wir alle Sylvestes Geiseln sind – und wie er darauf reagieren würde, weiß ich nicht.«
    »Nicht gut, fürchte ich – aber das ändert nichts.«
    Pascale hatte sich zu Wort gemeldet.

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