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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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bestimmtes Ziel, aber mir ist nicht wohl dabei, wenn wir zu lange nur herumstehen.«
    »Er hätte auf jeden Fall einen Anzug genommen«, sagte Pascale. »Das hätte auf seiner Linie gelegen. Aber er wäre nicht allein damit losgezogen.«
    »Hältst du es für möglich, dass er Hilfe von Sonnendieb angenommen hätte?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Vergiss es. Er hat nicht einmal an Sonnendieb geglaubt. Wenn er nur den Verdacht gehabt hätte, dass er zu irgendetwas gedrängt – gezwungen – werden sollte; nein, das hätte er niemals akzeptiert.«
    »Vielleicht hatte er gar keine andere Wahl«, sagte Khouri. »Aber wie auch immer; nehmen wir an, er wäre mit einem Anzug unterwegs. Gäbe es dann eine Möglichkeit, ihn einzuholen?«
    »Nicht, bevor er Cerberus erreicht.« Die Möglichkeit brauchten sie gar nicht in Betracht zu ziehen. Volyova wusste, wie schnell man im Weltall eine Million Kilometer zurücklegen konnte, wenn man sich einer konstanten Beschleunigung von zehn Ge aussetzte. »Für uns sind die Anzüge zu riskant, jedenfalls so, wie dein Mann sie benützt. Wir müssen mit einem der Shuttles hinunterfliegen. Sie sind sehr viel langsamer, aber die Gefahr, dass Sonnendieb die Steuermatrix infiltriert hat, ist dafür geringer.«
    »Warum das?«
    »Klaustrophobie. Die Shuttles sind in der Entwicklung etwa dreihundert Jahre hinter den Anzügen zurück.«
    »Und was nützt uns das?«
    »Glaube mir, wenn man mit ansteckenden fremden Geistesparasiten zu tun hat, kann man gar nicht primitiv genug sein.« Dann brachte sie, fast als wäre das eine anerkannte Form verbaler Zeichensetzung, ihren Nadler in Anschlag und erledigte eine Ratte, die sich in den Korridor verirrt hatte.
 
    »An diesen Raum erinnere ich mich«, sagte Pascale. »Du hast uns hierher gebracht, als…«
    Khouri befahl der Tür mit der kaum sichtbaren Spinne, sich zu öffnen.
    »Hinein mit dir«, sagte sie. »Mach es dir bequem. Und fang schon mal zu beten an, damit mir wieder einfällt, wie Ilia dieses Ding gesteuert hat.«
    »Wo treffen wir uns mit ihr?«
    »Draußen«, sagte Khouri. »Hoffe ich jedenfalls.«
    Sie war schon dabei, die Tür des Spinnenraums zu schließen. Ihr Blick ruhte auf den Messing- und Bronzeschaltern. Sie hoffte auf einen Erinnerungsfunken.

Dreiunddreißig
    Im Orbit um Cerberus/Hades, 2566
    Volyova zog den Nadler und näherte sich dem Captain.
    Sie musste so schnell wie möglich den Hangar erreichen; jede Verzögerung verschaffte Sonnendieb mehr Zeit, um sich zu überlegen, wie er sie töten konnte. Aber vorher stand noch etwas anderes an. Es war weder logisch noch vernünftig – aber es musste sein. Sie stieg die Treppe zum Captainsdeck hinunter. Die Kälte war so durchdringend, dass ihr der Atem in der Kehle zu gefrieren schien. Ratten gab es hier unten nicht: zu kalt. Und Servomaten durften ihm nicht zu nahe kommen, wollten sie nicht riskieren, dass sie von der Seuche erfasst und zu einem Teil von ihm gemacht wurden.
    »Können Sie mich hören, Dreckskerl?« Sie befahl ihrem Armband, ihn so weit zu erwärmen, dass bewusste Denkprozesse möglich wurden. »Wenn ja, dann geben Sie Acht. Jemand hat das Schiff übernommen.«
    »Kreisen wir noch um Bloater?«
    »Nein… nein, wir kreisen nicht mehr um Bloater. Das ist schon lange her.«
    Augenblicke später fragte der Captain: »Übernommen, sagen Sie? Wer?«
    »Ein Alien mit ziemlich unerfreulichen Zielsetzungen. Die meisten von uns sind bereits tot – Sajaki, Hegazi, auch die anderen Besatzungsmitglieder, die Sie noch kannten – und wer noch übrig ist, sieht zu, dass er das Schiff verlässt, so lange er noch kann. Ich rechne nicht damit, wieder an Bord zurückzukehren, und deshalb werde ich jetzt etwas tun, das Ihnen ziemlich drastisch vorkommen mag.«
    Sie zielte mit dem Nadler auf den aufgeplatzten, verformten Kälteschlaftank, der den Captain nicht mehr hatte halten können.
    »Ich werde Sie erwärmen, verstehen Sie? Jahrzehntelang konnten wir nicht mehr für Sie tun, als Sie möglichst kühl zu halten – aber das hat nicht funktioniert, vielleicht war es von vornherein falsch. Vielleicht können wir nur noch zusehen, wie Sie das verdammte Schiff übernehmen – auf Ihre Weise.«
    »Ich glaube nicht…«
    »Was Sie glauben, ist mir egal, Captain. Ich tue es trotzdem.«
    Der Finger auf dem Auslöser spannte sich, während sie im Geiste berechnete, wie viel schneller er sich ausbreiten würde, wenn er sich erwärmte. Sie kam auf ziemlich unwahrscheinliche Ergebnisse…

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