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Unfassbar für uns alle

Unfassbar für uns alle

Titel: Unfassbar für uns alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst (-ky) Bosetzky
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Idylle, andererseits war Heike froh, daß es sie gab, denn in diesen unsicheren Zeiten schlief man besser, wenn man wußte, daß nebenan andere Menschen waren. Aber von derselben Überlegung waren wohl auch schon die Germanen und die Slawen ausgegangen, als sie hier gesiedelt hatten. Die Welt war nicht veränderbar; nur der Glaube an ihre Veränderlichkeit änderte sich.
    Heike sah mich an. «Steht unser Blockhaus nun noch auf Woerzkes Land oder nicht mehr?»
    «Laut Karte ja, aber Zinna hat mir gesagt, daß die Gemeinde es vermieten würde.»
    «Dann können wir ja nur hoffen, daß ihr bald das Ergebnis vom BKA bekommt, ob Woerzke nun wirklich Woerzke ist oder wer sonst.» Sie lachte. «Hoffentlich sind die nicht auch schon bestochen. »
    «Der das da macht, das ist ’n alter Bekannter von mir... Absolut zuverlässig, absolut unbestechlich.»
    «Hoffen wir, daß es wirklich der falsche Waldemar ist, denn der richtige würde uns dieses Kleinod sicher nicht vermieten, wenn er mitkriegt, was du da alles angestellt hast, um ihn ...»
    Sie hielt an, schwieg und lauschte.
    Auch ich hatte Stimmen gehört, Kichern und Lachen. Das kam nicht aus den genormten Datschen des ehemaligen Erholungsheims, sondern wohl aus dem Blockhaus, das wir gerade angesteuert hatten.
    «Scheiße, ham sie’s doch schon vermietet!»
    «Du hast doch die Anzeige erst Mittwoch im ‹Generalanzeiger› gelesen...?»
    «Ja... Warte mal...» Ich ließ Heike am Kinderwagen stehen und ging vorsichtig auf das Blockhaus zu. Ein Auto stand nicht in der Nähe. Alle Läden waren zu. Die Tür lag auf der anderen Seite. Wahrscheinlich war sie aufgebrochen worden. Herumstreunende Jugendliche. Das Übliche also. Ich zögerte. Was ging mich das an, war ich der Hilfssheriff hier? Andererseits war das mein Beruf, und es war sozusagen die herrschende Lehrmeinung, daß man Jugendlichen rechtzeitig die Grenzen klarzumachen hatte. Außerdem wollten wir das Ding hier mieten, und es war sicher weniger schön, wenn es vorher verwüstet wurde.
    Also schlich ich mich heran und suchte in einem der Fensterläden nach einem Spalt, um einen Blick ins Innere zu werfen.
    Das gelang auch. Drinnen brannte eine Petroleumlampe, hell genug, um alles deutlich zu erkennen.
    Auf einer Ausziehcouch vögelten zwei Menschen. Er unten, sie oben. Da sie aufrecht auf ihm ritt, konnte ich ihre Gesichter deutlich erkennen.
    Es waren Joan Woerzke und Wolfram Schweriner.

41. Szene
Mordkommission
    Ich saß im Oranienburger Büro und arbeitete an meiner beruflichen Fort- und Weiterbildung. Das heißt, ich las im Tagesspiegel, den ich mir aus Berlin mitgebracht hatte. Zu Hause hielten mich Heike wie Sylvester zu sehr in Atem, als daß ich Zeit dazu gehabt hätte.
    Die Hauptstadt hatte endlich wieder ein Verbrechen zu bieten, das ihrer Rolle als Metropole vollauf gerecht wurde:
     
    Klavierlehrer gesteht Doppelmord:
    «Die Seele sollte weg vom Körper»
    Zwei grausige Bluttaten sind aufgeklärt. Der am Freitag festgenommene 30jährige Klavierlehrer Bernhard R. gab nach mehreren Stunden zu, daß er die gleichaltrige Bauunternehmertochter Manuela Mokri am Dienstag erwürgt, ihren Kopf mit einem Messer abgetrennt und kilometerweit durch die Stadt getragen hat. R. gab auch zu, am Donnerstagvormittag seinen Nachbarn, den 40Jahre alten Dieter Kauffmann, in dessen Wohnung mit einem Schraubenzieher in den Kopf gestochen und ermordet zu haben.
    Er habe bei seinen Opfern die Seele vom Körper erlösen wollen, sagte er der Polizei. Der Mann soll früher in psychiatrischer Behandlung gewesen sein. Die Polizei läßt ihn derzeit untersuchen...
     
    Das hätte ich liebend gern auch mit Sven Viebak getan. Ich war mir vom Gefühl her absolut sicher, daß er Luise Tschupsch erschossen hatte. Wenn er nun eine zweite Tat beging, dann gab es nicht nur die berühmte große Erregung in der Öffentlichkeit, sondern ich mußte mich auch zwangsläufig schuldig fühlen. Im Fall des Klavierlehrers hatte eine Frau von der ersten Tat gewußt, zunächst aber geschwiegen. Ich sah im Strafgesetzbuch nach. §138 – Nichtanzeige geplanter Straftaten.
     
    Wer von dem Vorhaben oder der Ausführung...
    ... eines Mordes, Totschlags oder Völkermordes (§§ 211, 212, 220a)...
    zu einer Zeit, zu der die Ausführung oder der Erfolg noch abgewendet werden kann, glaubhaft erfährt und es unterläßt, der Behörde oder dem Bedrohten rechtzeitig Anzeige zu machen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe

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