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Ungeahnte Nebenwirkungen

Ungeahnte Nebenwirkungen

Titel: Ungeahnte Nebenwirkungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Pearl
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vorstellen, denn sie hatte ihr schon mehrmals zu verstehen gegeben, dass Liebe im besten Falle eine Gefühlsverirrung auf Zeit darstellte. Trotzdem wäre es möglich, dass sie Nicole liebte, redete sich diese ein. Nur wollte oder konnte sie es nicht sagen, es vor sich selbst nicht eingestehen, warum auch immer spielte dabei keine Rolle. Nicole hätte das auch weiterhin klaglos hingenommen, wenn nicht plötzlich dieser unselige Verdacht aufgekommen wäre. Familie! Dieses Wort hing wie eine dunkle Wolke vor der Sonne ihrer Liebe.
    »Nicole, es hat geklingelt«, holte Helen sie aus den Gedanken. Sie deutete ins Ladenlokal, in dem sich tatsächlich Kunden aufhielten.
    Ein dunkelhaariges Mädchen zog auffordernd an der Hand einer Frau. »Die hier, bitte!« forderte es mit hoher Stimme. »Ich will die hier!«
    »Was ist mit dir?« fragte Helen.
    »Bitte übernimm du das«, bat Nicole blass. Ihre Stimme klang hohl, irgendwie fremd und gar nicht zu ihr gehörend. »Ich kann nicht. Ich fühle mich plötzlich ziemlich schwach«, versuchte sie zu erklären.
    Kopfschüttelnd begab sich Helen nach vorn in den Laden. Was Nicole wohl plötzlich hatte? Schwächeanfälle gehörten doch sonst nicht zu ihrer Freundin, die über die sprichwörtliche Rossnatur verfügte.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?« hörte Nicole Helen fragen.
    Sie versuchte sich zu beruhigen, doch der Anblick der Frau mit dem Kind an der Hand machte dies unmöglich.
    Da quälte sie sich mit einer Vermutung, suchte Gegenargumente, erfand alle möglichen und unmöglichen Entschuldigungen für Mirjams Verschwiegenheit, und was tat die? Sie kam in ihr Schuhgeschäft mit einem Kind an der Hand, das ganz offensichtlich zu ihr gehörte!
    »Nein, Schatz, diese Schuhe passen wirklich nicht zu dir!« Mirjams Stimme klang sehr bestimmt. Sie stellte die mit Plateausohlen versehenen Schuhe wieder ins Regal zurück. Entschuldigend lächelte sie Helen an. »Kinder wissen manchmal eben noch nicht, was passt und was nicht«, erklärte sie.
    Das Mädchen hatte inzwischen ein neues Modell entdeckt, das ihr zu gefallen schien. Mirjam beugte sich zu ihm hinab und begutachtete die Schuhe. »Ja, schon besser«, entschied sie. »Die werden Papa bestimmt auch gefallen!«
    Ach, den Papa gab es also auch noch zu diesem Mädchen? Wunderbar, dachte Nicole sarkastisch. Da hat sich Frau Dr. med. dent. Schiesser ja ein angenehmes Leben eingerichtet. Auf der einen Seite ein nettes Töchterlein von etwa fünf Jahren und einem lieben Papa und auf der anderen Seite die Erfüllung ihrer sexuellen Phantasien und Wunschträume mit Nicole.
    Wieviel Dummheit erträgt ein Mensch? fragte sich Nicole. Sie hätte es wissen müssen! Frauen wie Mirjam laufen nicht frei herum, die sind nicht zu haben, bei diesen Qualitäten!
    Nicole beobachtete Mirjam, die mit ihrer Tochter an der Kasse stand. Sie zückte eben die goldene Kreditkarte – die lautete bestimmt auf den Namen ihres Mannes! – und bezahlte.
    Lächelnd verabschiedete sich die Kundin und trat mit dem Mädchen auf den Gehsteig hinaus, wo die beiden von einem gutaussehenden Mann mittleren Alters in Empfang genommen wurden. Sie waren vertraut miteinander, das konnte ein Blinder sehen. Der Mann hob das Mädchen hoch, küßte es lachend auf die Wange und ließ sich die neuen Schuhe vorführen. Er legte den Arm um Mirjam. Als ob sie sein Eigentum wäre, empörte sich Nicole. Dann verschwand die glückliche Familie aus ihrem Gesichtskreis.
    Nicole stürmte nach vorn zur Kasse. Sie kramte den Beleg, den Helen für die Transaktion mit der Goldkarte abgelegt hatte, hervor. »Ralf Schiesser« hieß es da.
    Na, logisch! Operation gelungen, Patient tot! Nicole sank auf den Hocker, die Regale mit den teuren Schuhen machten sich selbstständig, begannen sich im Raum zu bewegen, ohne dass Nicole etwas dagegen unternehmen konnte.
    »Geh nach Hause«, forderte Helen sie auf. »Du machst jedem Käse Konkurrenz. Und wenn du deine Sprache wiedergefunden hast, würde ich gern erfahren, was mit dir los ist!« schloss sie, während sie ihre Freundin aus dem Laden schob.
    Nicole lief ruhelos im Wohnzimmer auf und ab. Das Bild der glücklichen Familie hatte sich tief in ihr eingegraben, es tauchte vor ihr auf, egal, wohin sie ihren Blick wandte. »Mirjam, wie konntest du mir das antun?« fragte sie laut. Und warum hatte sie sich immer mit ihren Ausweichmanövern abspeisen lassen? Sie war ein Schaf, pflegeleicht, genügsam, anspruchslos und so ungeheuer

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