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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Mademoiselle – die das wild gewordene Geschütz gesteuert hatte – inzwischen tot und von Sonnendieb gnadenlos absorbiert worden. Zumindest sie wäre also nicht mehr imstande, Volyova die Geschütze abspenstig zu machen.
    Volyova wählte ein halbes Dutzend Geschütze aus, deren Zerstörungspotenzial (nach ihrer Einschätzung) am unteren Ende der Skala angesiedelt war, wo sie die Wirkung der schiffseigenen Bewaffnung ergänzten. Die sechs Geschütze erwachten zum Leben und meldeten – morbiderweise mit pulsierenden Totenkopfsymbolen – über das Armband ihre Einsatzbereitschaft. Dann bewegten sie sich langsam über das Schienennetz des Geschützparks, fuhren in die kleine Schleuse, die nach draußen führte, und bezogen außerhalb des Rumpfes Stellung. Nun waren sie im Grunde nichts anderes als unverhältnismäßig schwer bewaffnete Robotraumschiffe. Die sechs hatten außer der Grundkonstruktion, die bei allen Vernichtungswaffen der Höllenklasse gleich war, nur wenig gemeinsam. Zwei waren relativistische Großprojektilwerfer und zeigten deshalb gewisse Ähnlichkeiten, etwa wie verschiedene Prototypen, die von konkurrierenden Planungsteams nach allgemeinen Vorgaben gebaut worden waren. Mit ihren langen Rohren, den komplizierten Leitungssystemen und den krebsgeschwürähnlichen Zusatzgeräten erinnerten sie an antike Feldhaubitzen. Die anderen vier waren ein Gammastrahlen-Laser (um eine Größenordnung stärker als die schiffseigenen Exemplare), ein Supersymmetrie-Strahler, ein Projektor für beschleunigte Antimaterie-Impulse und ein Quark-Entfesselungs-Geschütz – wobei die Reihenfolge der Aufzählung nichts mit ihrer Vernichtungswirkung zu tun hatte. Es war kein Planetenzerstörer vom Kaliber jenes Geschützes darunter, das sich selbständig gemacht hatte, aber man hätte sich – oder den Planeten, auf dem man gerade stand – trotzdem nicht gern in ihrem Fadenkreuz gesehen. Man wollte Cerberus ja auch nicht unkontrolliert beschießen, erinnerte sich Volyova. Man wollte den Planeten nicht zerstören – man wollte nur eine Öffnung schaffen, und das konnte man auch mit subtileren Mitteln erreichen. O ja… Subtilität.
 
    »Gib mir etwas, womit auch ein Anfänger umgehen kann.« Khouri stand zögernd vor der Ausgabestelle der Waffenkammer. »Aber kein Spielzeug – man sollte einen Feind schon damit aufhalten können.«
    »Strahlen- oder Projektilwaffe, Madame?«
    »Sagen wir, ein schwacher Energiestrahler. Wir wollen nicht, dass Pascale Löcher in den Rumpf schießt.«
    »Eine ausgezeichnete Wahl, Madame. Möchte sich Madame vielleicht setzen und ihre Beine entlasten, während ich etwas heraussuche, was den qualifizierten Ansprüchen von Madame entspricht?«
    »Madame bleibt lieber stehen, wenn du nichts dagegen hast.«
    Sie wurde von der Gamma-Persönlichkeit der Ausgabestelle bedient, einem trübselig lächelnden Hologramm-Kopf, der auf Brusthöhe über einer mit vielen Schlitzen versehenen Theke schwebte. Zuerst hatte sie nur unter den Waffen gewählt, die hinter Glas und mit kleinen Leuchtplaketten versehen, die Auskunft über ihre Bedienung, ihre Herkunftsepoche und die jeweiligen Einsätze gaben, an den Wänden aufgereiht waren. Dagegen war im Grunde nichts einzuwenden, und sie hatte auch bald zwei leichte Gewehre für sich und Volyova gefunden, elektromagnetische Nadler von ganz ähnlicher Bauart wie die Waffen, die bei den Schatten Verwendung fanden.
    Volyova hatte mit Grabesstimme auch schwere Artillerie verlangt, und Khouri hatte sich danach umgesehen, war aber nur zum Teil bei den Ausstellungsstücken fündig geworden. Gefallen hatte ihr ein Plasma-Schnellfeuer-Gewehr, dreihundert Jahre alt, aber keineswegs überaltert, mit einem Zielsuchsystem mit Neuralkopplung, das besonders für den Nahkampf geeignet war. Auch diese Waffe war leicht und lag ihr so gut in der Hand, als sei sie schon seit einer Ewigkeit damit vertraut. Die Schutzhülle aus schwarzem Leder, marmoriert und blitzblank poliert, mit Aussparungen für Schaltelemente, Anzeigen und Anschlüsse, war von einer geradezu obszönen Anziehungskraft. Für sich hatte sie damit das Richtige gefunden, aber was war mit Volyova? Sie hatte die Regale abgesucht, so lange sie es wagte (es konnten höchstens fünf Minuten gewesen sein), doch so viele interessante, ja, verblüffende Stücke sie dabei auch entdeckte, es war nichts darunter gewesen, was ihren Vorstellungen genau entsprochen hätte.
    Also hatte sie sich an die Datenbank der Waffenkammer

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