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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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weiß nicht genau, wie man in solchen Situationen protokollarisch richtig verfährt, du musst mir also helfen. Als Erstes möchte ich, dass die sechs abgesetzten Weltraumgeschütze anfangen…«
    Sajaki brach mitten im Satz ab und schaute auf sein Handgelenk hinab. Tiefe Verwunderung malte sich in seinen Zügen und verwandelte sich Augenblicke später in ebenso tiefes Entsetzen.
    »Sie sind doch ein durchtriebenes Stück«, staunte Hegazi. »Ich dachte mir schon, dass Sie noch ein Ass im Ärmel hätten, aber ich hätte nie gedacht, dass Sie das so wörtlich nähmen.«
    »Ich bin eben ein prosaischer Mensch«, versetzte Volyova.
    Sajakis Gesicht war schmerzverzerrt. Das Armband hatte sich tief in sein Handgelenk eingeschnitten. Die Haut war aufgerissen und die Hand war blutleer und so bleich wie Wachs. Mit der anderen Hand unternahm er den heldenhaften Versuch, sich das Ding abzureißen, aber das war aussichtslos, dafür hatte sie gesorgt. Die Schnalle hatte sich inzwischen fest geschlossen, die Polymerketten des eingebetteten Plastikspeichers zogen sich immer enger zusammen und führten eine langsame, schmerzhafte Quetschamputation durch. Als Sajaki sich das Armband umlegte, hatte es seine DNA mit der ihren verglichen und festgestellt, dass sie nicht identisch waren. Aber mit der Kontraktion hatte es erst begonnen, als er versuchte, ihm einen Befehl zu erteilen. Volyova hielt das für ein Zeichen von Milde ihrerseits.
    »Es soll aufhören«, keuchte er. »Sagen Sie ihm, dass es aufhören soll… verdammtes Weibsstück… bitte…«
    Nach Volyovas Schätzung hatte er noch zwei Minuten Zeit, ehe die Hand durchtrennt wäre; in zwei Minuten wäre das Knacken seiner brechenden Knochen im ganzen Raum zu hören, falls es nicht von seinen Schmerzensschreien übertönt würde.
    »Ihre Manieren lassen zu wünschen übrig«, mahnte sie. »Ist das eine Art und Weise, eine Bitte zu äußern? Man möchte meinen, dass Sie wenigstens in einem solchen Moment etwas höflicher sein könnten.«
    »Mach ein Ende«, rief Pascale. »Ich flehe dich an, bitte, was immer geschehen ist, es rechtfertigt nicht, dass…«
    Volyova wandte sich achselzuckend an Hegazi. »Warum nehmen Sie es ihm nicht ab, Triumvir, bevor die Sache allzu unappetitlich wird? Sie haben sicher die Mittel dazu.«
    Hegazi hob eine seiner eisernen Hände und betrachtete sie, wie um sich zu vergewissern, dass sie nicht mehr aus Fleisch bestanden.
    »Los!«, kreischte Sajaki. »Runter damit!«
    Hegazi schwenkte seinen Sitz neben den seines Kollegen und machte sich ans Werk. Die Prozedur war für Sajaki noch schmerzhafter als die Quetschung selbst.
    Sylveste sagte nichts.
    Hegazi löste das Armband ab; als er fertig war, waren seine Metallhände mit Menschenblut befleckt. Die Reste entglitten seinen Fingern und landeten zwanzig Meter tiefer auf dem Boden.
    Sajaki hatte nicht zu jammern aufgehört und betrachtete angewidert sein misshandeltes Handgelenk. Es bot einen grässlichen Anblick. Die Hand hing noch fest, aber Knochen und Sehnen lagen frei, und das Blut schoss in dünnen Fontänen heraus und spritzte auf den fernen Boden hinab. Er presste das schmerzende Glied gegen den Unterleib, um den Blutverlust zu stoppen. Dann endlich verstummte er. Nach langem Schweigen hob er sein totenbleiches Gesicht und sah Volyova an.
    »Dafür werden Sie mir büßen«, sagte er. »Das schwöre ich.«
    In diesem Moment betrat Khouri die Brücke und eröffnete das Feuer.
 
    Einen Plan hatte Khouri natürlich immer gehabt, auch wenn er nicht in allen Einzelheiten durchdacht war. Doch als sie den Raum betrat und die rote Blutkaskade sah, nahm sie nicht erst noch schnell eine ganze Reihe von Änderungen vor, sondern beschloss, so lange auf die Decke zu schießen, bis alle auf sie aufmerksam geworden waren.
    Das ging ziemlich schnell.
    Sie hatte sich für das Plasmagewehr entschieden, auf schwächster Stufe und mit deaktiviertem Schnellfeuermodus, so dass sie für jeden Impuls den Abzug drücken musste. Der erste Schuss riss einen meterbreiten Krater in die Decke, und scharfkantige, angesengte Plattenteile regneten herab. Um nicht den Schiffsrumpf zu durchlöchern, setzte sie den nächsten Schuss etwas weiter links und den übernächsten etwas weiter rechts. Eins der Trümmer krachte in die leuchtende Projektionssphäre. Das Hologramm flackerte und verformte sich, dann verfestigte es sich wieder. Nachdem sie auf so radikale Weise ihre Anwesenheit kundgetan hatte, schaltete sie die Waffe ab und

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