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Unendlichkeit

Unendlichkeit

Titel: Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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plötzlich in die Mündung einer Waffe.
    »Nein, aber sie hat von Ihnen gehört.«

Drei
    Cuvier, Resurgam, 2561
    Laute Stimmen rissen ihn aus dem Schlaf.
    Sylveste griff nach seinem Blindenwecker und ertastete die Position der Zeiger. Er hatte heute eine Verabredung; in einer knappen Stunde. Der Tumult draußen war dem Wecker nur um Minuten zuvorgekommen. Neugierig schlug er die Laken zurück, stieg aus seiner Koje und stolperte an das hohe, vergitterte Fenster. Am Morgen nach dem Aufwachen war er zunächst immer halb blind, bis sich seine Augen durch den Systemcheck gestottert hatten. Alles war wie mit großen farbigen Tüchern verhüllt, als sei ein Trupp übereifriger Kubisten in der Nacht in sein Zimmer eingedrungen und habe alles umdekoriert.
    Sylveste zog den Vorhang auf. Er war nicht klein, aber er konnte nur dann in einem vernünftigen Winkel aus dem Fensterchen schauen, wenn er sich auf einen Stapel gedruckter Bücher – alter Faksimile-Ausgaben – aus seinen Regalen stellte. Auch dann war die Aussicht nicht berauschend. Cuvier war in und um eine geodätische Kuppel errichtet und bestand überwiegend aus rechteckigen Gebäuden mit sechs oder sieben Stockwerken, die man in den Anfangstagen der Mission rasch hochgezogen hatte, wobei mehr Wert auf Haltbarkeit gelegt wurde als auf Schönheit. Selbstreparierende Systeme waren nicht darunter, und da immer mit Lecks in der Kuppel gerechnet werden musste, konnten die Gebäude nicht nur Schmirgelstürmen standhalten, sondern waren auch einzeln zu belüften. Die grauen Klötze mit den kleinen Fenstern waren durch Straßen miteinander verbunden und normalerweise waren immer ein paar Elektrofahrzeuge unterwegs.
    Aber nicht heute.
    Calvin hatte Sylvestes Augen mit einem Zoom- und Aufzeichnungsmodus versehen, aber die Bedienung erforderte ähnlich viel Konzentration wie die Korrektur einer optischen Täuschung. Zunächst sah Sylveste die Menschen auf der Straße nur als perspektivisch verkürzte Strichmännchen. In der Vergrößerung zerfiel die amorphe Masse in aufgeregt gestikulierende Individuen. Zwar konnte er den Mienen nichts entnehmen, er konnte nicht einmal Gesichter unterscheiden, aber die Menschen verrieten sich auch durch die Art ihrer Bewegungen, und für solche Nuancen hatte er inzwischen einen sehr scharfen Blick. Die Hauptmasse wälzte sich hinter einer Barrikade aus Spruchbändern und improvisierten Fahnenstangen über die Hauptverkehrsstraße von Cuvier. Der Pöbel hatte nur ein paar Schaufenster an der Promenade beschmiert und eine junge Zierquitte ausgerissen, sonst war bisher kaum Schaden entstanden. Die Demonstranten sahen freilich nicht, dass Girardieus Miliz am Ende der Straße aufmarschierte. Ein Truppentransporter hatte die Soldaten ausgespuckt, nun schnallten sie sich die Chamäleon-Panzer um. Die Schutzschilde durchliefen alle Farben und entschieden sich schließlich für ein beruhigendes Chromgelb.
    Sylveste wusch sich mit warmem Wasser und einem Schwamm, stutzte sich sorgfältig den Bart und band sich das Haar zurück. Dann zog er sich an: Samthemd, Hosen, darüber einen Kimono, der mit Amarantin-Skeletten bedruckt war. Danach frühstückte er – das Essen stand immer schon in einer kleinen Nische bereit, wenn der Wecker klingelte – und sah wieder auf die Uhr. Sie würde bald hier sein. Er machte das Bett und klappte es um. Jetzt war es eine Couch mit einem Bezug aus scharlachrotem grob genarbtem Leder.
    Pascale wurde wie immer von einem menschlichen Leibwächter und zwei bewaffneten Servomaten begleitet, die aber die Zelle nicht betraten. Was sie mitbrachte, war ein kleiner Flugkörper, der surrte wie eine aufziehbare Wespe. Das Ding sah ganz harmlos aus, aber Sylveste wusste, dass er mit einem dritten Auge in der Mitte der Stirn belohnt würde, wenn er in Gegenwart seiner Biografin nur einer Blähung nachgab.
    »Guten Morgen«, sagte sie.
    »Was soll an diesem Morgen gut sein?«, fragte Sylveste und deutete mit einem Nicken zum Fenster hin. »Erstaunlich, dass Sie es überhaupt geschafft haben, hierher durchzukommen.«
    Sie setzte sich auf einen Schemel mit Samtpolsterung. »Ich habe gute Beziehungen zum Sicherheitsdienst. Deshalb gab es trotz der Ausgangssperre keine Schwierigkeiten.«
    »Hat man jetzt schon eine Ausgangssperre verhängt?«
    Pascale trug eine Kappe im Violett der Fluter. Ihr dichter, schnurgerader schwarzer Pony betonte die Blässe ihres maskenhaft starren Gesichts. Die knappe Jacke und die eng anliegenden Hosen waren

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