Ungeahnte Nebenwirkungen
wie ein Wasserfall!
»Tja, das scheint ziemlich schwierig zu sein für dich«, analysierte Carmen in neutralem Tonfall. »Besteht denn überhaupt die Hoffnung, dass diese Frau ihr Verhalten dir gegenüber ändern wird?« fragte sie dann.
»Wenn ich das wüsste!« seufzte Nicole.
Eigentlich spielte es gar keine Rolle, mit wem sie die Geschichte mit Mirjam besprach, Hauptsache, sie konnte endlich jemandem sagen, was in ihr vorging.
Carmen verlor in der nächsten Stunde kein Wort mehr über ihre gemeinsame Nacht. Statt dessen versuchte sie herauszufinden, wo denn das eigentliche Problem ihrer Kurzzeitgeliebten lag. Das Gespräch gewann mehr und mehr eine sehr persönliche Note, was Nicole anfänglich mit Unwohlsein registrierte. Schließlich ergab sie sich, denn die objektive Sichtweise Carmens verhalf ihr zu Einsichten, auf die sie allein kaum gekommen wäre.
Nach einem gemeinsamen Frühstück verabschiedete sich Nicole erleichtert und fast schon mit einem Anflug von Fröhlichkeit von Carmen. Sie würden sich wiedersehen, das hatte Nicole beschlossen, denn die Blonde war eine wirklich gute Gesprächspartnerin. Dass Carmen nicht mehr von ihr erwartete als vielleicht Freundschaft, beruhigte sie ungemein, obwohl sie auch an eine Nur-Freundin sehr hohe Ansprüche stellte.
Im Verlaufe des Gesprächs hatte ihr Carmen anvertraut, dass sie sich in einer ähnlichen Situation wie Nicole befand. Ihre Liebe wurde zwar erwidert, allerdings lagen zwischen ihr und ihrer Traumfrau fast 800 Kilometer, was die Zahl der gemeinsam verbrachten Tage und Nächte auf ein traurig kleines Maß reduzierte.
Hätte sich Carmen auf eine längere Affäre mit ihr eingelassen? fragte sich Nicole. Wahrscheinlich nicht. Carmen schien ebenso wie sie ohne längeres Nachdenken einem Impuls nachgegeben zu haben. Glücklicherweise würden sie sich in Zukunft nicht aus dem Weg gehen müssen, und, Nicole konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, sie bereuten nichts!
~*~*~*~
H elens Lachen strahlte und sprach eine deutliche Sprache.
»Na, ein erfolgreiches Wochenende gehabt?« fragte Nicole grinsend.
»Hm, kommt darauf an, wie man es sehen will«, antwortete Helen nur scheinbar ausweichend, denn sie brannte darauf, von ihrer offensichtlichen Eroberung zu erzählen, wie Nicole nur zu gut wusste.
»Na, komm schon«, hakte sie deshalb nach, »erzähl von Anna. Wie war’s?«
Helen strahlte wieder. Sie verdrehte die Augen, das musste ein neues Verhaltensmuster von ihr sein. Nachdem sie tief Luft geholt hatte, begann sie mit ihrer ausschweifenden und für Nicoles Geschmack zu detailgetreuen Beschreibung der Ereignisse, die sich nach dem Wiedersehen mit Anna abgespielt hatten. Offenbar waren Helens kühnste Träume in Erfüllung gegangen, was ihr Nicole von Herzen gönnte.
»Siehst du, was habe ich dir gesagt? Es wird alles gut.« Schön, dass Nicole in den meisten aller Fälle recht behielt, das ließ sie für ihr eigenes Liebesleben hoffen.
»Bist du jetzt mit Anna liiert?« Eine rhetorische Frage, doch Nicole musste sich immer rückversichern, eine Angewohnheit, die ihre Freundinnen oft zu entnervten Reaktionen veranlasste.
Helen nickte. »Ja, ganz sicher!« bestätigte sie, ehe sie sich leise vor sich hinträllernd dem Tagesgeschäft zuwandte.
Mit ihr würde man sich heute wohl kaum vernünftig unterhalten können, dachte Nicole. Helen hatte sie nicht nach ihrem Wochenende gefragt. Es interessierte sie nicht, was Nicole nach ihrem schnellen Abgang gemacht hatte, doch das war ihr recht. So musste sie sich weder vor ihrer Freundin noch vor sich selbst rechtfertigen.
Eine ziemlich eigenartige Situation, grübelte Nicole, die sich eben von einem Kunden verabschiedet hatte und nun die nicht genehmen Schuhmodelle wieder in die entsprechenden Regale zurückstellte.
Sie verliebte sich Hals über Kopf in eine Frau, die wahrscheinlich nur ein schnelles Abenteuer gesucht hatte. Dann, eben in dem Moment, in dem sie sich entschieden hatte, reinen Tisch zu machen, tauchte aus dem Nichts eine Traumfrau, die sie nicht als solche annehmen konnte, auf und nun war sie es, die sich auf einen flüchtigen One-Night-Stand einließ.
Vielleicht hätte sie bei Carmen Chancen gehabt? Mit Sicherheit wäre die Blonde ihr gegenüber nicht so abweisend gewesen wie Mirjam.
Wo die Liebe hinfällt, einer der liebsten Redensarten ihrer Mutter, ging Nicole durch den Kopf. Sie konnte es sich nicht aussuchen, in wen sie sich verliebte. Sie neigte dazu, das Unmögliche zu wollen,
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