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Ungeduld des Herzens.

Ungeduld des Herzens.

Titel: Ungeduld des Herzens. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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was daraus wird.
    ›Dumm! Gerade heute muß der Kerl weg sein!‹ murrt er halblaut und wendet sich dann zu dem Mädchen. ›Kann man inzwischen das Schloß besichtigen? Hat jemand die Schlüssel?‹
    ›Die Schlüssel?‹ wiederholt sie betroffen.
    ›Ja, zum Teufel, die Schlüssel!‹ (Was wiegt sie sich so einfältig herum, denkt er. Wahrscheinlich hat sie Auftrag vom Petrovic, niemanden hereinzulassen. Na – höchstens wird man diesem ängstlichen Kalb ein Trinkgeld zustecken.) Kanitz macht sich sofort jovial und redet bäurisch-wienerisch:
    ›No, ham's doch kane solche Angst! Ich werd Ihna g'wiß nix wegtragen. Ich will's mir doch nur anschau'n. No, wie steht's – haben's die Schlüssel oder nicht?‹
    ›Die Schlüssel ... natürlich habe ich die Schlüssel‹ stammelt sie, ... ›aber ... ich weiß nicht, wann der Herr Verwalter ...‹
    ›Ich hab Ihnen schon g'sagt, ich brauch Ihren Petrovic nicht dazu. Also keine langen Faxen. Kennen S' sich aus im Haus?‹
    Die Ungeschickte wird noch verlegener. ›Ich glaube schon ... einigermaßen kenne ich mich aus ...‹
    Ein Trottel, denkt sich Kanitz. Was für ein elendes Personal dieser Petrovic anstellt! und laut kommandiert er:
    ›Jetzt aber los, ich hab nicht viel Zeit.‹
    Er geht voraus, und wirklich, sie folgt, unruhig und bescheiden. Bei der Eingangstür zögert sie neuerdings.
    ›Himmelherrgott, schließen Sie schon einmal auf!‹ Warum tut die Person so dumm, so verlegen, ärgert sich Kanitz. Während sie aus ihrer mageren, abgeschabten Ledertasche die Schlüssel hervorholt, erkundigt er sich noch einmal zur Vorsicht:
    ›Was machen S' denn eigentlich sonst hier im Haus?‹
    Die Verschüchterte bleibt stehen und errötet. ›Ich bin ...‹, setzt sie an und verbessert sich sofort, ›... ich war ... ich war die Gesellschafterin der Frau Fürstin.‹
    Nun stockt unserem Kanitz der Atem (und ich schwöre Ihnen, es war schwer, einen Mann seines Kalibers aus der Fassung zu bringen). Unwillkürlich tritt er einen Schritt zurück.
    ›Sie sind ... doch nicht Fräulein Dietzenhof?‹
    ›Doch‹, antwortet sie ganz erschreckt, als hätte man sie eines Vergehens beschuldigt.
    Kanitz hatte eines bisher nie im Leben gekannt: Verlegenheit. Aber in dieser einen Sekunde wurde er höllisch verlegen, als er mit blinder Stirn gegen das sagenhafte Fräulein Dietzenhof, die Erbin von Kekesfalva, anrannte. Sofort schaltete er im Ton um.
    ›Pardon‹, stammelt er ganz betroffen und nimmt den Hut eiligst ab. ›Pardon, gnädiges Fräulein ... Aber niemand hatte mich verständigt, daß gnädiges Fräulein schon eingetroffen seien ... Ich hatte keine Ahnung ... Bitte entschuldigen Sie ... ich war nur gekommen, um ...‹
    Er stockt, denn jetzt gilt es, etwas Plausibles zu erfinden.
    ›Es war nur wegen der Versicherung ... ich bin nämlich schon vor Jahren mehrmals hier gewesen – zu Lebzeiten der verewigten Frau Fürstin. Leider bot sich damals keine Gelegenheit, Ihnen, gnädiges Fräulein, zu begegnen ... Nur darum, nur wegen der Versicherung ... nur um nachzusehen, ob der ganze Fundus noch intakt ist ... Wir sind ja verpflichtet dazu. Aber das hat schließlich keine Eile.‹
    ›Oh bitte, bitte ...‹, sagt sie ängstlich. ›Ich kenne mich freilich in solchen Dingen nicht aus. Sie besprechen das vielleicht besser mit Herrn Peterwitz.‹
    ›Gewiß, gewiß‹, erwidert unser Kanitz, er hat noch immer seine Geistesgegenwart nicht ganz parat. ›... Ich werde natürlich auf Herrn Peterwitz warten.‹ (Wozu sie berichtigen, denkt er sich.) ›Aber vielleicht könnte ich, wenn es Ihnen, gnädiges Fräulein, keine Mühe macht, rasch das Schloß in Augenschein nehmen, dann wäre doch alles im Flug erledigt. Es hat sich wohl am Inventar nichts verändert.‹
    ›Nein, nein‹, sagt sie hastig, ›gar nichts hat sich verändert. Wenn Sie sich überzeugen wollen ...‹
    ›Zu gütig, gnädiges Fräulein‹, verbeugt sich Kanitz, und beide treten ein.
    Sein erster Blick im Salon gilt den vier Guardis, die Sie ja kennen, und nebenan, in Ediths Boudoir, dem Glasschrank mit dem chinesischen Porzellan, den Tapisserien und kleinen Plastiken aus Jade. Erleichterung! – alles ist noch da. Petrovic hat nichts gestohlen, der dumme Kerl holt sich lieber beim Hafer, beim Klee, bei den Kartoffeln, bei den Reparaturen sein Teil. Fräulein Dietzenhof, offenbar aus Verlegenheit, den fremden Herrn bei seinem nervösen Herumblicken zu stören, öffnet unterdes die verschlossenen

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