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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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Gebäude werden abgerissen und das Gelände wird verkauft. Mögliche Strafen werden lächelnd bezahlt. Bleiben 7 Millionen Dollar sauberes Geld, oft aber werden auch noch Gewinne gemacht, Spekulationsgewinne. Ich kann Ihnen dazu auch einige Fälle nennen...»
    Meine Blase! Der Harndrang war anfallartig. Es ging nicht mehr. Ich stürzte zur Tür.

9. Szene
Straßen in Oranienburg
    Ich mußte mir ein wenig die Beine vertreten. Der Mensch ist ein Lauftier, wie mein Orthopäde immer sagte. Also zu Fuß zurück zur Mordkommission. Mit ein paar Umwegen. Es war knapp über null Grad, Schnee lag in der Luft. Ich machte einen kleinen Spaziergang durch ein ausgedehntes Siedlungsgelände. Hier im Westen Oranienburgs hatten sie 1893 die «Vegetarische Obstbau-Kolonie Eden» gegründet. Die berühmte Margarine war hier erfunden worden, die «Eden-Pflanzenbutter ». Aber nicht nur gesund leben wollten sie hier, sondern auch Geist und Seele entfalten. Ganzheitlich war angesagt. Darum hatten sie ihre Wege auch nach Dichtergrößen benannt. Goethe gab es hier, Schiller, Lessing, Mörike, Kleist, Körner, Eichendorff, Schlegel, Löns... Von Volker Vogeley wußte ich, daß es am Ostweg sogar eine kleine Bühne gegeben hatte.
    Ich sah die Kleiststraße hinauf. Fern im Norden huschten Autos vorüber. Das mußte schon die Germendorfer Allee sein, die B 273.
    Da sah ich eine gelbe Jacke um die Ecke biegen. Mein Herbert Wehner vom Schmachtenhagener Forst...? Ich sprintete los. Der Kommissar Zufall war der beste aller Kollegen. Abstand vielleicht zweihundert Meter. Die gelbe Jacke verschwand wieder, mußte was gerochen haben.
    Als ich die Stelle erreichte, wo ich sie entdeckt hatte, fand ich nichts weiter als ein benutztes Tempotaschentuch. Was tun? Einen Augenblick lang dachte ich daran, überall zu klingeln und die Leute in den umliegenden Häuschen zu befragen oder aber ein Telefon zu suchen und eine Großfahndung auszulösen. Aber Unsinn, Leute mit gelben Jacken gab es sicherlich etliche hier. Die Gefahr war groß, daß ich mich lächerlich machte.
    Wie eine Katze, die ihre Beute verfehlt hatte, gab ich mich gleichmütig und schlenderte weiter. Jetzt mit Heike im Bett liegen und zusehen, wie Sylvester an ihrer Brust lag und trank. Dann wohlig dösen wie er.
    Ein Grabstein ließ mich hochschrecken. Wieder ein Opfer von Gestapo, NKWD, Stasi oder...?
    Silvio Gesell. Der Name ließ an einen DDR-Turner denken. Nein. 1862 - 1930. Komisch. Ich fragte einen Rentner, der seinen Enkel im Kinderwagen durch den Garten Eden schob.
    «Silvio Gesell, das war einer, der hier gelebt hat, ’n Paradiesvogel, ’n Weltverbesserer. Anarchisten haben se’n geschimpft, Kommunisten, Egomanen, Sittenstrolch und Kohlrabi-Apostel, aber bekannt geworden isser mit sei’m Schwundgeld.»
    «Schwundgeld...?»
    «Da staun Se... Die Zinsknechtschaft brechen, das war’s, wassa wollte. Und Schwundgeld... Wie soll ich’n Ihnen das erklären...? Also... Wer Geld hortet, der darf nicht länger belohnt werden dadurch, dassa Zinsen dafür kriegt. Im Gegenteil, sein Geld muß so besteuert werden, daß es schwindet, wenn er’s hortet. Schwundgeld eben. Schmelzen wie Schnee inna Sonne.»
    «Ich versteh schon.» Eine geniale Idee. Vielleicht aber kannte der Rentner nicht nur diesen Silvio Gesell, sondern auch den Mann in der gelben Jacke. Ich fragte ihn.
    «Warten Sie mal... Det könnte dieser Hackenow sein, der streunt manchmal noch hier rum.»
    Diese Wendung ließ vermuten, daß der Mann früher mal in der «Kolonie Eden» gewohnt hatte. «Hackenow, ja... War das mal ’n Nachbar von Ihnen...?»
    «...ja, bissa ab is nach ’m Westen. Noch vor der Wende, mit ’m Ausreiseantrag noch. Aba da issa wohl jescheitert. Nu issa wieda uffjetaucht hier...» Der Einheimische stutzte plötzlich. «Was suchen Se’n den Hackenow?»
    «Warum ich den suche...?» Ich wollte die Pferde nicht scheu machen und mußte mir schnell etwas ausdenken. «Den suche ich, weil...» Mir fiel so schnell nichts ein. Aber warum nicht doch den wahren Grund angeben. «... weil ich von der Kripo bin und wir einen Mann in einer gelben Jacke suchen, der sich in verdächtiger Weise am Tatort zu schaffen gemacht hat, da wo Luise Tschupsch erschossen worden ist.»
    «Komisch...» Der Rentner zog den Reißverschluß seiner erdfarbenen Joppe rauf und runter. «Da hat doch heute morgen schon eena nach dem Hackenow gefragt...»
    Ich wurde hellhörig. «Können Sie sich noch an den erinnern?»
    «Klar, det kam mir

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