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Ungeduld des Herzens.

Ungeduld des Herzens.

Titel: Ungeduld des Herzens. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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früh bis nachts denkt und spricht sie nichts anderes. Einmal verlangt sie, daß ich zu Ihnen gehen und auskundschaften soll, ob Sie sie gernhaben, nur ein bißchen gernhaben, oder ob ... ob sie Ihnen lästig ist, weil Sie so schweigen und ausweichen. Sofort, sofort soll ich zu Ihnen, Sie abfangen auf dem Weg, und schon muß der Chauffeur springen und der Wagen wird geholt. Dreimal, viermal, fünfmal lernt sie mir jedes Wort ein, das ich Ihnen sagen, das ich Sie fragen soll. Und im letzten Moment, wenn ich schon draußen im Hausflur stehe, schrillt wieder die Glocke, ich muß in Hut und Mantel zurück und ihr schwören bei dem Leben meiner Mutter, nicht die geringste Anspielung zu machen. Ach, was wissen Sie! Für Sie endet's ja, wenn Sie die Tür hinter sich schließen. Aber kaum sind Sie fort, so berichtet sie mir jedes Wort, das Sie ihr gesagt haben, sie fragt, ob ich glaube und ob ich meine –. Sage ich ihr dann: ›Du siehst doch, wie gern er dich hat‹, so schreit sie mich an: ›Du lügst! Es ist nicht wahr! Kein gutes Wort hat er mir heute gesagt‹, aber gleichzeitig will sie alles nochmals hören, dreimal muß ich es wiederholen und beschwören ... Und dazu noch der alte Mann! Er ist ja seither vollkommen verstört, und dabei liebt und vergöttert er Sie genau wie sein Kind. Sie müßten ihn sehen, wie er mit seinen müden Augen stundenlang an ihrem Bett sitzt und sie streichelt und beruhigt, bis sie endlich einschläft. Und dann geht er selber ruhelos die ganze Nacht auf und ab, auf und ab in seinem Zimmer ... Und Sie – Sie haben wirklich von all dem nichts bemerkt?«
    »Nein!« Ich schrie es ganz laut, in der Unbeherrschtheit meiner Verzweiflung. »Nein, ich schwöre Ihnen, nichts! Nicht das Geringste! Glauben Sie, ich wäre überhaupt noch gekommen, ich hätte mich mit Euch hinsetzen können, Schach spielen und Domino, oder Grammophonplatten anhören, wenn ich geahnt hätte, was vorgeht? ...Aber wie kann sie sich in einen solchen Wahn verrennen, daß ich ... daß gerade ich ... wie verlangen, daß ich auf einen solchen Unsinn, eine solche Kinderei eingehe? ... Nein, nein, nein!«
    Ich wollte aufspringen, so quälte mich der Gedanke, wider meinen Willen geliebt zu werden, aber Ilona faßte mich energisch am Handgelenk.
    »Ruhig! Ich beschwöre Sie, lieber Freund – nicht sich aufregen, und vor allem, ich flehe Sie an, etwas stiller! Sie hat eine Art durch die Wände zu hören. Und bitte, werden Sie um Himmels willen nicht ungerecht. Die Arme hat es eben als ein Zeichen genommen, daß jene Botschaft gerade von Ihnen kam, daß Sie es waren, gerade Sie, der zuerst ihrem Vater von dieser neuen Kur berichtete. Mitten in der Nacht ist er damals gleich zu ihr hinaufgestürzt und hat sie aufgeweckt. Können Sie sich's wirklich nicht ausdenken, wie die beiden geschluchzt und Gott gedankt haben, daß jetzt diese grauenhafte Zeit zu Ende ist, und daß sie beide überzeugt sind, sobald Edith geheilt ist, ein Mensch wie andere Menschen, würden Sie ... ich brauch's Ihnen nicht erst zu sagen. Eben darum dürfen Sie das arme Kind gerade jetzt nicht verstören, wo sie ihre Nerven braucht für die neue Kur. Wir müssen ungemein vorsichtig sein und sie, Gott behüte, nicht ahnen lassen, daß es Ihnen so ... so furchtbar ist.«
    Aber meine Verzweiflung hatte mich rücksichtslos gemacht. »Nein, nein, nein«, hämmerte ich heftig mit der Hand auf die Lehne. »Nein, ich kann nicht ... ich will nicht geliebt sein, nicht so geliebt ... Und ich kann auch jetzt nicht weiter so machen, als merkte ich nichts, ich kann nicht mehr unbefangen sitzen und Süßholz raspeln ... ich kann nicht! Sie wissen ja nicht, was vorgefallen ist ... dort, dort drüben und ... sie mißversteht mich ganz. Ich habe doch nur Mitleid mit ihr gehabt. Nur Mitleid, sonst nichts und sonst gar nichts!«
    Ilona schwieg und sah vor sich hin. Dann seufzte sie.
    »Ja, das habe ich von Anfang an gefürchtet! Die ganze Zeit spüre ich's schon in den Nerven ... Aber, mein Gott was soll jetzt werden? Wie bringt man ihr das bei?«
    Wir saßen stumm. Es war alles gesagt. Wir wußten beide, es gab keinen Weg, keinen Ausweg. Plötzlich richtete Ilona sich mit einem gespannten Ausdruck des Aufhorchens empor, und fast gleichzeitig hörte ich vom Eingang her das Knirschen eines anfahrenden Automobils. Das mußte Kekesfalva sein. Rasch fuhr sie auf.
    »Besser, Sie begegnen ihm jetzt nicht ... Sie sind zu erregt, um mit ihm unbefangen zu sprechen ... Warten Sie, ich hol

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