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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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bist ’ne Marke.»
    «Du nicht minder.»
    Damit lief ich los. Auf einer Art Strandpromenade, einem weithin befestigten Weg, ging es nordostwärts zur Lehnitzschleuse hin. Sie lag am Ende des Sees, da, wo sich die Ausbuchtung noch weiter, das heißt, wieder zum Kanal verengte. Erst führte die B273, die von hier nach Schmachtenhagen ging, über den Oder-Havel-Kanal, dann kam die Schleuse. Wenn Viebak an diesem diesigen Abend wirklich etwas plante, dann bot sich erst nach knapp fünfhundert Metern eine Gelegenheit. Hier lagen ein Stückchen hinter dem See zwei verschlammte Teiche, und der Weg führte durch ein Waldstück mit wenigen Bäumen und viel Gestrüpp. An dieser Stelle sollte ich auf Yaiza Teetzmann warten und eingreifen, wenn Viebak sie bedrohen sollte. In der Theorie war das alles ganz herrlich gegangen, aber jetzt stellte sich heraus, daß wir das Licht der wenigen Laternen viel heller eingeschätzt hatten, als es wirklich war. Andauernd trat ich in irgendein Loch und knickte um oder rutschte auf dem nassen Boden aus. Scheiße!
    Ich rannte am Rande eines Sportplatzes entlang, erreichte das Ende der Mainzer Straße, kam an einem langgestreckten Zaun vorbei und hörte rechts von mir die Wellen gegen Schilf und Ufer klatschen. Der Schneeregen setzte wieder ein. Kein Schwein war bei diesem Wetter unterwegs. Idiotisch zu glauben, daß Viebak da auf ein Opfer hoffte.
    Endlich war ich an der vorherbestimmten Stelle und versteckte mich hinter einigen umgestürzten Weiden.
    Es dauerte vielleicht vier Minuten, dann kam auch Yaiza Teetzmann. Und knappe dreißig Meter hinter ihr der Mann, den ich schon vom Bahnhof kannte. Daß er schon so dicht hinter Yaiza war, verhieß nichts Gutes. Ob er nicht merkte, daß das eine Falle war? Wahrscheinlich befand er sich schon im Ausnahmezustand.
    Ich hatte Angst um Yaiza. Schön, Kopf und Körper waren geschützt, aber nicht Arme, Beine und ihr herrlicher Hintern, an dem ich mich eben noch...
    Viebaks rechte Hand fuhr in die Manteltasche.
    Sein Revolver...
    Zwar sah ich ihn nicht, aber wenn er...
    Ich verlor die Nerven.
    Mit zwei, drei Sprüngen war ich hinter ihm.
    «Polizei! Nehmen Sie die Hände hoch!»
    Er fuhr herum.
    Ich warf mich auf ihn wie ein Verteidiger beim American football und rammte ihn zu Boden.
    Yaiza Teetzmann war heran.
    «Hast du ihn?»
    «Ja.»
    «Der hat wirklich ’n Revolver bei sich gehabt.»
    Sie stieß ihn mit dem Fuß beiseite, um ihn aufzuheben.

36. Szene
Mordkommission
    Ich wußte nicht so recht, ob ich lachen oder weinen sollte, mein Hochgefühl genießen oder voller Frust herumfluchen. Diese ewige Scheiße des Einerseits-und-anderseits. Der Mensch war und blieb in Teilen ein Raubtier, und als solches freute ich mich, meine Beute endlich geschlagen zu haben. Man konnte ersatzweise Erfolgserlebnis dazu sagen oder Selbstbestätigung, auch murmeln «...nur meine Pflicht getan», es blieb dasselbe. Wenn aber dieser Sven Viebak wirklich Triebtäter und Einzelgänger war, dann brach meine ganze schöne Killer-Konstruktion in sich zusammen und damit fast auch die Chance, Woerzke zu entlarven und Schweriner zur Strecke zu bringen. Und das ließ mich ziemlich depressiv werden, denn ich hatte mich in Woerzke furchtbar verbissen.
    Immer wieder knöpften wir uns Viebak vor.
    «Sie arbeiten bei der Brandenburgischen Vereinsbank in Berlin?»
    «In Hermsdorf, ja... als Filialleiter.»
    Ich konnte mich nicht erinnern, ihn in meiner Hermsdorfer Zeit dort gesehen zu haben... Aber, Quatsch, das war ja noch zu DDR-Zeiten gewesen, und er hatte, 34 war er jetzt, damals in Ostberlin gearbeitet.
    Yaiza Teetzmann nahm den Faden auf. «Sie sind nicht verheiratet... und waren es auch nicht?» Bei Vernehmungen legte sie immer ihr bestes Hochdeutsch an den Tag.
    «Nein...»
    «Eine Freundin...?»
    «Im Augenblick nicht...»
    Ich fragte ihn, ob ihm die Spessartstraße etwas sagte, der ‹Dionysos-Club›.
    «Nein...»
    Das klang so, als sei er schwul, doch Volker Vogeley hatte schon herausgefunden, daß cs zumindest zwei flüchtige Affären mit einer Nachbarin und einer Kollegin gegeben hatte. Kein ungewöhnliches Sexualverhalten, nur gewisse Ejaculatio-praecox-Andeutungen.
    «Sie wohnen bei Ihrer Mutter?»
    «Ja...»
    «Und haben immer dort gewohnt?»
    «Ja... Mit Ausnahme meiner NVA-Zeit.»
    Da war natürlich sofort die Assoziation mit Loriot und dem «Ödipussi»-Film. Verklemmter Junggeselle. Fällt unter der Brücke über Luise Tschupsch her, die im schwachen Licht der

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