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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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Meinung, Woerzke sei kein anderer als Werner Wolmir.
    Bibiana trug einen kurzen schwarzen Rock und zeigte soviel Bein, daß ich mir nichts anderes mehr vorstellen konnte als das Eine. Über uns gab es Zimmer genug. Mit ihr ins Bett fallen und damit aus der Zeit. Nur als streunende Hunde waren wir Männer richtige Männer.
    Krampfhaft suchte ich nach einem Thema, das mich ablenken konnte, doch außer Wolmir gab es zunächst nicht viel.
    «Er ist dann einfach abgetaucht nach Amerika...?»
    «Na logo.»
    «Obwohl Sie...» Ich hatte sie in Berlin vom Bahnhof abgeholt und schon von ihr erfahren, daß sie mit Wolmir auch eine ziemlich heftige Affäre gehabt hatte.
    «Der hat mich doch nur zum Entsaften gebraucht.»
    Hätte ich auch gerne. Und wenn das ein Kriminalroman gewesen wäre und nicht der dröge Alltag eines bundesdeutschen Kripomenschen, hätte ich schon längst über, neben oder unter ihr gelegen und mir einen abgerammelt. Aber so blieb mir nur die Verdrängung und die Phantasie. Wie es sich für den Beamten meines Ranges schickte. Statt des ekstatischen Stöhnens nur die sachlich-kühle Frage nach den Umständen vor Wolmirs Abgang nach Amerika.
    «Das ist doch total easy. Du hast Schulden. Was machst du da, wie kriegst du auf die Schnelle Kohle? Riesige Anzeigen in den Zeitungen, Billigangebote. Eine Woche Mallorca, was weiß ich, fünfhundert Mark. Verdienst du keine müde Mark mit, aber du hast wieder Geld in der Kasse. Damit bezahlst du die Hotels, die Fluggesellschaft und was weiß ich. Bist du erst mal gerettet. Aber das machst du nicht lange. Noch ein fetziges Angebot, Bali, die Malediven, was weiß ich. Die Leute strömen in dein Reisebüro. Du kassierst ab. Vorkasse alles. Dann nimmst du das Geld und verpißt dich.»
    Bibiana hatte erkannt, wie das Leben war. Meine Lust auf sie verging mir mit jedem weiteren Wort von ihr. Und als sie nun auch noch zu rauchen anfing, war es aus mit jeder Erektion. Sie arbeitete derzeit bei Siemens und ihre ganze Liebe galt ihrem Bowlingverein. Die nächste Viertelstunde nervte sie mich mit ihren Berichten von Wettkämpfen gegen so berühmte Mannschaften wie St. Peter-Ording oder was weiß ich.
    Sehnsüchtiger als ich den Black / Woerzke / Wolmir konnte auch Wellington die Preußen nicht erwartet haben. Ich sagte ihr noch einmal, was sie zu machen hatte.
    «Sie gehen auf den Tisch zu, ändern ersitzt, und fallen ihm fast um den Hals. ‹Mensch, Werner!› und so. Ich verschwinde hier durch die Tür zur Toilette, und wir treffen uns dann draußen in meinem Wagen wieder.»
    «Okay, hab ich gecheckt.»
    Wir langweilten uns noch etliche Minuten. Sie mich mit ihrem Bowlingsport, ich sie mit meinen Berichten über die Misere Berlins. Da erschien Black / Woerzke / Wolmir mit Joan im Schlepp. Natürlich. Ich schlüpfte hinter die Sichtblende und verfolgte, wie das Paar sich setzte. Er im dunklen Anzug, sie so aufgetufft, als würde sie am Kapitänstisch eines Kreuzfahrtschiffes sitzen.
    Kaum hatte der Ober die Speisekarte gebracht, da stürmte Bibiana auch schon los. Es war schon eine schauspielerische Glanzleistung, wie sie Black / Woerzke / Wolmir umarmte. Doch dann geschah das, womit wir eigentlich hatten rechnen müssen: Joan drehte durch. Mit ein paar rüden amerikanischen Sprüchen scheuchte sie Bibiana zur Tür. Nichts da mit einer gemütlichen Plauderei zu dritt und Zeit für sie, die «Zielperson» in aller Ruhe in Augenschein zu nehmen.
    Durch die Toilette kam ich zum Hof und von da auf den Parkplatz.
    Bibiana Borkowski stand schon frierend vor meinem Wagen.
    «Na, is er’s, der Wolmir...?»
    «Ja, hundertprozentig.»

35. Szene
Am Lehnitzsee
    Es war kurz nach 21 Uhr. Wir, das heißt, Yaiza Teetzmann und ich, standen in der Nähe des «Eiscafé Dietrich», also auf der Oranienburger Seite des Lehnitzsees und warteten auf den Mann, der mit einiger Wahrscheinlichkeit Luise Tschupsch erschossen hatte. Bis es zu diesem Einsatz gekommen war, hatte es vieler zeit- und kraftaufwendiger Kleinarbeit bedurft, und dies hier alles im Detail zu schildern, ist nicht möglich.
    «Ihr seid ja dümmer, als die Polizei erlaubt!» So Volker Vogeleys Ausruf, nachdem wir ihm von unserer morgendlichen Panne auf dem Bahnhof Oranienburg berichtet hatten. Und: «Was ihr nicht im Kopf habt, muß ich in den Beinen haben.» Richtig, denn während ich Black / Woerzke / Wolmir auf den Fersen war, hatte er mit Yaiza Teetzmann zusammen Oranienburg und Umgebung abzuklappern und die Leute zu fragen

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